Ex-Bilfinger-Straßenbausparte Wie Betam in die Insolvenz gerutscht ist

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Lieferanten wegen unbezahlten Rechnungen in Not

Auf der Homepage („Mit Erfahrung und Know-how in die Zukunft“) erweckt Betam den Eindruck eines florierenden Unternehmens mit 140 Millionen Euro Jahresumsatz. Doch Lieferanten versorgen die Baustellen nur noch zögerlich mit Material, die Arbeiter haben nach WirtschaftsWoche-Informationen vom Mai-Lohn nur 600 Euro Abschlag bekommen.

Einzelfälle belegen, dass Betam Lieferanten mit unbezahlten Rechnungen in Not bringt. Ein Baustofflieferant aus Norddeutschland etwa wartet auf mehrere Tausend Euro. Geliefert hat er „wegen der persönlichen Beziehungen zu den Polieren, die ihre Baustellen zuverlässig weiterführen wollten“. Heute würde er „nur noch gegen Vorkasse“ liefern.

Ein schleswig-holsteinischer Subunternehmer, der 2014 für Betam arbeitete, wartet seit mehr als einem Jahr auf Geld aus Bochum, für das er zuvor mit großem Maschinenpark und Personaleinsatz auf Autobahnbaustellen gearbeitet hatte. Der Insolvenzverwalter des Subunternehmers, der zuvor aus anderen Gründen pleitegegangen war, hat Betam auf Zahlung von rund 900.000 Euro verklagt.

„Die Investoren hatten keine Ahnung vom Straßenbau und vertrauten auf einen Manager, der die Branche auch nicht kannte“, erklärt ein Betam-Lieferant die Misere. Der Manager ist Burkhard Irle, einer der ständig wechselnden Betam-Geschäftsführer, der auch bei anderen Projekten für Investor Müller arbeitete.

Das Bilfinger-Geschäftsjahr 2014 nach Sparten

Der neue Betam-Geschäftsführer Helmuth Rauscher wollte zu den Recherchen nicht Stellung nehmen. Investor Müller jedoch bestätigte am 7. Juli gegenüber der WirtschaftsWoche Zahlungsprobleme: „Insolvent sind wir nicht. Wir haben aber ein massives Liquiditätsproblem. Die Situation ist dramatisch.“ Wie dramatisch, zeigte sich am vergangenen Freitag, als Betam Infrastructure beim Amtsgericht Bochum Insolvenz beantragen musste. Auch das Fach-Portal Bauforum hatte über die Vorgänge bei Betam berichtet.

Die Auskunftei Creditreform bewertete Anfang Juli die Bonität der Betam mit „schwach“, der Wert für deren Tochter Betam Infrastructure gelte „als Ausfall“.

Andere Investoren schreckten vor Betam zurück

Warum für Koch Müllers Vergangenheit keine Rolle spielte, warum Bilfinger-Aufsichtsräte wie der IG-Bau-Gewerkschafter Rainer Knerler kein Veto gegen den Verkauf einlegten – die damals am Verkauf der Straßenbausparte Beteiligten werden Fragen beantworten müssen.

Bilfinger spricht heute davon, man sei nach intensiven Prüfungen zum Ergebnis gekommen, „dass es sich um einen ernst zu nehmenden strategischen Investor handelt“. Andere waren skeptischer. 2013 stoppte der Rotterdamer Baukonzern Heijmans den Verkauf seiner deutschen Tochter Oevermann an Müller und seine Partner. „Für uns waren diese Investoren nicht seriös“, urteilte Heijmans damals. Der Grund: deren „aggressives Risiko-Profil“.

Betam plant nun für die Zukunft. „Hier entsteht in Kürze unser neuer Online-Shop für Baumaschinen-Miniaturmodelle“, heißt es auf der Homepage: „Schauen Sie bald noch einmal vorbei!“

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