Fipronil-Skandal EU-Kommission will rasches Gipfeltreffen zu Eierskandal

Die EU-Kommission will ein Gipfeltreffen zum Fipronil-Skandal einberufen. Immer mehr europäische Länder sind von belasteten Eiern betroffen. In Deutschland hat Aldi Eier wieder ins Sortiment aufgenommen.

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Millionen Eier wurden in europäischen Ländern aus dem Handel genommen. Quelle: dpa

Der Skandal um mit Fipronil belastete Eier zieht in Europa immer weitere Kreise. Angesichts des Skandals dringt die EU-Kommission in Brüssel auf ein baldiges Gipfeltreffen. Der für Lebensmittelsicherheit zuständige EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis will Minister und Vertreter der zuständigen nationalen Behörden an einen Tisch holen, wie er Reuters mitteilte. Das Treffen solle bis Ende September stehen. "Es bringt uns nicht weiter, wenn einer dem anderen den Schwarzen Peter zuschiebt. Ich will das stoppen", sagte der Litauer.

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Bundesernährungsminister Christian Schmidt hält dafür einen Termin Anfang September für angemessen. „Die Fipronil-Belastung hat eine europäische Dimension und muss europäisch gelöst werden“, sagte der CSU-Politiker am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. „Insofern begrüße ich den Vorschlag von EU-Gesundheitskommissar (Vytenis) Andriukaitis.“ Er wolle zudem die EU-Ratspräsidentschaft bitten, das Thema Fipronil auf die Tagesordnung des nächsten EU-Ministerrats zu setzen, sagte Schmidt. Er hatte Anfang der Woche mit seinen Amtskollegen in Belgien und den Niederlanden sowie dem EU-Kommissar telefoniert. „Ich sehe Bedarf für eine engere Abstimmung auf europäischer Ebene“, betonte der Minister.

Deutsche Verbraucher sollen derweil mit mehr geprüften Eiern in den Regalen rechnen können. Die Discounter Aldi Nord und Süd haben Eier wieder ins Angebot aufgenommen, nachdem sie Ende vergangener Woche sämtliche Eier vorsorglich verbannt hatten. Nur in Einzelfällen könne es noch zu Engpässen kommen, teilten die Supermarktketten mit. Die Eier, die jetzt in den Verkauf gehen, sollen auf das Insektizid getestet sein. In einigen Ländern kommt das Ausmaß betroffener Lieferungen aber gerade erst ans Licht - und die Ermittlungen werden konkreter.

Nach Deutschland wurden laut Bundeslandwirtschaftsministerium „rund 10,7 Millionen möglicherweise mit Fipronil belastete Eier aus den Niederlanden (...) geliefert“, wie die „Rheinische Post“ (Freitag) unter Berufung auf eine Antwort des Ministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion berichtet. Zuvor hatte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) bereits von mutmaßlich zehn Millionen betroffenen Eiern gesprochen.

20 Tonnen mit Fipronil belastete Eier wurden zudem nach Dänemark geliefert. Das teilte die Behörde für Lebensmittelsicherheit am Donnerstagabend mit. Eine dänische Firma habe die gepellten und gekochten Eier von einem belgischen Händler bezogen - produziert wurden die Eier demnach aber in den Niederlanden. Die Belastung mit den Insektengift sei zwar nicht gesundheitsschädlich, aber zu hoch für den Verkauf.

Der Eier-Markt in Deutschland

Großbritannien geht mittlerweile von 700 000 belasteten Eiern aus, die importiert wurden. Das ist etwa 33 Mal so viel wie zunächst angenommen. Rumänien teilte am Donnerstagabend mit, die Behörden hätten eine Tonne flüssiges Eigelb mit Fipronil-Belastung sichergestellt - geliefert wurde die Ware demnach aus Deutschland. Das Eigelb soll nun verbrannt werden.

In Österreich verkauften zwei Großhändler Hunderte Kilo gekochter und geschälter Eier aus den Niederlanden, die mutmaßlich belastet sind, wie die Lebensmittelaufsicht mitteilte. Eine Rückrufaktion laufe. Für die Chargen hatte es demnach in Deutschland eine Warnung gegeben.

In Frankreich sind laut Landwirtschaftsministerium bislang nur Eier betroffen, die zur Weiterverarbeitung bestimmt waren. Fünf Betriebe haben demzufolge insgesamt 1,7 Millionen kontaminierte Eier aus den Niederlanden und aus Belgien bekommen. Auch Luxemburg, Schweden und die Schweiz sind vom Skandal betroffen - Spanien, Portugal und Italien nach ersten Erkenntnissen hingegen nicht.

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Fipronil wird etwa bei Hunden gegen Hautparasiten wie Läuse, Milben und Flöhe eingesetzt. Die Anwendung bei Tieren, die Lebensmittel liefern, ist in der EU aber verboten. In hohen Dosen kann die Substanz für Menschen gefährlich sein. Wie sie genau wirkt, ist nicht bekannt. Nach ersten Erkenntnissen gab es laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) keine Befunde mit einem möglicherweise gesundheitsschädlichen Gehalt an Fipronil pro Kilogramm Ei.

Am Donnerstag nahm die niederländische Polizei in dem Skandal zwei Manager des Unternehmens ChickFriend fest, das im Zentrum der Ermittlungen steht. Die Männer stehen unter Verdacht, bei der Säuberung von Hühnerställen bewusst Fipronil eingesetzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit sowie den Besitz verbotener Substanzen vor. ChickFriend schweigt seit Tagen zu den Vorwürfen.

Die Festnahmen erfolgten nach Angaben der Ermittler im Zuge einer koordinierten Razzia in den Niederlanden und Belgien. Alle rund 180 niederländischen Eierproduzenten, bei denen mit Fipronil belastete Eier gefunden wurden, waren den bisherigen Erkenntnissen zufolge Kunden von ChickFriend.

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