Fresenius kauft Quironsalud Das steckt hinter Stephan Sturms Mega-Deal

Erst zwei Monate im Amt, schon drängt der neue Fresenius-Chef Stephan Sturm ins Rampenlicht: Der Dax-Konzern geht die größte Übernahme seiner Geschichte an und kauft einen spanischen Klinik-Riesen.

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Stephan Sturm Quelle: obs

So ist das ab und zu im Leben, binnen kürzester Zeit können sich die Dinge grundlegend ändern. Das jüngste Beispiel ist Gesundheits-Riese Fresenius: Noch vor gar nicht allzu langer Zeit hieß es im Umfeld des Konzerns: Wir würden ja wirklich gerne im Krankenhausmarkt zukaufen – aber leider gibt es gerade kein geeignetes Übernahmeziel. Jetzt verkündet Fresenius mal eben den Zukauf von Quironsalud, der größten Krankenhaus-Kette Spaniens – es ist ein Mega-Deal. Fast sechs Milliarden Euro legt der Dax-Konzern für die Krankenhauskette auf den Tisch; so viel hat das Unternehmen noch nie in seiner Geschichte für eine andere Firma bezahlt.

Der Mann hinter dem Deal heißt Stephan Sturm, neuer Chef von Fresenius. Der 53-Jährige setzt mit der Übernahme das erste und gleich ziemlich deutliche Ausrufezeichen seiner noch jungen Amtszeit: Er hat den Platz an der Spitze erst am 1. Juli dieses Jahres erklommen. Wer ist der Mann, der vielen erst jetzt richtig auffällt – und der mit dem Zukauf mal eben die größte Klinik-Kette Europas kreiert?

Sturm studierte in Mannheim Betriebs- und Volkswirtschaftslehre und heuerte danach bei der Unternehmensberatung McKinsey an. Bald darauf wechselte er ins Investmentbanking. Für die Credit Suisse First Boston verantwortete er etwa das Deutschland- und Österreich-Geschäft. Übernahmen zu planen, sie umzusetzen, sie durchzuziehen; das hat der Fresenius-Chef dort gelernt – und beim Spanien-Zukauf hilft ihm jetzt diese Erfahrung als Dealmaker, wie Übernahme-Experten im Wirtschafts-Slang heißen.

Zu Fresenius kam Sturm erst Mitte der 2000er Jahre, elf Jahre diente er als Finanzvorstand. In dieser Zeit war Sturm nicht nur oberster Kassenwart, sondern arbeitete auch strategisch. So begleitete er beispielsweise zusammen mit seinem Vorgänger Ulf Schneider Übernahmen. Den Fresenius-Konzern nennen Branchenkenner auch „Dealmaschine“, weil der Gesundheitsriese aus dem gediegenen Bad Homburg bei Frankfurt praktisch wie am Fließband Firmen zukaufte. Als Schneider sein Amt Mitte dieses Jahres überraschend aufgab und als Vorstandsvorsitzender zum Nestlé-Konzern in die Schweiz wechselte, stand Sturm bereit um in die erste Reihe aufzurücken.

McKinsey-Mann, Investmentbanker, Finanzvorstand – anhand des Lebenslaufs könnte man Sturm glatt für einen typischen Zahlenmann halten: auf Werte fixiert, wenig Sinn für Mitmenschen. Mit dieser Einschätzung, heißt es, tue man Sturm unrecht. Er sei kommunikativ, nahbar und zugänglich, menschlich eben – ganz anders als Vorgänger Schneider, den Fresenius-Mitarbeiter als unterkühlt beschreiben.

Fresenius' Wachstumsstory soll weitergehen

Sturm will mit dem Zukauf die Wachstumsstory des Dax-Konzerns weiterschreiben: Das Unternehmen vermeldete im Frühjahr dieses Jahres einen Rekord-Gewinn von 1,4 Milliarden Euro, ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent. Erst Anfang August hob Fresenius gar die Prognose für das laufende Jahr an. Statt um maximal 12 Prozent soll der Gewinn jetzt um bis zu 14 Prozent zulegen.

Die Kliniken von Quironsalud werden Sturm helfen, dieses Ziel zu erreichen – die Spanier arbeiten hochprofitabel. Im vergangenen Jahr erwirtschafteten sie einen Umsatz von rund zweieinhalb Milliarden Euro, die operative Marge lag bei 17 Prozent. Sie war damit sogar höher als die Gewinnspanne von Helios, der deutschen Klinik-Sparte des Dax-Konzerns. Sie kommt auf eine immer noch üppige Marge von 15 Prozent.

Fresenius hofft gar darauf, dass Quironsalud noch profitabler wird. In Spanien liegen die Gesundheitsausgaben bislang 30 Prozent unter dem EU-Durchschnitt – da ist aus Sicht des Gesundheitsriesens aus Bad Homburg noch viel Luft nach oben.

Angesichts dessen ist es kein Wunder, dass Analysten und Börse den Deal bejubeln: Die Fresenius-Aktie legte in der Spitze um beinahe sechs Prozent zu. Besonders freut die Finanzszene, dass Sturm mit Quironsalud fast schon ein Schnäppchen gemacht hat – und das ausgerechnet in Zeiten, in denen die Bewertungen für Unternehmen vielfach ins Unermessliche steigen, weil die Zentralbanken die Wirtschaft mit Geld zuschütten.

Fresenius, rechnet DZ-Bank-Analyst Sven Kürten vor, zahlte für die Klinik-Kette Quironsalud nur etwas weniger als das Elffache des Jahresgewinns der Spanier. Als der Gesundheitskonzern aus Bad Homburg dagegen vor drei Jahren die Rhön-Kliniken kaufte, zahlte er immerhin schon rund das Zwölffache des Überschusses.

Eine letzte Hürde muss Fresenius noch nehmen, damit die Übernahme tatsächlich klappt: Die Kartellbehörden müssen dem Deal zustimmen. Vielleicht kann Sturm sie überzeugen, wenn er sich gegenüber den Fusionswächtern nicht als berechnender Finanzmensch gibt, der Synergien rauf- und runterrattert, um die Übernahme zu begründen. Vielleicht bringt ein Argument die Lösung, dass zu Sturms Charakter passt, weil es nicht kühl, sondern eher menschlicher Natur ist: Die Zusammenarbeit und der Wissens-Austausch von spanischen und deutschen Klinik-Mitarbeitern, so hofft man jedenfalls, könne ja auch die Versorgung der Patienten verbessern.

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