Fresenius Sturm peilt neue Rekorde bei Gewinn und Verschuldung an

Der neue Chef des Gesundheitskonzerns Fresenius, Stephan Sturm, könnte zufrieden sein: größter Zukauf der Firmengeschichte abgewickelt, beim Gewinn das 13. Rekordjahr in Folge. Doch Sturm fordert "Sprinttempo".

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Fresenius-Vorstandschef Stephan Sturm auf der Bilanzpressekonferenz des Gesundheitskonzerns. Quelle: REUTERS

Stephan Sturms Wechsel an die Spitze kam plötzlich, aber nicht unvorbereitet. Als der ehemalige Fresenius-Chef Ulf Schneider im Sommer verkündete, er werde Vorstandschef von Nestlé, sprang sein Finanzchef Sturm sofort ein. Schneider hat ihm einen echten Rennstall hinterlassen: Der Gesundheitskonzern Fresenius, der sein Geld mit Krankenhäusern, Dialysekliniken und Flüssigmedikamenten macht.

Seit Sturm Platz auf dem Chefsessel genommen hat, steigert sich die Geschwindigkeit noch weiter. Zwei Monate nach seinem Amtsantritt verkündet Sturm die größten Zukauf der Unternehmensgeschichte, fast sechs Milliarden Euro gibt er für die spanische Krankenhauskette Quirónsalud aus. Nun präsentiert er die Zahlen für das 13. Rekordjahr in Folge. Und kündigt gleich an: „2017 werden wir das Tempo eher noch mal beschleunigen.“

Den Umsatz von 29,1 Milliarden Euro will er in diesem Jahr noch mal um mindestens 15 Prozent steigern, das Ergebnis von 1,6 Milliarden Euro sogar um 17 bis 20 Prozent.

Erst zwei Monate im Amt, schon drängt der neue Fresenius-Chef Stephan Sturm ins Rampenlicht: Der Dax-Konzern geht die größte Übernahme seiner Geschichte an und kauft einen spanischen Klinik-Riesen.

Ein „Sprintmarathontempo“ schwebt Sturm für die kommenden Jahre vor. Fresenius soll weiter wachsen, und das in allen Sparten. Das Potenzial dazu gibt es in Sturms Augen überall.

Vor allem im Krankenhaus-Geschäft drängt Sturm auf Expansion. Die deutschen Häuser sollen sich besser mit den neuen Kollegen in Spanien vernetzen. „Wir wollen vom Besten aus beiden Ländern lernen“, sagt Sturm. „Quirónsalud hat sicher deutliche Stärken, wenn es um die Behandlung von ambulanten Patienten geht“, sagt er. Die Kette behandle mehr Patienten als die deutschen Häuser, obwohl sie weniger Betten haben. Am liebsten würde Sturm wohl direkt neue Krankenhäuser in Spanien bauen. Im Gegensatz zu Deutschland sei das in Spanien noch möglich, bemerkt Sturm. Dort gäbe es wesentlich weniger Krankenhäuser je Einwohner.

Rasante Vorstandswechsel, Gewinnwarnung, Streit um die Finanzen: Bei der Klinikkette Rhön überschlagen sich die Negativmeldungen. Zudem beäugen sich auch noch die Eigentümer – drei gestandene Patriarchen– misstrauisch.
von Jürgen Salz

Auch Fresenius Kabi soll die Geschwindigkeit wieder anziehen. Im vergangenen Jahr war das Geschäft mit Flüssigmedikamenten oder Flüssignahrung nur leicht gewachsen, in Zukunft will Sturm keine Engpässe mehr erlauben. Fresenius Kabi soll in neue Therapiefelder vordringen und stetig neue Generika auf den Markt bringen. Dass das gelingt, ist keine Selbstverständlichkeit. Das nötige Fachwissen müsste sich Kabi wohl zukaufen. Gleichzeitig stoßen immer neue Wettbewerber auf den Markt mit Flüssigmedikamenten und Generika. Mit Fresenius Vamed, die Krankenhäuser errichten und für Dritte betreiben, will Konzernchef Sturm noch stärker in Schwellenländern wachsen.

USA-Geschäft mit Trump-Risiko

Doch Sturms Pläne hängen vor allem an seiner größten Sparte, dem Dialyse-Spezialisten Fresenius Medical Care (FMC). Mit seinen Dialysekliniken und der Versorgung von Nierenkranken liefert FMC vor allem in den USA zuverlässig Gewinne. Doch das Geschäft ist enorm abhängig von der Gesundheitspolitik in den USA. Eine Kürzung der Leistungen dort schlägt sofort auf den Gewinn durch. Und unter Trump sind solche Einschläge noch weniger voraussehbar als unter seinen Vorgängern. „Unsere Mitarbeitern in Washington reden täglich mit den Gesundheitspolitikern“, sagt der zuständige Vorstand Rice Powell deshalb, und kauft gleichzeitig fleißig im Ausland zu. In den vergangenen Monaten holte sich Powell erst 50 Häuser in Indien und dann noch weitere 19 ambulante Kliniken in Australien.

Fresenius steht vor dem größten Zukauf seiner Unternehmensgeschichte: Für 5,76 Milliarden Euro will das Unternehmen aus Bad Homburg den spanischen Krankenhausbetreiber Quirónsalud mit 43 Kliniken kaufen.

Sturm steuert so auf das Jahr 2020 zu. Bis dahin will er den Umsatz auf mindestens 43 Milliarden Euro steigern und das Konzernergebnis auf mindestens 2,4 Milliarden Euro hochfahren. Das sei „ambitioniert, aber doch realistisch“, sagt Sturm. Dabei ist die Prognose für seine Verhältnisse wohl eher noch konservativ.

Zwar hat Sturm kleinere und mittlere Zukäufe in den langfristigen Zielen bereits eingeplant. Doch „größere Akquisitionen sind selbstverständlich möglich“, sagt Sturm. Dabei ist die Schuldenlast schon durch den Kauf der spanischen Krankenhauskette Quirónsalud ordentlich angestiegen. Doch die Banken geben Fresenius das Geld für Zukäufe gerne, und Sturm nimmt es ebenso gern an. Wenn die richtige Gelegenheit komme, sagt er, nehme er auch alte Höchstwerte in Kauf. „Oder temporär auch noch ein bisschen obendrauf“.

Hauptsache, Fresenius verliert nicht an Tempo.

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