Gescheiterte VW-Übernahme Porsche muss sich Kartell-Vorwürfen stellen

Mehrere Hedgefonds verklagen Porsche. Sie werfen dem Sportwagenbauer vor, vor der geplanten Übernahme VW-Aktien manipuliert zu haben. Eigentlich war die Klage bereits gescheitert – doch die Hedgefonds ändern ihre Taktik.

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Porsche 911 GT3: Die Hedgefonds fordern 1,8 Milliarden Euro Schadensersatz vom Autobauer. Quelle: dpa

Hannover Porsche muss sich einer neuen juristischen Taktik von Hedgefonds stellen, die Milliarden von Euro eintreiben wollen. Die Hedgefonds geben an, das Geld wegen des gescheiterten Versuchs von Porsche, Volkswagen zu übernehmen, verloren zu haben.

Die Fonds, darunter Elliott International und Perry Partners, klagen gegen Porsche und verlangen 1,8 Milliarden Euro Schadensersatz. Sie werfen dem Sportwagenbauer vor, im Jahr 2008 Volkswagen-Aktien manipuliert zu haben – indem Porsche zunächst leugnete, die Macht bei VW anzustreben und dann nach einer 180-Grad-Wende doch erklärte, eine Übernahme anzustreben.

Nachdem zwei Investoren mit ähnlichen Klagen gegen Porsche vor dem Landgericht Braunschweig im vergangenen Jahr gescheitert waren, erweiterten die Hedgefonds ihre Klage um kartellrechtliche Argumente. Die Folge: Das Verfahren wurde an das Landgericht Hannover verwiesen, das für Kartellrechtsfragen eine Sonderzuständigkeit hat.

„Das ist eine prozesstaktische Möglichkeit, die immer mal verwendet wird, wenn man - aus welchen Gründen auch immer - von einem bestimmt Gericht weg will“, sagte der Stuttgarter Anwalt Albrecht Bach der Nachrichtenagentur Bloomberg. Er selbst ist in den Fall nicht involviert. „Es kann zur anwaltlichen Taktik gehören, noch zusätzlich etwas vorzutragen, was dazu führt, dass ein anderes Gericht, vor dem man sich vielleicht mehr Erfolg erhofft, zuständig wird.“

Selbst wenn das Landgericht Hannover der kartellrechtlichen Argumentation nicht folgt, prüft es die Marktmanipulationsvorwürfe noch einmal selbst – und damit bekommen die Hedgefonds quasi eine neue Chance.

Schon seit Jahren wird Porsche von Investoren wegen der Optionsstrategie aus dem Jahre 2008 verfolgt. Bislang ist es dem Unternehmen stets gelungen, sich erfolgreich zu verteidigen. Die meisten Prozesse in den USA wurden inzwischen beendet. Und im vergangenen Monat errang Porsche einen Etappensieg vor dem Landgericht Stuttgart im Kampf gegen ein neues Gerichtsverfahren in Großbritannien.

Die Investoren werfen dem Unternehmen vor, gelogen zu haben, als es fast das gesamte Jahr 2008 hinweg bestritten hatte, Volkswagen kaufen zu wollen. Die Unwahrheit habe Porsche auch gesagt, als am 26. Oktober 2008 der Kurs geänderte wurde und der Sportwagenbauer mitteilte, 74,1 Prozent an VW zu kontrollieren (teilweise über Optionen) und eine Übernahme zu planen. Daraufhin schnellten die VW-Aktien nach oben, weil Leerverkäufer, die auf einen Kursrückgang bei VW setzten und somit auf dem falschen Fuß erwischt wurden, ihre Positionen in einem extrem verengten Markt schließen mussten.


Der Ausgang ist ziemlich offen

Heute gehört das Autogeschäft von Porsche zu Volkswagen. Beklagter in dem Zivilverfahren ist die Porsche Holding, deren Vermögenswerte einzig aus VW-Aktien bestehen. Die Fonds behaupten, Porsche habe ein Kartell gebildet, weil es einer Bank im Rahmen von Optionsverträgen verboten habe, bestimmte Limits bei VW-Aktien zu überschreiten. Das Hauptargument der Kläger ist jedoch, Porsche habe eine marktbeherrschende Stellung im „Markt für VW-Aktien“ missbraucht.

„Die Hürden für eine kartellrechtliche Schadensersatzklage sind sehr hoch“, sagte Jura-Professor Andreas Fuchs von der Universität Osnabrück. „Die Klage ist nicht chancenlos, wirft aber eine Vielzahl ungeklärter Rechtsfragen auf.“

Ein Vertreter der Hedgefonds wollte auf Anfrage von Bloomberg keine Stellung nehmen, ebenso wenig Porsche. Das Unternehmen hat in der Sache Klageabweisung beantragt und die Vorwürfe als unbegründet zurückgewiesen.

Weil die VW-Aktie an der Börse gehandelt wird, ist der Preis nicht einseitig von Porsche festgesetzt worden – und die Fonds haben nicht notwendigerweise VW-Aktien direkt von dem Autobauer gekauft. Ob man in dieser Konstellation vor deutschen Gerichten Schadensersatz erstreiten könne, sei bisher ungeklärt, so Fuchs. Er sei gut vorstellbar, dass der Fall bis zum Bundesgerichtshof gehen werde. „Ob das jedoch erfolgreich sein wird, ist völlig unklar“, meint Fuchs. „Der Ausgang ist ziemlich offen.“

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