Getränkekonzerne Abgesang auf den Mythos Coca-Cola

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Effizienz der Entwickelten Märkte heben

Stattdessen versucht man in den entwickelten Märkten jede Effizienz zu heben – und will bis 2020 das kleinteilige und verästelte Netz aus Unterorganisationen und Lizenzbetrieben gehörig straffen. Die US-Zentrale beschränkt sich im Geschäft nämlich auf zwei Dinge: das Konzentrat für seine Brauselimonaden und die Werbeslogans. Den Rest übernehmen vom US-Konzern unabhängige Abfüller, von denen es in der Welt Hunderte gibt. Das Geschäftsmodell funktionierte über Jahrzehnte bestens. Coca-Cola in Atlanta erzielte hohe Gewinnmargen, es musste kein Kapital in Maschinen oder Lastwagen binden. Die Abfüller besaßen ein Monopol in ihrem Heimatmarkt und erfreuten sich an stabilen Gewinnen.

Mit der Krise aber kam das unter Druck. Allein in Spanien und Portugal gab es bis 2013 acht unterschiedliche regionale Coca-Cola-Gesellschaften, die verschiedenen Unternehmern gehörten. Unter viel Getöse wurden sie fusioniert, Standorte wie Madrid geschlossen, Mitarbeiter umgesiedelt.

So kam Sol Daurella an die Macht, eine 51 Jahre alte Geschäftsfrau und Oberhaupt des Daurella-Clans, dem vor der Fusion etwa das Coke-Werk in Barcelona gehörte. Seit 2015 ist Daurella nun Verwaltungsratschefin der Coca-Cola European Partners. Nach spanischem Vorbild wurden auch hier die Abfüllbetriebe radikal zusammengelegt. Entstanden ist der größte unabhängige Abfüller außerhalb der USA. Das Vertriebsgebiet reicht nun von Portugal bis nach Island, umfasst 13 Länder und 300 Millionen Kunden.

Die zehn größten Bio-Mythen
Mythos 1: Bioprodukte sind gesünderZwar gibt es Studien, die belegen, dass ökologische Lebensmittel mehr Vitamine und Nährstoffe enthalten – doch andere Untersuchungen widersprechen hier. Daher gibt es keinen eindeutigen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Bio mit „gesünder“ gleichzusetzen ist. Anders sieht das bei der Pestizidbelastung aus: Hier schneiden Bio-Lebensmittel in der Regel wesentlich besser ab.  Quelle: Welt.de Quelle: dpa
Mythos 2: Bioprodukte sind teurerDer Mehraufwand, etwa für artgerechte Tierhaltung, muss bezahlt werden: 30 bis 100 Prozent kosten Bio-Produkte im Durchschnitt mehr. Doch in vielen Bereichen ist der Preisunterschied zwischen Produkten aus ökologischer und denen aus konventioneller Landwirtschaft kaum noch spürbar – erst recht, seitdem es auch immer mehr Bio-Ware in den Discountern gibt. Bei Obst und Gemüse, etwa bei Karotten oder Äpfeln,  ist der Preisunterschied oft schon verschwunden. Deutlich spürbar bleibt er jedoch bei Fleisch. Quelle: dpa
Mythos 3: Bio-Produkte sind transparentDas stimmt so nicht. Die Vielzahl an unterschiedlichen Siegeln, vom deutschen über das europäische Bio-Siegel bis zu Demeter oder Bioland, ist für Verbraucher kaum zu überschauen – zumal bei allen Kennzeichnungen unterschiedliche Richtlinien gelten. Anbauverbände wie Demeter stellen in der Regel die strengsten Anforderungen, das europäische Bio-Siegel bietet hingegen nur den Mindeststandard.    Quelle: dpa
Mythos 4: Bio ist ein NischenproduktDas galt nur in den Anfangsjahren. 2013 kletterten die Umsätze der Bio-Branche um stattliche 7,2 Prozent auf 7,55 Milliarden Euro, meldet der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Im Öko-Barometer des Bundesernährungsministeriums heißt es, dass inzwischen drei von vier Verbrauchern beim Lebensmitteleinkauf auch nach ökologisch hergestellter Ware greifen. Dabei sind die Konsumenten vor allem junge Verbraucher unter 30 Jahren. Für Gerald Herrmann, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Organic Services, keine Überraschung: „Die jungen Generationen sind vielfach damit aufgewachsen, für sie ist Bio selbstverständlich geworden." Quelle: dpa
Mythos 5: Bio ist bei Bauern beliebtLandwirte, die Bio-Landbau betreiben wollen, haben mit vielen Hürden zu kämpfen. Zum Beispiel mit dem Flächenproblem: Durch die Subventionierung von Energiemais für Biogasanlagen, die durch das EEG festgelegt ist, können sich viele Öko-Betriebe die teuren Pachtpreise nicht mehr leisten. Zudem gibt es Umstellungsfristen von zwei bis drei Jahren, in denen die Landwirte zwar ökologisch produzieren, ihre Ware aber nur zu den Preisen für konventionelle Ware verkaufen dürfen. Quelle: dpa
Mythos 6: Bio ist regional und nachhaltigDie Nachfrage nach Bio-Produkten wächst schnell – die Größe der Anbaufläche und die Zahl der Bauern können da hierzulande nicht mithalten. Deutschland fehlen Tausende Biobauern. Dadurch wird viel importiert: Jede dritte Bio-Kartoffel stammt aus dem Ausland, bei Möhren, Äpfeln und Gurken ist es etwa die Hälfte. Besonders krass ist es bei Bio-Tomaten und –Paprika, sie stammen zu 80 beziehungsweise über 90 Prozent aus allen Ecken der Welt. Wie nachhaltig eine Bio-Kartoffel aus Ägypten, die intensiv bewässert werden muss, dann noch ist, ist äußerst fraglich. Quelle: dpa
Mythos 7: Bio-Produkte enthalten keine ZusatzstoffeDas kann man pauschal so nicht sagen. Insgesamt 50 der knapp 320 zugelassenen Zusatzstoffe wie Aromen oder Konservierungsmittel sind nach der EU-Öko-Verordnung auch für Bio-Lebensmittel zugelassen, sofern das Produkt ohne diese Zusätze nicht hergestellt oder haltbar gemacht werden kann. Quelle: dpa

„Voraussichtliche jährliche Einsparungen der laufenden Kosten vor den Steuern in Höhe von etwa 350 bis 375 Millionen US-Dollar innerhalb von drei Jahren nach Abschluss“, erhoffte man sich. So steht es in einer Präsentation für Investoren. Ziel sei ein „weiterhin starker Fokus auf die Förderung des Werts für die Aktionäre“. Die Hälfte der angepeilten Einsparungen, so Coca-Cola heute, habe man Ende 2017 bereits erreicht: „in erster Linie aus Vorteilen beim Einkauf, der Zusammenlegung von Stabsfunktionen und der Vereinfachung der Managementstrukturen“. Von den einstmals 11 000 Arbeitsplätzen in Deutschland jedenfalls sind heute nur noch 8700 übrig. Tendenz: sinkend. Finanz- und Personalabteilung etwa sollen bis zum Sommer ins bulgarische Sofia ziehen. „Um eine möglichst hohe Standardisierung innerhalb der europäischen Gesamtorganisation“ zu erreichen, so Coke.

Um noch mehr Geld zu sparen, sagt Juan Carlos Asenjo in Madrid. „Meine einzige Hoffnung ist, dass Atlanta einschreitet und Sol Daurellas Vertrag nach 2019 nicht verlängert.“ Andernfalls, glaubt er, gehe es weiter bergab: immer noch mehr Marge, immer weitere Distanzen vom Abfüllort bis ins Regal, immer weniger Rücksicht auf Umwelt und lokale Geschmäcker. „Irgendwann wird unsere Cola dann in Afrika abgefüllt.“

Ganz unmöglich wäre das nicht. Die Familie Daurella hat in den vergangenen Jahren dort zugekauft. Inzwischen beliefert Daurellas Equatorial Coca-Cola Bottling Company 13 Länder auf dem Kontinent. Warum nicht auch Europa? Es wäre das Gegenteil von nah am Kunden. Was soll’s. Ist ja immer noch das Original – irgendwie. „Always Coca-Cola.“

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