Glyphosat nicht krebserregend Wichtiger Erfolg für Monsanto und Bayer

Mit der Einstufung von Glyphosat als nicht krebserregend sind die Weichen zu einer weiteren EU-Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters gestellt. Ein Erfolg für Monsanto und seinen potenziellen Käufer Bayer.

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In Deutschland setzen Landwirte Glyphosat auf etwa 40 Prozent der Ackerflächen ein. Quelle: dpa

Frankfurt Das meistgenutzte Unkrautvernichtungsmittel der Welt, das Herbizid Glyphosat, ist nach Einschätzung der europäischen Chemikalienagentur Echa nicht krebserregend. Für die Hersteller und Proponenten des Herbizids ist diese Einstufung, die von der Echa am Mittwoch bekanntgegeben wurde, ein wichtiger Erfolg auf dem Weg zu einer dauerhaft verlängerten Zulassung. Denn unter anderem auf Basis der Echa-Analyse werden die Europäische Kommission und die Mitgliedsstatten wohl im Laufe des Jahres entscheiden, ob Glyphosat weiterhin in Europa zugelassen bleibt.

Mit einem globalen Verbrauch von etwa 700.000 Tonen pro Jahr ist Glyphosat das mit Abstand wichtigste Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft. In Deutschland setzen Landwirte das Mittel nach Daten des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in etwa auf 40 Prozent der Ackerflächen ein und verbrauchen 5400 Tonnen pro Jahr. Das entspricht knapp 12 Prozent des gesamten Verbrauchs an Pflanzenschutzmitteln.

Das Votum der Echa ist vor allem für den US-Agrochemie- und Saatgutkonzern Monsanto und seinen potenziellen Käufer Bayer wichtig. Denn Monsanto hatte Glyphosat in den 70er Jahren entwickelt und ist nach wie vor größter Produzent des Herbizids. Im letzten Geschäfts erzielte Monsanto immerhin noch rund 3,5 Milliarden Dollar Umsatz oder ein Viertel seiner Gesamterlöse in seinem Geschäftsbereich „Agricultural Productivity“, der im Wesentlichen den Vertrieb von Glyphosat-haltigen Herbiziden umfasst.

Allerdings ist Monsanto längst nicht mehr der einzige Produzent. Denn nachdem das Patent auf den Wirkstoff schon seit etlichen Jahren abgelaufen ist, wird Glyphosat nach Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen weltweit von mehr als 90 Firmen produziert, darunter alleine gut 50 Firmen in China.

Bayer will Monsanto für insgesamt rund 66 Milliarden Dollar übernehmen, wobei das Hauptinteresse nicht der Pflanzenschutzsparte sondern der weitaus größeren marktführenden Saatgutsparte von Monsanto gilt. Dessen ungeachtet wäre ein Verbot von Glyphopsat ein unangenehmer Rückschlag für den US-Konzern und seinen deutschen Käufer. Dass es dazu kommen könnte, erscheint nach der Echa-Einstufung noch unwahrscheinlicher als zuvor.


Das Glyphosat-Geschäft hat den Zenit überschritten

Allerdings hat das Glyphosat-Geschäft seinen Zenit inzwischen klar überschritten. Nicht zuletzt als Folge von Überkapazitäten und Preisverfall war der Umsatz von Monsanto in dem Bereich in den letzten beiden Jahren bereits spürbar gesunken, 2016 um rund 25 Prozent.

In den USA steht Monsanto zudem mit Glyphosat unter Beschuss. Am vergangenen Dienstag gab ein Bundesrichter in San Francisco Akten frei, in denen E-Mails und Schriftverkehr von Monsanto-Mitarbeitern mit der US-Umweltbehörde (EPA) einzusehen sind. Dort warnte ein leitender Mitarbeiter der EPA den Konzern vor der anstehenden Entscheidung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die setzte vor zwei Jahren Glyphosat auf die Liste krebserregender Mittel. Auf Grundlage der WHO-Entscheidung klagen seit Anfang 2016 in den USA an Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) Erkrankte.

Als die WHO-Entscheidung bekannt wurde, konnte Monsanto aufgrund der Vorwarnung sofort mit einer Gegenkampagne antworten. Der Monsanto-Manager William Heydens schlug Kollegen in einer E-Mail beispielsweise vor, wissenschaftlichen Studien selbst zu verfassen und Akademiker „drüber lesen und unterschreiben zu lassen“. In einer Mitteilung sagte Monsanto, dass „Wissenschaftler nicht als Ghostwriter Studien geschrieben haben“.

Das einstige Wundermittel verliert an Kraft

Auf den Feldern hat das einstige „Wundermittel“ zudem einiges von seiner ursprünglichen Wirksamkeit eingebüßt: Als Folge des intensiven Einsatzes werden Unkräuter zunehmend resistent gegen das Herbizid. Das zwingt Landwirte dazu, ganz auf andere Mittel umzusteigen oder neben Glyphosat weitere Mittel zusätzlich einzusetzen. Als bevorzugte Alternative kristallisiert sich dabei zusehends das bereits in den 60er Jahren entwickelte Unkrautmittel Dicamba heraus.

Größter Hersteller dieses ebenfalls bereits patentfreien Wirkstoffs ist bisher BASF. Allerdings investieren auch andere Hersteller, darunter Monsanto, stark in den Ausbau entsprechender Kapazitäten.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Glyphosat-Resistenzen setzt Monsanto zudem auch in der Entwicklung von Saatgut inzwischen auf Varianten, die nicht nur gegen Glyphosat, sondern zusätzlich auch gegen Dicamba resistent sind.

Nutzpflanzen, die gegen bestimmte Herbizide resistent sind, bieten für die Landwirte erhebliche Vorteile. Denn in diesem Fall können sie ihre Felder auch dann noch mit Unkrautmitteln behandeln, wenn die Nutzpflanzen schon ein Stück weit herangewachsen sind.

Zwar sind entsprechend genmodifizierte Sorten in Europa kaum zugelassen. Vor allem in Nord- und Südamerika werden sie aber auf breiter Front eingesetzt. Die Kombination von Glyphosat-resistenten Mais- und Sojavarianten mit einem umfangreichen Glyphosat-Geschäft ebneten dem US-Konzern Monsanto in den vergangenen zwei Jahrzehnten den Aufstieg zum größten Agrochemie-Konzern.

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