Großaktionäre Das sind Deutschlands Dividendenkönige

2012 ist das Jahr der deutschen Großaktionäre. Selten verdienten die Quandts, Mercks und Henkels, die SAP-Gründer oder der Brillenriese Fielmann so viel mit ihren Papieren.

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Wie viel Dividende Deutschlands Großaktionäre kassieren
Herz Quelle: dpa/picture-alliance
Celesio-Gebäude Quelle: dapd
Peter-Alexander Wacker Quelle: dpa/picture-alliance
August Baron von Finck und seine Frau Francine Quelle: dpa/picture-alliance
Metro-Fahnen Quelle: dapd
Günter Fielmann Quelle: dpa
Dietmar Hopp Quelle: dpa/picture-alliance

Klaus Tschira war empört. Die Dividendenrendite von SAP „ist zum Heulen“, befand der Mitgründer des Softwarekonzerns im vergangenen Jahr. Damit seine gemeinnützige Stiftung angesichts der Ausschüttungsaskese überhaupt anständig wirken könne, „braucht man schon viele Aktien“, klagte Tschira 2011.

In diesem Jahr kann sich der Softwareveteran nicht beschweren. Anlässlich des 40. Konzerngeburtstags beglückten die Walldorfer Softwarebastler ihre Anteilseigner mit einer Fest- und Freudendividende von 1,10 Euro je Anteilsschein, 82 Prozent mehr als im Vorjahr. Allein auf Tschiras 93.079.595 SAP-Papiere entfielen 102,39 Millionen Euro.

Deutschlands Dividendenfürsten Platz 50 - 41

Aktienschatz lässt sich oft nur erahnen

Damit gehört der Senior der deutschen Software zu den größten Couponschneidern der Republik. Auch seine Gründungskollegen Hasso Plattner und Dietmar Hopp, nach wie vor Großaktionäre des Konzerns, müssen weiterhin nicht darben. Für Plattner summieren sich die SAP-Erträge dieses Jahr auf 133,67 Millionen Euro.

Deutschlands Dividendenfürsten Platz 40 - 31

Hopp verbuchte 82,8 Millionen Euro, worüber sich indirekt wohl nicht nur die Kicker seines Hobbyclubs und Fußballbundesligisten TSV Hoffenheim gefreut haben dürften, sondern auch die ballferne Allgemeinheit. Hopp hat einen Großteil der SAP-Aktien seiner gemeinnützigen Stiftung überschrieben. Auch Tschira und Plattner haben ihre Stiftungen bedacht, über die exakte Verteilung schweigt der Geschäftsbericht jedoch.

Der Aktienschatz vieler Gründer, Clans und Erben lässt sich oft ohnehin nur erahnen. In privaten und gemeinnützigen Stiftungen, Zweckgesellschaften und Family Offices haben sie ihre Aktienhabe verpackt, steuer-, spenden- oder nachlassrechtlich optimiert. Die WirtschaftsWoche hat das Gestrüpp gelichtet, Geschäftsberichte und Hauptversammlungsunterlagen gescannt und Mitteilungen der Finanzaufsicht BaFin ausgewertet. Auf dieser Basis lässt sich schätzen, wer zum Club jener rund 50 Dividendenempfänger zählt, die 2012 Ausschüttungssummen von mehr als fünf Millionen Euro verbuchen konnten (siehe Kurztextgalerie). Die Industriellendynastie Quandt und Großfamilien wie die Henkels und Haniels finden sich ebenso darunter wie der mittelständische Kantinenausrüster Siegfried Meister (Rational).

Fast fünf Milliarden Euro mehr als 2011

Wie viel Dividende die Konzerne zahlen
Dax-Werte Quelle: dapd
Adiddas Quelle: dapd
AllianzDer Versicherungsriese Allianz will an der Dividendenhöhe nicht rütteln und wie im Vorjahr 4,50 Euro je Aktie ausschütten. Angesichts der niedrigen Bewertungen der Finanzwerte an der Börse ist die Dividendenrendite relativ hoch: knapp 5,0 Prozent. Hauptversammlung ist am 9. Mai. 100 Prozent der Allianz-Aktien sind im Streubesitz. Auch hier hält die BlackRock Inc. mehr als fünf Prozent der Anteile. Zum aktuellen Kurs-Chart Quelle: dapd
BASFDer Chemiekonzern hat vom Aufschwung profitiert und will die Dividende von 2,20 Euro im Jahr 2011 in dieser Dividendensaison auf 2,50 Euro je Aktie erhöhen -das ist mehr als erwartet. Die Dividendenrendite läge dann bei 3,81Prozent (gemessen am Kurs vom 5.3.2012). Über den Dividendenvorschlag stimmen die Aktionäre am 27. April ab. BASF ist das DAX-30-Unternehmen mit dem zweithöchsten Privatanlegeranteil in Deutschland. Rund ein Viertel der Aktien sind in Privathand. Größter Einzelaktionär ist – richtig - BlackRock Inc. mit 5,35 Prozent.Zum aktuellen Kurs-Chart Quelle: dpa
Bayer Quelle: dpa
Beiersdorf Quelle: AP
BMW Quelle: dpa

Prominente Aktionäre wie der Münchner Mietwagenpionier Erich Sixt, Gleitsicht-Gottvater Günther Fielmann oder Verlegerin Friede Springer bereichern die Reichen-Liste. Aber auch scheuere Akteure wie die schwäbischen Fräsmaschinisten Hermle oder Familie Stotmeister, die dem Bauzulieferer Sto den Vorderteil ihres Namens lieh, reihen sich in die Multi-Millionen-Liga ein.

Klar ist: Bis auf wenige Ausnahmen ist 2012 ein goldenes Jahr für Deutschlands Dividendenprominenz. Denn das vorige Geschäftsjahr als Basis für die Ausschüttungen 2012 war für viele deutsche Unternehmen eines der besten ihrer Geschichte. Der Export lief auf Hochtouren, die Binnennachfrage blieb stabil.

Deutschlands Dividendenfürsten Platz 30 - 21

Bratwurst, Senf und Pharma

Mit gut 34 Milliarden Euro Dividende beglücken die gut 300 wichtigsten deutschen Aktiengesellschaften in diesem Jahr ihre Aktionäre, fast fünf Milliarden Euro mehr als 2011. Das haben die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und das Deutsche Institut für Portfolio-Strategien jüngst ausgerechnet. Mit insgesamt fast drei Milliarden Euro profitierten die 50 deutschen Dividendenkönige vom diesjährigen Ausschüttungssegen. Elf Aktionäre haben gar die 100-Millionen-Marke geknackt, darunter drei Großclans.

Das sommerliche Grillfest der rund 200 Mitglieder des Darmstädter Pharma- und Chemiekonzerns Merck dürfte dieses Jahr recht harmonisch abgelaufen sein. Einmal im Jahr trifft sich der Clan bei Bratwurst und Senf, um über die Zukunft des seit 1668 bestehenden und damit ältesten Pharmaunternehmens der Welt zu philosophieren. Die Geschäfte laufen, 2011 stiegen die Erlöse um elf Prozent. Als Dividendendosis verordneten sich die Mercks beruhigende 229,15 Millionen Euro.

Erbauliches in der Provinz

Wer keine Dividende zahlt
Tim Cook und Steve Jobs Quelle: dpa
Warren Buffett Quelle: dapd
Google-Schriftzug Quelle: dapd
Eine Yahoo-Neonreklame Quelle: dpa
Der Ebay-Schriftzug vor der Deutschlandzentrale des Internet-Auktionshauses Quelle: dapd
Der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank AG, Martin Blessing Quelle: dpa
Eine Person hält vor einer Filiale der Deutschen Bank AG eine Postbank EC-Karte Quelle: dapd

Auch andere Familien hatten Grund zum Feiern. Die 270 Nachfahren von Werner von Siemens halten bis heute rund sechs Prozent der Aktien des Münchner Dax-Schwergewichts und durften geschätzt rund 164,56 Millionen Euro Dividende unter sich aufteilen. 107,82 Millionen Euro stärken den familiären Zusammenhalt unter den 111 Mitgliedern der Düsseldorfer Persil-Dynastie Henkel. Nur beim Ruhrgebietsclan Haniel fällt die individuelle Ausschüttungsquote vergleichsweise bescheiden aus. Zwar flossen der Duisburger Haniel-Holding dank Beteiligungen am Handelsriesen Metro, dem Büromöbelversender Takkt und dem Pharmahändler Celesio üppige Erträge zu. Doch die Duisburger drückt eine gewaltige Schuldenlast, sodass Gewinne derzeit eher in Zinsen und Tilgung denn in Saus und Braus fließen. Den mehr als 600 Haniel-Abkömmlingen verblieben deshalb in der Summe enttäuschende 50 Millionen Euro zur freien Disposition.

Im Gegensatz zu solchen Großfamilienschicksalen lief es bei so manchen Mittelständlern in der Provinz durchaus erbaulich. Der im Südschwarzwälder Luftkurort Stühlingen beheimatete Gebäudebeschichtungsexperte Sto etwa profitierte vom politisch entfachten Dämmboom und durchstieß 2011 die Eine-Milliarde-Euro-Umsatzmauer.

Deutschlands Dividendenfürsten Platz 20 - 11

Währungsgewinnler

Familie Stotmeister, die die Sto-Stammaktien kontrolliert, verputzte darob mit schätzungsweise 18,7 Millionen Euro Dividende ihre Konten. Siegfried Meister, Gründer und Aufsichtsratschef des Dampfgarweltmeisters Rational in Landsberg am Lech, konnte gar 39,39 Millionen Euro verbuchen.

Besonders kräftigen Rückenwind spürten alle jene Aktionäre, deren Unternehmungen fern des europäischen Schuldenraums domizilieren und ihre Dividenden in alpenharten Schweizer Franken oder Britischen Pfund überwiesen haben. In Euro umgerechnet sind die Dividenden damit deutlich gestiegen. Zu den Währungsgewinnlern zählt zuvorderst Logistiker Klaus-Michael Kühne.

Kühne+Nagel und Jacobs

Diese deutschen Firmen machen die größten Gewinne
Platz 15: Deutsche Bahn Ein Schelm, wer da an die gestiegenen Ticketpreise denkt: Die Deutsche Bahn hat im Jahr 2011 25,9 Prozent mehr verdient. Der Überschuss lag bei 1,3 Milliarden Euro. Dabei profitierte das Unternehmen vor allem von seiner Logistik-Sparte Schenker. Quelle: dpa
Platz 14: PorscheDas Ausland macht Porsche mächtig Freude. Das Foto zeigt den 911 Carrera S auf der Automesse in Peking. Eine traumhafte Marge hat der Luxusschlittenbauer aus Zuffenhausen schon lange. 2011 stieg der Gewinn um 21 Prozent auf 1,46 Milliarden Euro. Quelle: dapd
Platz 13: Boehringer IngelheimDeutschlands zweitgrößter Pharmakonzern schaffte einen Überschuss von 1,48 Milliarden Euro. Das waren satte 66 Prozent mehr als 2010. Damit liegt Boehringer Ingelheim auf dem 13. Platz. Und auch aktuell läuft es gut: Zuletzt wurden neue Mittel erfolgreich getestet. Quelle: dpa
Platz 12: BoschDie Solarsparte und Vorleistungen für das Elektroauto drücken den Gewinn bei Bosch. Und so brachen die Überschüsse beim Stuttgarter Konzern um 26,9 Prozent auf 1,82 Milliarden Euro ein. Der Umsatz hingegen erreichte mit 51,5 Milliarden Euro ein neues Rekordniveau. Quelle: dpa
Platz 12: KfW BankengruppeDa freut sich der Bund, dem das Institut mehrheitlich gehört: Die KfW Bankengruppe hat 2011 einen Überschuss von 2,07 Milliarden Euro erzielt. Das waren 21,4 Prozent weniger als 2010. Quelle: dapd
Platz 10: RWEDie Energiewende macht RWE kräftig zu schaffen. Unter dem neuen Chef Peter Terium will der Essener Energiekonzern grüner werden - und auch die Gewinne wieder steigern. Im vergangenen Jahr sind die Überschüsse erst einmal zurückgegangen - um 39,8 Prozent auf 2,17 Milliarden Euro. Quelle: dpa
Platz 9: BayerDer Chemie- und Pharmakonzern legte den drittgrößten Gewinnsprung der Top 15 hin. Die Überschüsse des Leverkusener Unternehmens stiegen um 88,7 Prozent auf 2,47 Milliarden Euro - nicht nur dank Asperin. Quelle: dpa

Die in Schindellegi bei Zürich ansässige Spedition Kühne+Nagel dürfte ihrem Großaktionär umgerechnet und geschätzt mehr als 200 Millionen Euro überwiesen haben. Auch die Angehörigen der früheren Kaffeedynastie Jacobs profitierten wohl mit rund 98 Millionen Euro vom währungsbefeuerten Ausschüttungsboom. Zu ihrer Habe zählen Schweizer Beteiligungen etwa am Leiharbeitsprimus Adecco und am Schokofabrikanten Barry Callebaut.

Deutschlands Dividendenfürsten Platz 10 - 1

Für die verschwiegene Reimann-Familie, die es in der Dividendenrangliste 2012 auf Platz sechs bringt, könnte es im kommenden Jahr weiter aufwärtsgehen. Bisher ist nur Reckitt Benckiser (Sagrotan, Calgon) an der Börse und sorgte bei den Reimanns, die rund 15,4 Prozent an dem britischen Putzkoloss halten, für strahlend saubere hochgerechnete 176 Millionen Euro Dividende. Nun strebt die reimannsche Parfümfirma Coty, die weltweit größte ihrer Art, ebenfalls an den Aktienmarkt.

BMW, Porsche, SGL Carbon

Auch die automobile Zunft feierte ein wunderbares Dividendenjahr. Autovermieter Erich Sixt fuhr samt Familie 14 Millionen Euro ein. Andreas Prüfer und Rainer Binder, Gründer des Online-Reifenhandels Delticom, verbuchten über ihre Beteiligungsunternehmen 10,1 und 9,26 Millionen Euro. Selbst der Porsche-Piëch-Clan, der sich 2011 noch in Ausschüttungsaskese übte, langte wieder kräftig zu. Rein rechnerisch entfielen 90 Prozent der Gesamtdividende auf Porsche-Stammaktien von 115,46 Millionen Euro auf die von Porsche und Piëch gepoolten Anteile – macht zusammen knapp 104 Millionen Euro.

Für das Spitzentrio der WirtschaftsWoche-Dividendenliste dürften selbst solche Beträge wie ein besseres Taschengeld anmuten. Rund 650 Millionen Euro flossen 2012 an die Industriellenfamilie Quandt, die über 46,7 Prozent der BMW-Stämme gebietet. Interfamiliärer Spitzenreiter ist Stefan Quandt. Sein Paket an BMW (Werbeslogan: „Freude am Fahren“) bescherte ihm Freude über rechnerisch 240,92 Millionen Euro. Mutter Johanna war mit 231,23 Millionen Euro dabei. Auch Stefans Schwester Susanne Klatten kam nicht zu kurz. Ihre BMW-Bescherung umfasste 174,46 Millionen Euro, hinzu kamen Aufmerksamkeiten vom Carbonhersteller SGL im Wert von 3,78 Millionen Euro.

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