Die Welt der Schifffahrt ordnet sich neu. Seit einem Monat teilen drei große Allianzen die Welt unter sich auf, wenn es um den Transport von Containern geht. Anfang April ist „THE Alliance“ an den Start gegangen, in der sich die deutsche Reederei Hapag-Lloyd, drei vor einer Fusion stehende japanische Reedereien und Yang Ming aus Taiwan verbündet haben.
„THE Alliance“ tritt an gegen starke Konkurrenz. Die Marktführer Maersk und MSC bilden die Allianz „2M“. Rund um den Branchendritten CMA CGM gruppiert sich die „Ocean Alliance“ mit der chinesischen Cosco sowie OOCL aus Hongkong und Evergreen aus Taiwan. Sie ist ebenfalls seit dem 1. April am Markt.
Die Marktmacht der Allianzen lässt sich nicht ohne weiteres berechnen, aber „2M“ und „Ocean Alliance“ dürften jeweils mehr als ein Drittel des Marktes ausmachen, „THE Alliance“ etwas weniger als 30 Prozent. „Damit sind wir voll wettbewerbsfähig“, sagt Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen. In einer Allianz bleiben die Reedereien unabhängig gegenüber den Kunden, bieten aber gemeinsam Liniendienste an. Hapag-Lloyd ist der größte Partner in dem Bündnis, das rund 17 Prozent der weltweiten Containerschiffs-Flotte ausmacht und weltweit 75 große Häfen ansteuert.
Die Neuordnung der Allianzen fällt in eine turbulente Zeit. Nach einer Fusions- und Übernahmewelle werden zum Ende des Jahres die fünf führenden Reedereien über 58 Prozent der weltweiten Kapazitäten verfügen. Zuvor waren es 44 Prozent.
Die Branche konzentriert sich. Größere Reedereien und mächtigere Allianzen bedeuten mehr Marktmacht. Die US-amerikanischen Behörden hat das misstrauisch gemacht. Sie haben im März bei einem Branchentreffen in San Francisco den versammelten Reederei-Chefs Vorladungen überreicht, um den Verdacht auf Preisabsprachen zu prüfen.
Erholung auf dem Schiffmarkt
Mit dem Start der Allianzen geht auch ein kleines Zwischenhoch in der Schifffahrt einher, die seit acht Jahren in der Krise steckt. Allein in den vergangen zwei Wochen reduzierte sich die stillgelegte Schiffskapazität von 967.000 Standardcontainern (TEU) auf 696.000 TEU, schreibt der Branchendienst „Alphaliner“.
Gleichzeitig gingen die Charterraten für Schiffe steil in die Höhe, zum Beispiel für ein 8500-TEU-Schiff von 12.000 Dollar auf 19.000 Dollar am Tag. Das hat die Schifffahrt lange nicht gesehen. „Die Schiffe sind voll, gerade von Europa nach Asien“, berichtet ein Insider. „Manche Container können nicht mit und müssen warten.“
Die Allianzen der Reedereien
Der Name der Allianz "CKYHE" setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Namen der Mitglieder zusammen: Das ist die Cosco Shipping Line aus China, die japanische K-Line, Yang Ming aus Taiwan, die koreanische Hanjin und die taiwanische Reederei Evergreen, fünftgrößte Reederei der Welt.
In der Allianz "2M" haben sich die beiden größten Reedereien der Welt zusammengeschlossen, die dänische Maersk Line und die Schweizer MSC. Damit hat 2M nicht nur die meisten Marktanteile, sondern auch die größten Schiffe. Die Allianz verfügt alleine über 25 Mega-Containerschiffe mit einer Kapazität von mehr als 18.000 Standardcontainern.
Eigentlich wollten die beiden Reedereien gemeinsam mit der drittgrößten Reederei, der französischen CMA CGM, die Mega-Allianz "P3" gründen. Doch die chinesischen Kartellbehörden legten ihr Veto gegen dieses Bündnis ein.
Einer der Partner der Allianz G6 ist Hapag-Lloyd, die größte deutsche Reederei. Sie kooperiert mit den japanischen Reedereien MOL und NYK, der Orient Overseas Container Line (OOCL) aus HongKong, der Hyundai Merchant Marine (HMM) mit Sitz in Südkorea und der singapurischen NOL. Ein Mitglied wird das Netzwerk aber wahrscheinlich bald verlieren: NOL soll vom französischen Konkurrenten CMA CGM übernommen werden. Aus G6 wird dann vielleicht G5.
Nach dem die geplante Mega-Allianz P3 am Widerstand der Chinesen platzte, schuf sich CMA CGM ein neues Netzwerk: Die Franzosen, drittgrößte Reederei der Welt, kooperiert mit China Shipping (CSCL) und der arabischen Reederei United Arab Shipping Agency Company (UASC). Gemeinsam besitzen die Reedereien aktuell sieben Mega-Schiffe, sieben weitere sind geordert. Auch die Schiffe der singapurischen NOL will CMA CGM nach der Übernahme in die Allianz integrieren.
Dazu hat beigetragen, dass nach der Insolvenz der koreanischen Reederei Hanjin vorübergehend Schiffe nicht am Markt waren. Zudem ist im vergangenen Jahr die Nachfrage nach Schiffsraum um 3,2 Prozent gestiegen, die Tonnage der Schiffe aber nur um 1,6 Prozent. Damit sind die Überkapazitäten noch nicht verschwunden, aber ein wenig kleiner geworden. In diesem Jahr kommen zwar noch ein paar große Schiffe neu in Fahrt, aber dann trocknet die Pipeline langsam aus, weil die Reedereien in den vergangenen Jahren kaum noch Nachschub geordert haben. Im nächsten Jahr, so ist die Hoffnung der Branche, könnten die Frachtraten wieder steigen und die Dauerkrise ein Ende finden.
Marktanteile der größten 10 Container-Reedereien
Die United Arab Shipping Company (UASC) zählt mit einem Marktanteil von 2,5 Prozent zu den zehn größten Reedereien der Welt.
Quelle: Statista, Stand: 14. März 2017
Die Hongkonger Reederei Orient Overseas Container Line (OOCL) kommt auf einen Marktanteil von 2,8 Prozent.
Auf Platz acht landet die Hamburg Süd Group, die ebenfalls auf einen Marktanteil von (gerundet) 2,8 Prozent kommt.
Auch das chinesische Transportunternehmen - Yang Ming Marine Transport Corporation - gehört zu den größten Container-Reedereien der Welt. Aufgerundet liegt der Marktanteil ebenfalls bei gerundet 2,8 Prozent.
Ein weiteres deutsches Transport- und Logistikunternehmen ist durch die Hapag-Lloyd AG mit Sitz in Hamburg in den Top 10 vertreten. Mit einem Marktanteil von 4,8 Prozent ist Hapag-Lloyd die sechstgrößte Container-Reederei der Welt.
Die Liniendienste der Reederei Evergreen Marine landen mit einem Marktanteil von (gerundet) 4,8 Prozent auf Rang fünf.
Bei einem Marktanteil von rund 8 Prozent ist die chinesische Reederei COSCO die viertgrößte der Welt.
Der Marktanteil des französischen Schifffahrts- und Logistikunternehmens CMA CGM Group liegt bei stolzen 10,3 Prozent.
Noch etwas besser ist es um die Mediterranean Shipping Company (MSC) bestellt, die in Genf sitzt. Bei einem Marktanteil von 14,3 Prozent ist sie zurzeit die zweitgrößte Reederei der Welt.
Die dänischen Containerschiffsreederei A. P. Moller-Maersk landet auf der Spitzenposition. Ihr Marktanteil ist bei 15,9 Prozent unübertroffen.
Doch viele Branchenkenner zweifeln, dass die jüngste Erholung von Dauer ist. „Wir haben immer noch deutlich zu viel Schiffsraum“, sagt der Hamburger Schifffahrtsexperte Prof. Ulrich Malchow. Neue Schiffe würden den Druck auf die Raten bald wieder verstärken. Die größeren Reedereien und neuen Allianzen hätten eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber den Charterreedereien, von denen sie einen Teil ihrer Tonnage anmieten. Und die Charterreedereien sind nach der langen Krise ohnehin finanziell ausgeblutet. Viele stehen am Abgrund. Für sie ist das rettende Ufer noch fern.