Heckler&Koch Auf der Suche nach stabilen Geschäften

Der Waffenhersteller Heckler&Koch wächst und baut die hohen Schulden etwas ab. Der neue Vorstandschef Norbert Scheuch will endlich aus den Schlagzeilen: „Wir sind nicht der Prügelknabe der Nation.“

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Zwar gewann das Unternehmen den Rechtsstreit mit dem Bundesverteidigungsministerium um die Funktionstauglichkeit des G36. Aber die Auseinandersetzung verbessert nicht gerade die Ausgangsposition bei der Vergabe des Nachfolge-Sturmgewehrs an die Bundeswehr. Quelle: dpa

Oberndorf/Neckar Wenn Unternehmen ihre aktuellen Zahlen freitagabends auf ihre Website stellen, dann sind sie in der Regel nicht an einer großen Verbreitung interessiert oder es sind schlicht schlechte Zahlen. Die Oberndorfer Waffenschmiede Heckler&Koch arbeitet gerne ohne große Publicity. Kein Wunder, denn meistens ist das Unternehmen Zielscheibe herber Kritik. Die Oberndorfer sind seit jeher Lieblingsopfer der Friedensaktivisten, weil sie Waffen herstellen, die im Ernstfall zum Töten konstruiert sind. Aber es gibt auch hausgemachte Image-Probleme durch Verwicklungen in illegale Waffengeschäfte. Zudem nagte die Auseinandersetzung mit der Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen um die Funktionstauglichkeit des Sturmgewehr G36 am Image.

Aber diesmal gab es eigentlich keinen Grund für die vornehme Zurückhaltung: Heckler & Koch macht dank gestiegener Nachfrage nach Gewehren und Pistolen deutlich bessere Geschäfte. Im vergangenen Jahr habe man ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund 39 Millionen Euro erzielt, vertraute Firmenchef Norbert Scheuch der Nachrichtenagentur dpa an. 2015 war das Ebit bei dem Hersteller von Handfeuerwaffen noch sieben Millionen Euro im Minus.

Auf der Firma mit gut 800 Mitarbeitern lastet noch immer ein hoher Schuldenberg, der 2016 den Angaben zufolge aber um 24 Millionen Euro auf 220 Millionen Euro gedrückt werden konnte. Zugleich stieg der Kassenbestand von 18 auf 25 Millionen Euro. „Wir haben mehr Geld in der Kasse und weniger Schulden“, zeigte sich Scheuch zufrieden. Der Umsatz stieg von 177 Millionen auf 202 Millionen Euro – ein Plus von gut 14 Prozent. Der Firmenchef begründete die positiven Zahlen mit effizienteren Produktionsabläufen, einem Abbau von Lagerbeständen und einer insgesamt gestiegenen Nachfrage nach H&K-Waffen. So habe man im vergangenen Jahr zum Beispiel Maschinengewehre an die Bundeswehr verkauft und Maschinenpistolen an die Polizei von Baden-Württemberg.

Der Nachsteuergewinn sank den Angaben zufolge zwar von 22 Millionen Euro (2015) auf 7 Millionen Euro im Jahr 2016. Allerdings war der Wert von 2015 durch eine Finanzspritze des Firmeneigentümers Andreas Heeschen beeinflusst, also nicht aus eigener operativer Kraft erwirtschaftet. Für 2017 sagte H&K-Chef Scheuch, Umsatz und Ergebnis würden „auf leicht verbessertem Niveau stabilisiert“.

Der Manager ist seit gut einem Jahr im Amt. Er hat die Vorgabe gemacht, nur noch Aufträge aus sogenannten grünen Ländern anzunehmen, also stabilen, demokratischen und nicht-korrupten Staaten aus der Nato oder Nato-Einflusssphäre. Die Türkei fällt dadurch beispielsweise weg. Der Umsatzanteil für das Geschäft mit den grünen Ländern lag 2016 nach den Worten von Scheuch bei 96 Prozent. „Wir haben noch Altgeschäft aus Nicht-Grünen-Ländern aus der Vergangenheit, das wir in den nächsten Jahren abwickeln werden, dessen Tendenz ist beim Umsatzanteil aber in Richtung schwindend gering. “

Die schwäbische Firma gilt finanziell als angeschlagen und stand schon mal kurz vor der Pleite. Zuletzt liefen die Geschäfte wieder etwas besser. So bestellte beispielsweise Frankreichs Armee gut 100.000 Sturmgewehre. Letztlich wirkt sich auch die erhöhte Terrorgefahr positiv auf die Auftragsbücher aus. Nach dem Anschlag von Nizza bestellte Frankreichs Polizei 2000 Sturmgewehre.

Eigentümer Heeschen hatte interimsweise das Unternehmen geführt. Scheuch kommt vom Betonpumpenhersteller Putzmeister. Dort hatte er die Übernahme durch den chinesischen Sany-Konzern begleitet. Nach seinem Amtsantritt in Oberndorf sagte Scheuch: „Wir möchten keine Vorlage mehr bieten, um erneut in die Schlagzeilen zu kommen.“ Er überraschte mit der Ankündigung, keine Waffen mehr in „politisch schwierige Länder“ liefern zu wollen. Es mache keinen Sinn, gegen den Mainstream anzulaufen: „Wir sind nicht der Prügelknabe der Nation.“

Aber ganz aus den Schlagzeilen zu verschwinden wird nicht gelingen. Zwar gewann das Unternehmen den Rechtsstreit mit dem Bundesverteidigungsministerium um die Funktionstauglichkeit des G36. Aber die Auseinandersetzung verbessert nicht gerade die Ausgangsposition bei der Vergabe des Nachfolge-Sturmgewehrs an die Bundeswehr. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte im vergangenen Jahr entschieden, alle 167.000 G36-Gewehre wegen unzureichender Treffsicherheit bei Dauerfeuer oder großer Hitze auszumustern. Allerdings dürfte es vor der Bundestagswahl kaum zu dem politisch heiklen Auftrag kommen.

Spätestens wenn es wegen der illegalen Waffenlieferungen zum Prozess gegen drei Angestellte und zwei Ex-Geschäftsführer des Waffenherstellers kommt, wird das Unternehmen seine Vergangenheit wieder einholen. Das Landgericht Stuttgart hat die Anklage zugelassen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, in den Jahren 2006 bis 2009 an 16 Lieferungen von G36-Sturmgewehren und Zubehörteilen nach Mexiko beteiligt gewesen zu sein. Die Waffen sollen in mexikanische Bundesstaaten geliefert worden sein, für die es keine Exportgenehmigungen gab. Der Gerichtstermin steht noch nicht fest.

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