Heidelberg-Cement Baustoffkonzern verdient noch mehr

Die florierende Baukonjunktur in Europa und den USA beschert Heidelberg-Cement einen satten Gewinnanstieg – mehr als Analysten erwartet hatten. Doch mit der Aussicht auf einen Brexit wächst das Risiko.

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Der Baustoffkonzern verdient mehr als Analysten erwartet hatten. Quelle: dpa

Stuttgart Der Baustoffkonzern Heidelberg-Cement hat im zweiten Quartal dank der florierenden Baukonjunktur in Europa und den USA mehr verdient als von Analysten erwartet. Das operative Ergebnis vor Abschreibungen stieg von April bis Juni auf vergleichbarer Basis um neun Prozent auf 791 Millionen Euro, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Dazu trugen neben dem leicht höheren Absatzanstieg bei Zement, Beton, Sand und Kies auch Preiserhöhungen und geringere Energiekosten bei. Das Votum der Briten für den Austritt aus der EU habe bisher die Baustoffnachfrage in Großbritannien nicht gebremst. Mit einem Umsatzanteil von zehn Prozent ist das Vereinigte Königreich der zweitgrößte Markt der Kurpfälzer nach den USA.

Der Dax-Konzern erzielte im zweiten Quartal mehr Gewinn als am Markt erwartet. Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt mit einem operativen Ergebnis von 762 Millionen Euro bei einem Umsatz von 3,6 Milliarden Euro gerechnet. Die Erlöse lagen mit 3,575 Milliarden Euro etwa auf Vorjahresniveau. Der Überschuss der Gruppe stieg um 17 Prozent auf 318 Millionen und war damit ebenfalls etwas höher als die Marktprognose. „Das zweite Quartal 2016 war operativ das beste seit der Finanzkrise und hat damit den positiven Trend fortgesetzt“, erklärte Vorstandschef Bernd Scheifele. Heidelberg-Cement werde weiterhin von der guten und stabilen wirtschaftlichen Entwicklung in den Industriestaaten, insbesondere in den USA, Deutschland, Nordeuropa und Australien, profitieren.

Gleichwohl wächst mit dem Brexit das Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Im Juli brach die Verbraucherstimmung im Vereinigten Königreich ein. Die Briten sorgten sich vor allem um den Wert ihrer Eigenheime, erklärten Experten. Manche Ökonomen gehen sogar davon aus, dass Großbritannien auf eine Rezession zusteuert. Heidelberg-Cement sieht jedoch keinen Anlass, seine Prognose für 2016 zu stutzen. Nach einem unerwartet starken Jahresauftakt hatte der Konzern den Ausblick im Mai erst angehoben: Operatives Ergebnis und Überschuss sollen moderat bis deutlich steigen. HeidelbergCement stellt damit einen Zuwachs um einen hohen einstelligen bis zweistelligen Prozentsatz in Aussicht.

Mit der vor einem Jahr angekündigten Übernahme des italienischen Konkurrenten Italcementi biegt Heidelberg-Cement jetzt auf die Zielgerade ein. Anfang Juli wurde für 1,67 Milliarden Euro der 45-prozentige Anteil der Familie Pesenti erworben. Knapp die Hälfte des Preises erhielt ihre Familien-Holding Italmobiliare in Aktien. Dadurch stieg Italmobiliare mit einem Anteil von 5,3 Prozent zu einem der größten Aktionäre von Heidelberg-Cement auf. Größter Einzelaktionär ist weiterhin Ludwig Merckle.

Auf den Erwerb des Anteils des Großaktionärs Italmobiliare folgt nun das öffentliche Übernahmeangebot an die restlichen Anteilseigner. Heidelberg-Cement bietet 10,60 Euro je Italcementi-Aktie an. Gegenüber dem dreimonatigen Durchschnittskurs vor Bekanntgabe der Übernahme sei dies eine Prämie von 70,7 Prozent. Die Bezugsfrist ende am 30. September. „Mit der Akquisition von Italcementi stärken wir unsere globale Marktstellung“, erklärte Scheifele.


Heidelberg-Cement rückt näher an den Branchenführer

Zuletzt hatte der Baustoffkonzern im Zuge der Übernahme des italienischen Konkurrenten Italcementi das Belgien-Geschäft der Italiener für 312 Millionen Euro an eine Tochter des italienischen Konzerns Cementir verkauft. Damit erfüllte der Dax-Konzern eine Auflage der EU-Wettbewerbsbehörde. „Wir sind auf gutem Weg, unser Ziel von mindestens einer Milliarde Euro an Erlösen aus Veräußerungen zu erreichen“, erklärte Vorstandschef Bernd Scheifele danach. Mit dem Geld soll die 3,7 Milliarden Euro schwere Übernahme teilweise finanziert werden.

Heidelberg-Cement hatte im vergangenen Sommer die Übernahme von Italiens Branchenführer angekündigt. Für die Kurpfälzer ist es die größte Transaktion seit dem milliardenschweren Kauf des britischen Baustoffproduzenten Hanson 2007. Die Italiener sind in Italien, Frankreich und Spanien stark, die Heidelberger sind dort eher schwach vertreten. Mit der Übernahme rücken die Heidelberger wieder näher an den Branchen-Koloss LafargeHolcim.

Nach der Übernahme will Heidelberg-Cement das Familienunternehmen aus Bergamo, das seit 2012 unter dem Strich Verluste schreibt, auf schwarze Zahlen trimmen. Anfang April hatte der Dax-Konzern bereits angekündigt, durch eine Neuorganisation bis 2020 rund 400 der zurzeit 2500 Stellen in Italien abzubauen.

Ende Juni hatte die frühere Italcementi-Mutter Italmobiliare bereits nicht zum Kerngeschäft gehörende Geschäftszweige – die Softwaretochter Bravosolution und Italgen, einen Anbieter regenerativer Energie – für 237 Millionen Euro herausgekauft. Jetzt steht noch der Verkauf eines Zementwerks im US-Bundesstaat West Virgina und von elf Zementterminals zum Verladen der Baustoffe in sechs anderen Bundesstaaten aus. Das hatte die US-Wettbewerbsaufsicht angeordnet.

Bis 2019 will Deutschlands größter Baustoffkonzern den Umsatz von 13,5 auf 20 Milliarden Euro bis 2019 erhöhen. Die Nordbadener sehen sich als Weltmarktführer bei Zuschlagstoffen wie Sand und Kies, Nummer zwei bei Zement (hinter LafargeHolcim) und als Nummer drei bei Transportbeton. Mit den Italienern zusammen hätte Heidelberg-Cement im vergangenen Jahr bereits einen Umsatz von 17 Milliarden Euro erzielt, ein Drittel mehr als ohne sie.

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