Heitmann geht im Streit Investitionen ins Eigenheim sollen Heitmann den Job gekostet haben

Der ehemalige Lanxess-Chef Axel Heitmann wurde angeblich vom Aufsichtsrat zur vorzeitigen Auflösung seines Vertrags und zum Verzicht auf Millionenabfindung gezwungen.

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Warum musste der Vorstandsvorsitzende von Lanxess, Axel Claus Heitmann (r), den Konzern verlassen? Quelle: dpa

Axel Heitmann war zehn Jahre lang das Gesicht des Spezialchemieherstellers Lanxess. Mit viel persönlichem Einsatz hatte der promovierte Chemiker aus der einstigen Reste-Rampe des Bayer-Konzerns, von dem Lanxess 2004 abgespalten worden war, zu einem deutschen Vorzeigeunternehmen gemacht - technisch innovativ, wirtschaftlich erfolgreich und sozial engagiert. Umso überraschender kam Ende Januar die Nachricht, dass der Aufsichtsrat des inzwischen in Köln beheimateten Unternehmens den eigentlich noch bis 2017 laufenden Vertrag des Vorstandsvorsitzenden vorzeitig beende. „Der Aufsichtsrat der Lanxess AG“, so hieß es damals in einer kurzen Presseerklärung, „hat die einvernehmliche Beendigung der Tätigkeit von Axel C. Heitmann als Mitglied und Vorsitzender des Vorstands der Laness AG beschlossen.“ Zu seinem Nachfolger werde der frühere Finanzvorstand Matthias Zachert bestellt, der Mitte Mai seinen neuen Job antreten werde.

Als Grund für die plötzliche Trennung gab das Unternehmen wirtschaftliche Gründe an: Lanxess stehe wegen der vor starken Abhängigkeit von der Autoindustrie und der Absatzkrise dort vor großen Herausforderungen, man müsse Kapazitäten anpassen und das Geschäftsportfolio verändern.

„Der Aufsichtsrat hielt deshalb den Zeitpunkt für gekommen, einer neuen Führung Verantwortung zu übertragen, um diesen Herausforderungen zu begegnen“, ließ Aufsichtsratschef Rolf Stomberg an jenem 26. Januar mitteilen. Tatsächlich aber erfolgte die Trennung von Heitmann alles andere als einvernehmlich – eher war es die Folge eines Machtkampfs zwischen dem Aufsichtsrat und der Spitze des Lanxess-Vorstands. Und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens spielte beim Führungswechsel im Vorstand des Dax-Unternehmens nur eine Nebenrolle.

Voraus ging der Trennung vielmehr ein Streit zwischen Heitmann und Stomberg um die Bewertung von Investitionen, die Heitmann in die Sicherheit einer denkmalgeschützten Villa in Hamburg getätigt hatte. Das repräsentative Haus hatte Heitmann 2010 erworben und ein Jahr später als neuen Familiensitz bezogen. Auslöser für Hauskauf an der Elbe war der Beschluss, die Zentrale von Lanxess von Leverkusen nach Köln zu verlegen. Aus Sicht der Familie machte dies zumindest mittelfristig die Aufgabe des bislang genutzten Wohnsitzes in Mülheim an der Ruhr erforderlich. Und weil die Familie nach sechs berufsbedingten Umzügen endlich wieder zur Ruhe kommen wollte, entschieden sich Heitmann und seine Frau für eine Rückkehr in ihre Heimatstadt Hamburg.

Teurer Umbau der Heitmann-Villa sorgte für Ärger

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Das Mitsubishi Chemical-Werk in Yokohama Quelle: Pressebild
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Platz 6: Shell Quelle: Reuters

In Absprache mit der konzerneigenen Sicherheitsabteilung und dem Landeskriminalamt Hamburg erhielt das Haus in Hamburg zum Schutz gegen Terroranschläge und Entführungen schusssichere Fensterscheiben, speziell gesicherte Türen und eine Alarmanlage mit direkter Anbindung an die Notrufzentrale der Polizei. Die Kosten dafür summierten sich im Laufe der Monate auf einen hohen sechsstelligen Betrag. Exakt 159.397,85 Euro kostete allein die elektronische Überwachung des Hauses, weitere 715.614 Euro und 84 Cent verschlangen die Spezialtüren und -fenster, die Heitmann in seinem neuen Heim installieren ließ. Die angefallenen Kosten für die aufwändige Alarmanlage überwies der Werksschutz direkt aus der Konzernkasse. Die Kosten für Türen und Fenster zahlte Heitmann zunächst aus eigener Tasche – die Mehrkosten für die Schutzmaßnahmen in Höhe von 428.505,61 Euro allerdings stellte er Lanxess in Rechnung – als so genannte „dienstliche Fürsorgeaufwendung.“ Wegen der besonderen „Funktionsgefährdung“ von Heitmann als Spitzenmanager der deutschen Wirtschaft war Jahre zuvor auch schon das Haus der Familie in Mülheim an der Ruhr auf Kosten des Konzerns gesichert worden. Dem Vernehmen nach gab es über die damaligen Investitionen in die Sicherheit keine Diskussionen im Unternehmen oder mit dem Aufsichtsrat.

Obwohl Stomberg nach Darstellung von Heitmann schom 2010 über den geplanten Umzug der Familie nach Hamburg informiert worden sein soll – Stomberg habe damals sogar ausdrücklich auf die Notwendigkeit von Sicherungsmaßnahmen hingewiesen – fiel der 74-jährige frühere BP-Manager aus allen Wolken, als ihm kurz nach der Übernahme des Aufsichtsratsvorsitzes die Rechnungen aus Hamburg vorgelegt wurden. Die internen Unterlagen, die der WirtschaftsWoche vorliegen, deuten darauf hin, dass die schon seit längerem schwelenden Auseinandersetzungen zwischen dem Vorstandsvorsitzenden von Lanxess und seinem Kontrolleur darüber schnell eskalierten.

Rufschädigung befürchtet

Stomberg warf Heitmann vor, den Aufsichtsrat nicht formell über Umzug und den Umfang der Umbauten informiert zu haben. Zudem sei das Hamburger Haus nur ein Zweitwohnsitz der Familie – und die Umbaumaßnahmen dort hätte das Unternehmen nicht zu tragen. Zumal, wie es in einer Stellungnahme von Lanxess heißt, die Aufwendungen für das Haus in Hamburg „das übliche Maß wesentlich“ überschritten, weil der Einbau von Fenstern, Türen und Alarmanlage aufgrund des Denkmalschutzes des Hauses „mit erheblichem Zeitaufwand verbunden“ gewesen sei. Der Streit endete zunächst damit, dass Heitmann auf die Kostenübernahmen durch den Konzern verzichtete und Lanxess bereits geleistete Zahlungen zurückerstattete.

Doch für Stomberg war der Fall damit noch längst nicht erledigt. Am späten Vormittag des 20. Februar, keine vier Wochen nach Abschluss des Aufhebungsvertrages, der noch ein einvernehmliches Ausscheiden sowie die Zahlung einer Abfindung von sechs Millionen Euro vorsah, wurde Heitmann vom Aufsichtsrat ultimativ aufgefordert, einer Änderung seines Aufhebungsvertrages zuzustimmen und auf die Millionenabfindung zu verzichten. Andernfalls, so die Drohung, werde das Präsidium des Aufsichtsrats auf eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages drängen und den Fall öffentlich machen.

Heitmann versuchte die Vorwürfe Darstellung seiner Anwälte nochmals zu entkräften. Doch beim Leiter der Rechtsabteilung sei er auf taube Ohren gestoßen und habe nach Rücksprache mit seinen Anwälten schließlich die Änderung des Aufhebungsvertrages akzeptiert – „da Dr. Heitmann eine akute Rufschädigung aufgrund der angedrohten Veröffentlichung der Vorwürfe befürchtete“, wie es heißt.

Beigelegt ist der Streit zwischen dem Kölner Unternehmen und seinem früheren Vorstandschef damit allerdings noch lange nicht. In den vergangenen Wochen hat Heitmann durch zwei Anwaltskanzleien – Lexpert aus Dresden sowie Feigen & Graf aus Köln – eingehend untersuchen lassen, wie der Einbau der Sicherheitseinrichtungen im Hamburger Haus juristisch zu würdigen sei. Da die Anwälte sowohl unter straf-, aktien- wie auch unter zivilrechtlichen Aspekten keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten erkennen konnten, will Heitmann nach Auskunft seines Sprechers Peter Dietlmaier nun auch prüfen, ob er an jenem 20. Februar in unerlaubter Weise zur Änderung des Aufhebungsvertrag und zum Verzicht auf die Abfindung genötigt wurde.
Eine Klage gegen Lanxess könnte dann der nächste Schritt sein.

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