Hochtief-Verbandsaustritt Der "Hoxit" spart Hochtief rund 750.000 Euro

Hochtief hat mit der Ankündigung, Ende 2016 aus dem Arbeitsgeber- und Branchenverband auszutreten, Gewerkschafter, Mitarbeiter und Verbandsfunktionäre geschockt. Die versuchen nun Hochtief-Chef Fernandez zu stoppen.

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Hochtief Quelle: REUTERS

Der für Ende des Jahres angekündigte Austritt des Essener Baukonzerns Hochtief aus dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und damit auch aus dem Arbeitgeberverband spart dem Unternehmen, das 2015 weltweit 21 Milliarden Euro Umsatz verzeichnete, nur einen vergleichsweise geringen Betrag. 700.000 bis 800.000 Euro zahlte das Unternehmen 2016 an die zwölf Bauverbände in den Bundesländern und deren Dachverband HDB an Beiträgen. Ein ähnlicher Betrag wäre für 2017 fällig.

Vor einer Woche wurde die fristgerechte Kündigung der Verbandmitgliedschaft seitens Hochtief durch WirtschaftsWoche-Recherchen bekannt. Nun rechnet eine Allianz aus Gewerkschafts- und Verbandsfunktionären Hochtief-Chef Marcelino Fernandez Verdes vor, dass er sich für die bescheidene Ersparnis auf der anderen Seite Kosten und Schäden in weit höherem Umfang einhandeln würde, wenn er am „Hoxit“ – so das von Hochtieflern kreierte Schlagwort für den Verbandsaustritt – festhält.

Carsten Burckhardt, Vorstandsmitglied der IG Bau und Mitglied im Hochtief-Aufsichtsrat will bei der nächsten Aufsichtsratssitzung im September deshalb über den "Hoxit" reden und ihn möglichst stoppen, sagte Burckhardt gegenüber WirtschaftsWoche Online: „Bei der nächsten Hochtief-Aufsichtsratssitzung im September muss das Thema auf die Tagesordnung.“

Burckhardt macht Hochtief wenig Hoffnung, durch Haustarifverträge die Lohnsummen für die nur noch rund 3600 Hochtief-Beschäftigten in Deutschland verringern zu können: „Es wird sehr schwer für Hochtief, Lohnsenkungen durchzusetzen. Wir werden uns als IG Bau nicht für Dumping-Tarifverträge hergeben. Wir werden nicht helfen, bestehende Tarifverträge zu unterlaufen. Eine Verbandsflucht werden wir nicht unterstützen.“

Die Fakten untermauern die Warnung: Der geltende Gehaltstarifvertrag für die gewerblichen Mitarbeiter und für die Angestellten der Bauwirtschaft wurde erst in diesem Jahr abgeschlossen und endet am 28.2.2018. Er wirkt nach, solange kein neuer Tarifvertrag gilt. Aber auch für die Zeit danach könnte sich Fernandez verkalkuliert haben. Burckhardt: „Ob wir als IG Bau mit Hochtief dann überhaupt über einen Haustarifvertrag verhandeln, das hängt von den IG BAU-Mitgliedern und den Beschäftigten bei Hochtief ab, mit denen wir ab Herbst intensiv reden werden. Wenn die Beschäftigten das ablehnen, dann führen wir keine Verhandlungen über einen Hochtief-Haustarif.“

Zudem sind Arbeitszeiten, Mehrarbeitszuschläge, Eingruppierung, Urlaubsansprüche und vieles mehr für gewerbliche Arbeitnehmer im allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrag für die Baubranche geregelt. Davon kann Hochtief ohnehin auch in Zukunft nicht abweichen. Bei Angestellten, die dem Rahmentarifvertrag für Angestellte unterliegen und Mitglieder der IG BAU sind, auch nicht.

„Ein Schritt, um Hochtief aufzulösen"

Im Juli hatte Hochtief-Vorstandsmitglied Nikolaus Graf von Matuschka dem stellvertretenden Vorsitzenden Dietmar Schäfers und Burckhardt zu erklären versucht, was Hochtief mit dem Austritt Schritt erreichen will. Burckhardt sagt dazu: „Ganz ehrlich: Wir haben es nicht wirklich verstanden. Ein Verbandsaustritt würde am Ende vor allem Hochtief schaden, weil das Unternehmen einen Prestigeverlust erleidet und als Arbeitgeber unattraktiver wird.“

Auch Funktionäre der Bauverbände verstehen den Sinn des Austrittsvorhabens nicht. Ein hochrangiger Baumanager und Verbandsfunktionär sagt, allein ein Lobbybüro in Berlin, das Hochtief aufbauen müsste, um eigene Interessen gegenüber der Politik zu vertreten, koste „mehr als Hochtief an HDB-Mitgliedsbeiträgen einsparen würde“. Ein Büro in Brüssel würde noch teurer. Für den Top-Manager folgt der Austritt einer anderen Logik: Er sei ein „weiterer Schritt, um Hochtief aufzulösen und spurenlos unter dem Dach der spanischen Muttergesellschaft ACS zu integrieren“. Befürchtet wird diese Entwicklung in der Branche, seit ACS das einstige Flaggschiff der deutschen Bauwirtschaft 2011 feindlich übernommen hat.

Auch Strabag wollte den HDB verlassen - Bilfinger aktuell nicht

Einen Austritt der deutschen Unternehmen des österreichischen Strabag-Konzerns konnte der HDB nach den Worten des Insiders vor rund fünf Jahren verhindern: „Die Diskussion mit Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner war damals dieselbe wie jetzt um Hochtief.“

Für den zum Industriedienstleister mutierten Mannheimer Bilfinger-Konzern hingegen ist ein Verbandsaustritt offenbar kein Thema. „Aktuell gibt es bei Bilfinger keine konkreten Überlegungen zu einem Austritt aus dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.“ Nicht aktuell, nicht konkret? Nein, dementiert der Konzern. Nicht einmal locker nachgedacht werde in Mannheim über die Austrittsoption, obwohl nur noch 1500 Bilfinger-Beschäftigte nach Bautarifen bezahlt werden.

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