Hochwasser Wie die Flut Unternehmen lahmlegt

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Der Nachschub bleibt aus

Dramatische Entwicklungen in den Hochwassergebieten
Das Ernst-Abbe-Stadion in Jena (Thüringen) ist vom Hochwasser der Saale überflutet. Wie in anderen Landesteilen sollen auch hier die Schulen und Kindergärten am Montag und Dienstag geschlossen bleiben. Quelle: dpa
So ein Hochwasser wurde für die Dreiflüssestadt Passau nicht vorhergesagt: In der Nacht zum Sonntag stieg der Wasserstand innerhalb weniger Stunden auf mehr als 9,50 Meter - weite Teile der Altstadt sind überflutet. Viele Menschen wurden von den Wassermassen überrascht und können ihre Häuser nicht mehr verlassen oder betreten. Am Sonntagmittag löste die Stadt gar Katastrophenalarm aus. Quelle: dpa
In Würzburg wurde das bis zum 2. Juni geplante Africa-Festival wegen Hochwassers vorzeitig abgebrochen. Auch auf dem Main wurde die Schifffahrt unterbrochen. Quelle: dpa
In der sächsischen Stadt Chemnitz ist der gleichnamige Fluss über die Ufer getreten und überschritt kurzzeitig die Schwelle der Hochwasser-Alarmstufe 4. Für die Zwönitz galt bereits die höchste Alarmstufe. Auch in Zwickau und im Landkreis Leipzig riefen die Behörden den Katastrophenfall aus. In Zwickau begann die Evakuierung eines Ortsteils. Das Wasser der Mulde war dort nur noch wenige Zentimeter von der Dammkrone entfernt. Quelle: dpa
Die Hochwasserstände vergangener Jahre sind im Zentrum von Grimma (Sachsen) in einer überschwemmten Straße an einer Mauer angezeichnet. Nach tagelangen Regenfällen ist die Lage an den Flüssen angespannt: Nach einer ruhigen Nacht stiegen die Pegelstände der Mulde allerdings wieder an. Es soll noch am Sonntag entschieden werden, ob es Evakuierungen geben wird. Quelle: dpa
Die Verschalungen eines Brückenneubaus in Hartenstein (Sachsen) brechen in den Fluten der Zwickauer Mulde weg. Im Hintergrund ist die Burg Stein zu sehen. Quelle: dpa
Auch auf dem Rhein wurde die Schifffahrt eingestellt: Wie hier unter der Rheinbrücke in Rheinfelden kam es in Baden-Württemberg zu vielen Überschwemmungen. Quelle: dpa

Der fehlende Nachschub an Zulieferteilen verdammte die 8000 Beschäftigten von VW in Zwickau in der Früh- und der Spätschicht am Montag zum Nichtstun. Denn das Motorenwerk in Chemnitz konnte seine Lieferung nicht über die Straßen bringen, weil diese gesperrt oder von Flut-Rettungskräften blockiert waren. Auch Hinterachsmodule, die vom VW-Hoflogistiker Schnellecke im benachbarten Glauchau vormontiert werden, konnten aus diesem Grund nicht in Richtung Zwickau verladen werden. Erst als die Zufahrtswege geräumt waren, lief die Fertigung wieder an. In der Nacht zum Dienstag konnten in Zwickau wieder Golf und Passat vom Band laufen. Besorgte Anrufer aus der Wolfsburger Zentrale, ob denn das Werk beschädigt sei, konnten die dortigen Manager beruhigen. Nein, die Werkshallen seien nicht überflutet, meldeten sie, auf dem Gelände seien sogar 170 flutgeschädigte Zwickauer untergebracht – VW als Volksarche gegen die zweite Sintflut in gut zehn Jahren.

Auch die Menschen können nicht zur Fabrik

Porsche in Leipzig, wo der sportliche Geländewagen Cayenne montiert wird, musste die Bänder am Mittwoch in der Spätschicht anhalten. Es fehlte an Karosserien für den Brummer: Das VW-Karosseriewerk im slowakischen Bratislava konnte die Blechteile nicht nach Leipzig spedieren, die Lkws steckten in Kolonnen fest. "Die Kette ist zerrissen", sagte ein Mitarbeiter achselzuckend.

Nicht nur Material, auch der Mensch blieb aus, weil das Wasser ihn stoppte. So kehrte beim Getränkeabfüllanlagen-Hersteller Krones in Oberbayern ungewohnte Stille ein. Die 950 Beschäftigten der Standorte Rosenheim und Raubling konnten trotz besten Willens nicht zur Arbeit kommen, weil die Straßen unpassierbar waren. Einen Tag brauchte es, bis die Fertigung wieder anlief. Die Produktionsausfälle sollen aufgeholt werden, heißt es bei Krones.

Von den Fluten vollständig verschont geblieben ist diesmal der Druckmaschinenbauer König+Bauer – dank sehr aufwendiger Schutzmaßnahmen nach der Hochwasserkatastrophe 2002. "Wir sind trocken geblieben", sagt ein Mitarbeiter erleichtert. Der Elbdeich unweit des Werkes ist in den vergangenen Jahren für 30 Millionen Euro so erhöht und verstärkt worden, dass er diesmal hielt. Auch die Ventile, die verhindern sollen, dass die braune Brühe aus der Elbe ins Werk schwappt, taten ihren Dienst und verhinderten Schäden am Werk.

Ähnliches Glück war den Nomos-Uhrenherstellern in Glashütte beschieden. Obwohl von den anschwellenden Bächen Müglitz und Prießnitz umgeben, blieben die Fertigungshallen trocken. Ein nahe gelegener Damm, 2002 beschlossen und jetzt noch nicht einmal ganz fertig, sorgte trotzdem dafür, dass Nomos die Funktionstüchtigkeit seiner wasserdichten Uhren nicht unfreiwillig unter Beweis stellen musste.

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