Der fehlende Nachschub an Zulieferteilen verdammte die 8000 Beschäftigten von VW in Zwickau in der Früh- und der Spätschicht am Montag zum Nichtstun. Denn das Motorenwerk in Chemnitz konnte seine Lieferung nicht über die Straßen bringen, weil diese gesperrt oder von Flut-Rettungskräften blockiert waren. Auch Hinterachsmodule, die vom VW-Hoflogistiker Schnellecke im benachbarten Glauchau vormontiert werden, konnten aus diesem Grund nicht in Richtung Zwickau verladen werden. Erst als die Zufahrtswege geräumt waren, lief die Fertigung wieder an. In der Nacht zum Dienstag konnten in Zwickau wieder Golf und Passat vom Band laufen. Besorgte Anrufer aus der Wolfsburger Zentrale, ob denn das Werk beschädigt sei, konnten die dortigen Manager beruhigen. Nein, die Werkshallen seien nicht überflutet, meldeten sie, auf dem Gelände seien sogar 170 flutgeschädigte Zwickauer untergebracht – VW als Volksarche gegen die zweite Sintflut in gut zehn Jahren.
Auch die Menschen können nicht zur Fabrik
Porsche in Leipzig, wo der sportliche Geländewagen Cayenne montiert wird, musste die Bänder am Mittwoch in der Spätschicht anhalten. Es fehlte an Karosserien für den Brummer: Das VW-Karosseriewerk im slowakischen Bratislava konnte die Blechteile nicht nach Leipzig spedieren, die Lkws steckten in Kolonnen fest. "Die Kette ist zerrissen", sagte ein Mitarbeiter achselzuckend.
Nicht nur Material, auch der Mensch blieb aus, weil das Wasser ihn stoppte. So kehrte beim Getränkeabfüllanlagen-Hersteller Krones in Oberbayern ungewohnte Stille ein. Die 950 Beschäftigten der Standorte Rosenheim und Raubling konnten trotz besten Willens nicht zur Arbeit kommen, weil die Straßen unpassierbar waren. Einen Tag brauchte es, bis die Fertigung wieder anlief. Die Produktionsausfälle sollen aufgeholt werden, heißt es bei Krones.
Von den Fluten vollständig verschont geblieben ist diesmal der Druckmaschinenbauer König+Bauer – dank sehr aufwendiger Schutzmaßnahmen nach der Hochwasserkatastrophe 2002. "Wir sind trocken geblieben", sagt ein Mitarbeiter erleichtert. Der Elbdeich unweit des Werkes ist in den vergangenen Jahren für 30 Millionen Euro so erhöht und verstärkt worden, dass er diesmal hielt. Auch die Ventile, die verhindern sollen, dass die braune Brühe aus der Elbe ins Werk schwappt, taten ihren Dienst und verhinderten Schäden am Werk.
Ähnliches Glück war den Nomos-Uhrenherstellern in Glashütte beschieden. Obwohl von den anschwellenden Bächen Müglitz und Prießnitz umgeben, blieben die Fertigungshallen trocken. Ein nahe gelegener Damm, 2002 beschlossen und jetzt noch nicht einmal ganz fertig, sorgte trotzdem dafür, dass Nomos die Funktionstüchtigkeit seiner wasserdichten Uhren nicht unfreiwillig unter Beweis stellen musste.