Joe Kaeser Siemens-Chef kontert Schulz-Kritik

SPD-Parteichef Martin Schulz hat die geplanten Entlassungen von Tausenden Mitarbeitern bei Siemens hart verurteilt. Jetzt stellt sich Konzernchef Joe Kaeser der Kritik – und schiebt den Schwarzen Peter der Politik zu.

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Siemens: Joe Kaeser schießt nach Martin Schulz' Kritik zurück Quelle: dpa

Düsseldorf In einem offenen Brief an Martin Schulz, der dem Handelsblatt vorab vorliegt, widerspricht Siemens-Chef Joe Kaeser der harschen Kritik des SPD-Parteichefs an den geplanten Entlassungen von Tausenden Mitarbeitern in der Kraftwerkssparte. Kaeser stellt in dem Brief den Vorwürfen von Schulz, der Konzern werde von „Manchester-Kapitalisten“ geführt und die Mitarbeiter müssten für „Managementfehler bluten“, einige „wichtige Fakten entgegen“, wie er schreibt.

Den Vorwurf, das Unternehmen sei ein „Staatsprofiteur“ kontert Kaeser mit dem Hinweis auf die hohen Steuerzahlungen des Konzerns. In der Tat habe die letzte Bundesregierung die gesamte Wirtschaft im Exportland Deutschland und auch Siemens zwar erfolgreich und umsichtig unterstützt. Siemens habe aber „allein in den letzten fünf Jahren über 20 Milliarden Euro an Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge an den deutschen Staat überwiesen“, schreibt der Vorstandschef.

„Managementfehler“ wie von Schulz behauptet, sieht Kaeser zudem nicht. Das schwierige „Energieerzeugungsgeschäft“ führt der Siemens-Chef vielmehr auf die „in der Sache richtige aber in Ausführung und Timing höchst unglücklich umgesetzte Energiewende“ zurück. Siemens kämpfe mit einem „Wettbewerbsnachteil, mit dem unsere Hauptwettbewerber mit ihren Regierungen nicht zu kämpfen haben – wir schon“, schreibt Kaeser weiter. „Vor allem, wenn es darum geht, die Fabriken auszulasten und Beschäftigung zu sichern.“

Die Probleme seien auch schon deshalb nicht hausgemacht, weil es den Wettbewerbern noch schlechter gehe. Es würde ihn interessieren, schreibt Kaeser an Schulz, „von Ihnen zu hören, welche ‚Managementfehler‘ Sie im Zusammenhang mit dem Energieerzeugungsgeschäft bei Siemens konkret sehen.“

„Überlegen, wer wirklich verantwortungslos handelt“

Kaeser verweist in seiner Replik sogar an die Verantwortung der SPD für das Land. „Vielleicht sollten Sie sich dabei auch überlegen, wer wirklich verantwortungslos handelt: Diejenigen, die absehbare Strukturprobleme proaktiv angehen und nach langfristigen Lösungen suchen, oder diejenigen, die sich der Verantwortung und dem Dialog entziehen.“ Diese Frage stelle sich ja gerade ganz aktuell in einer Zeit, in der es nicht nur die Belange einzelner Unternehmensteile bei Siemens, sondern um ein ganzes Land gehe. „Diese Frage hat ja auch bei der politischen Führung unseres Landes brennende Aktualität“, schreibt Kaeser.

Der Siemens-Chef schließt mit einem Gesprächsangebot und einer Einladung zu einem konstruktiven Dialog: „Dafür stehe ich Ihnen jederzeit gerne persönlich zur Verfügung.“

SPD-Parteichef Schulz hatte Siemens für die geplante Entlassung von Tausenden Mitarbeitern schwer kritisiert. „Dass durch Arbeitsplatzabbau die Effizienz des Unternehmens gesteigert wird, heißt übersetzt: Damit wir noch ein bisschen mehr Gewinn machen, schmeißen wir die Leute raus. Das ist asozial“, hatte Schulz an diesem Donnerstag am Rande einer Kundgebung gesagt. Zwei Tage zuvor hatte er den Arbeitsplatzabbau bereits als „völlig inakzeptabel“ bezeichnet und von „verantwortungslosen Managern“ gesprochen. „Wenn es hart wird, muss am Ende die Belegschaft bluten“, sagte er im Bundestag.

Siemens hatte zuvor angekündigt, wegen schlechter laufender Geschäfte in der Kraftwerks- und Antriebstechnik weltweit rund 6900 Jobs streichen zu wollen, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Zwei Standorte in den sächsischen Städten Görlitz und Leipzig mit zusammen 920 Arbeitsplätzen sollen geschlossen werden. Einschnitte sind auch in Berlin, Offenbach und Erfurt geplant.

Am Mittwoch protestierten Siemens-Mitarbeiter in Berlin anlässlich der traditionellen Betriebsrätekonferenz des Konzerns, zu der sich hunderte Arbeitnehmervertreter aus ganz Deutschland in einem Hotel eingefunden haben. Die IG Metall sprach von 2500 Teilnehmern.


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