Kältemittel-Streit EU will Verfahren gegen Deutschland vorantreiben

Nächste Runde im Kältemittel-Streit: Daimler weigert sich aus Sicherheitsgründen auch weiterhin, das Kältemittel 1234yf einzusetzen. Die EU hält das für illegal – und treibt nun ein Verfahren gegen Deutschland voran.

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Der deutsche Autobauer Daimler nutzt R1234yf nicht, weil das Unternehmen die Substanz für feuergefährlich hält. Quelle: dpa

Stuttgart Der Streit Deutschlands mit der EU über Kältemittel in Mercedes-Klimaanlagen steuert auf eine Auseinandersetzung vor Gericht zu. Die Kommission werde auf ihrer Sitzung am 24. September voraussichtlich beschließen, das Verfahren gegen Deutschland weiter voranzutreiben, erklärte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. Daimler weigert sich aus Sicherheitsgründen, in Neuwagen das klimaschonendere Kältemittel 1234yf einzusetzen, das derzeit allein nach geltendem EU-Recht zulässig ist. Mercedes-Modelle fahren weiter mit dem bisherigen Mittel 134a – nach Ansicht der Kommission ist das illegal.

Nach Eröffnung des Verfahrens im Januar verteidigte die Bundesregierung dieses Vorgehen. Die Argumente hätten die Kommission aber nicht überzeugt, erklärte ein Mitarbeiter der Behörde weiter. Die Kommission werde der Bundesregierung erneut eine Stellungnahme schicken. Dann läuft eine letzte Frist, in der die Regierung Daimler zur Umstellung auf das neue Mittel zwingen müsste.

Der ehemalige Industriekommissar Antonio Tajani hatte im Januar zudem von einem Rückruf von 130.000 Autos gesprochen. Geschieht das nicht, reicht die Kommission die Klage beim Europäischen Gerichtshof ein, der eine Geldstrafe verhängen könnte. Bis zu einem Urteil vergehen ein bis zwei Jahre.

Das Bundesverkehrsministerium war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Ein Sprecher der EU-Kommission wollte keinen Kommentar abgeben. Ein Daimler-Sprecher erklärte, das Unternehmen unterstütze die Behörde mit Informationen, falls das notwendig sei.


Daimler befürchtet Brandgefahr

Ziel der seit 2013 geltenden Richtlinie ist es, den Treibhausgasausstoß zu senken. Das von Honeywell und Dupont stammende Produkt 1234yf erfüllt bisher als einziges die gesetzlichen Kriterien. Zudem hatten sich die Autohersteller weltweit vor Jahren auf dessen Einsatz verständigt.

Eigene Tests von Daimler hatten ergeben, dass die neue Chemikalie bei einem Unfall einen Brand im Motorraum auslösen und gefährliche Säure austreten kann. Bei anderen Tests waren solche Folgen nicht festgestellt worden. Die Kommission ist so wie die Hersteller von der Sicherheit des Mittels überzeugt.

Neue Typ-Genehmigungen für Fahrzeuge müssen das klimaschonendere Mittel vorsehen. Andere Hersteller, die so wie Daimler auch zögern, nutzen für neue Modelle alte Typ-Genehmigungen und können so 134a weiter verwenden.

Daimler hatte sich für neue Modelle der A-, B- und SL-Klasse eine neue Typ-Genehmigung beim Kraftfahrt-Bundesamt besorgt, war nach den Tests aber nachträglich auf eine alte Genehmigung zurückgegangen. Das war nach Ansicht der Kommission ein Gesetzesverstoß. Die Bundesregierung ist anderer Auffassung und hält diese Praxis wegen des Restrisikos, das auch das KBA trotz gegenläufiger eigener Testergebnisse sieht, für gerechtfertigt.

Bis der Streit geklärt ist, könnte Daimler eine alternative Lösung gefunden haben. Die Stuttgarter entwickeln gerade eine Klimaanlage, bei der Kohlendioxid zum Einsatz kommt. Sie soll bis 2017, wenn nach einer Übergangsfrist 134a endgültig untersagt ist, fertig sein. Aber auch CO2 ist nach Ansicht von Experten nicht völlig risikofrei. Gelangt es in den Innenraum des Fahrzeugs, kann es den Fahrer benommen machen.

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