"Keine Zukunft in der Bundeswehr" Die wichtigsten Antworten zum G36

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Was Heckler & Koch und die Soldaten sagen

Wie reagiert der Hersteller Heckler & Koch?
Der deutsche Waffenhersteller ist bemüht, den Imageschaden einigermaßen zu begrenzen und beteuert, das Gewehr entspreche allen vereinbarten Anforderungen und sei zu hundert Prozent einsatzfähig. Das Unternehmen reagierte bislang in mehreren Stellungnahmen auf die Kritik am G36.

Darin wirft Hecker & Koch den Prüfern Versäumnisse bei den Tests vor. So seien die Beschusszyklus und Auswertungsmethoden „offensichtlich willkürlich geändert“ worden. Weil die Treffer-Ergebnisse in den Testszenarien viel schlechter ausgefallen seien als bei vorangegangenen Überprüfungen, „muss der neue Beschusszyklus erheblich verschärft, insbesondere beziehungsweise verkürzt worden sein“, heißt es aus dem Unternehmen.

Zudem kritisiert Heckler & Koch, dass bei den Tests statt des bauähnlichen leichten Maschinengewehrs (MG) 36 das als "Sonderwaffe" bezeichnete Schnellfeuergewehr HK416Bw als Vergleich herangezogen wurde. Letzteres schnitt offensichtlich besser ab als das G36. Das MG 36 war von der Bundeswehr Mitte der 90er Jahre formell in der Bundeswehr eingeführt worden. Vom G36 unterscheidet es sich laut Herstellerangaben nur durch die Dicke des Gewehrrohres. Die 4700 vorgesehenen Waffen wurden nie beschafft.

Die heißen Eisen unter den Rüstungsprojekten der Bundeswehr

Was sagen Rüstungsexperten zu der ganzen Misere?
Das G36 gilt eigentlich als solide Waffe, viele Rüstungsexperten nahmen die Sturmgewehre zuletzt gegen allzu harsche Vorwürfe in Schutz. Die Gewehre von HK seien „der Goldstandard“, sagte Florian Jordan, Sicherheitsexperte der Münchner Unternehmensberatung h&z, der WirschaftsWoche. Auch der Chef des Branchendienstes Griephan, Heinz Schulte, glaubt, das G36 sei für den Großteil der Soldaten ein „absolut adäquates Gewehr“. Zu diskutieren sei lediglich, ob Soldaten für bestimmte Aufgaben und Einsätze, die bei der Bestellung des G36 in den Neunzigerjahren nicht erwartet worden waren, einen anderen Mix an Waffen benötigen.

Das leichte G36 mit einem Gehäuse aus Kunststoff und mit dem Nato-Kaliber 5,56 mm galt manchen Soldaten und Experten von Beginn an als nicht durchschlagskräftig genug für bestimmte Kampfeinätze. Auch, dass die Waffe nicht für permanentes Dauerfeuer konzipiert ist, war bekannt.

Deshalb griff die Bundeswehr etwa in Afghanistan mitunter auf die Vorgängerwaffe G3 zurück. Grundsätzlich aber können viele Mitglieder der Truppe die große Aufregung nicht ganz nachvollziehen. „Das G36 ist unserer geringstes Problem“, sagt ein Offizier des Heeres im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Anderen Armeen und Polizei-Einsatzkräften setzten das G36 ebenfalls weltweit ein – offenbar ohne größere Probleme.

Wie schnell wird der ganze Trubel Konsequenzen haben?
Das ist noch nicht ganz abzusehen. Derzeit überlagert die politische Debatte in der öffentlichen Wahrnehmung die Frage, wie die deutschen Soldaten für ihre künftigen Aufträge ausgerüstet werden. Tatsächlich aber ist dies der entscheidende Punkt. Denn auch wenn das Planungsamt der Bundeswehr anmahnt, das G36 sei nur eingeschränkt einsatztauglich und sich Ministerin von der Leyen von dem Gewehr distanziert: aktuell gibt es keine Alternative. Wie schnell eine solche zu bekommen ist und wer mit einer neue Waffe ausgerüstet wird, ist nicht das klar.

Während das Planungsamt der Bundeswehr in dem vertraulichen G36-Gutachten fordert, zumindest für den Einsatz kurzfristig neue Gewehre als Übergangslösung anzuschaffen, bevorzugt das für die Ausrüstung zuständige Bundesamt eine mehrjährige Übergangslösung. Die Behörde empfiehlt, die Nutzungsdauer für das G36 über 2016 hinaus zu verlängern und auch Geld in die Instandhaltung zu stecken. Als Einsatz-Alternative könnte in diesem Fall weiterhin das Vorgänger-Gewehr G3 genutzt werden.

Mit Material von dpa

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