Klaus Kleinfeld "Diese Branche wird immer aggressiver"

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Trump will Rahmenbedingungen verbessern

Haben Sie das Donald Trump bei Ihrem Besuch im Weißen Haus auch so gesagt?
Ich glaube allen ist klar, auch Donald Trump, dass der freie Handel für mehr Wohlstand überall auf der Welt sorgt. Bei dem Gespräch im Weißen Haus – ich war am 23. Januar mit einem Dutzend weiterer US-Konzernchefs zum Frühstück eingeladen, um über Industriejobs in Amerika zu sprechen – war das aber nur ein Nebenthema.

Die ganze Wirtschaftswelt fürchtet eine neue Phase des Protektionismus – und bei einem Spitzentreffen im Weißen Haus mit Konzernlenkern ist das nur ein Nebenthema. Wie kann das sein?
Weil es ein Punkt von vielen ist, wenn auch ein wichtiger. Die öffentliche Debatte ist derzeit geprägt vom Freihandel. Aber gibt es weitere wichtige Themen. Die Steuern in den USA sind nicht wettbewerbsfähig. Hier nachzubessern, wie Trump verspricht, schafft Spielraum für Investitionen und neue Jobs. Gleiches gilt für den Abbau von Regulierungen; da hat sich in den vergangenen Jahren in den Vereinigten Staaten viel aufgestaut. Der neue Präsident hat versprochen, drei Viertel der unnötigen Beschränkungen aufzuheben. Selbst wenn es am Ende nur 50 Prozent werden, wäre das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Und denken Sie auch an den Plan zur Verbesserung der US Infrastruktur, notwendig und sehr begrüßenswert.

Und dann holen die US-Konzernchefs den Rechenschieber raus und sagen: Steuererleichterungen plus Bürokratieabbau hilft uns so sehr, dass wir die Angriffe auf den Freihandel dulden?
Da spitzen Sie reichlich zu. Ich habe mich immer für offene Grenzen eingesetzt. Das bleibt so. Zunächst einmal finde ich es positiv, wenn sich ein neuer Präsident in der ersten Woche im Job die Zeit nimmt, um über die Stärkung der Fertigungsindustrie in den USA zu reden. Und die Gespräche waren gut. Der neue Präsident hat zugehört, er hat interessiert nachgefragt und versprochen, die Rahmenbedingungen für die Industrie zu bessern.

Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet

Die Rahmenbedingungen stärkt man aber nicht durch die Einführung von Importzöllen.
Nein, das habe ich auch immer gesagt, schon in der zurückliegenden großen Konjunkturkrise, als die Versuchung der Staaten groß war, zu protektionistischen Maßnahmen zu greifen. Die neue Administration hat gerade erst mit dem Regieren angefangen. In meinem Verständnis hat sich Trump immer als Geschäftsmann und „Deal-Maker“ definiert. Viele Dinge, die er in die Welt wirft, sind der Anfang einer Verhandlung. So verstehe ich ihn jedenfalls.

Sie würden aber die Stimme erheben, wenn Donald Trump plötzlich Amerika abschottet und Strafsteuern auf mexikanische oder chinesische Produkte erhebt?
Ja, das habe ich auch schon früher. Aber: Donald Trump ist Geschäftsmann. Ich bin sicher, er kennt die Welt gut und hat verstanden, was Amerika nützt und was nicht. Die Vorteile des Freihandels liegen auf der Hand. Gleichwohl ist es so, dass sich jeder an die Spielregeln halten muss. Das tun längst nicht alle, übrigens auch nicht immer die Amerikaner und die Europäer. Und im Übrigen, muss man sehen, was wirklich umgesetzt wird. Da schauen wir sehr genau hin. Es gibt einen schönen Satz eines Journalisten: Trump’s Anhänger haben ihn ernst genommen, aber nicht wörtlich; seine Gegner wörtlich, aber nicht ernst. Darüber hinaus werden wir uns natürlich anschauen, was der neue Präsident wirklich umsetzt und werden dann entsprechend reagieren.

Sie haben weit vor Trump kräftig in den USA investiert. Ist das nicht Beweis, dass der Standort so attraktiv ist, dass er auch ohne Drohungen des Präsidenten auskommt?
Das ist absolut so. Wir haben in den letzten Jahren ungefähr drei Milliarden in die US-Standorte investiert. Wir haben unser Technologiezentrum bei Pittsburgh erweitert und etwa eine hochmoderne Metall-Pulverfertigung für Titan, Nickel, und Aluminium gebaut. Damit können wir Pulverlegierungen entwickeln und herstellen, die sich einzigartig besonders für den 3-D-Druck eignen. Das alles haben wir ohne Druck aus der Politik gemacht. Gleichwohl kann die Politik natürlich helfen und uns unterstützen.

Mit diesen Bossen hat Präsident Trump sich zuerst getroffen
Treffen im Roosevelt Room des Weißen Hauses Quelle: AP
Ehrenplatz an Trumps Seite: Wendell Weeks, Chef des Chemiekonzerns Corning, saß auf Trumps rechter Seite. Quelle: AP
Andrew Liveris Quelle: REUTERS
Ford-Chef Mark Fields Quelle: REUTERS
Der Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla, Elon Musk Quelle: dpa
Klaus Kleinfeld. Quelle: REUTERS
Chefin des Rüstungskonzerns Lockheed Martin, Marillyn Hewson Quelle: AP

Was erwarten Sie in diesem Punkt von Donald Trump – abseits der bereits angesprochenen Steuererleichterungen und des Abbaus von Bürokratie und Regularien.
Bei dem Gespräch im Weißen Haus habe ich auch angesprochen, wie wir die Ausbildung verbessern können. Das ist wichtig. Denn in den USA existiert droht ein Fachkräftemangel. Da gibt es hier einfach eine andere Tradition als etwa in Deutschland mit seiner hervorragenden Lehrlingsausbildung, die ihre Wurzeln im Mittelalter hat, oder dem dualen Studium. Das ist hier erst langsam am Entstehen. Wir bei Arconic arbeiten an vielen Standorten mit den lokalen Colleges zusammen. Wir helfen. Aber da gibt es oft riesigen Investitionsbedarf – und manchmal fehlt es auch an Einsicht, die Lehrpläne entsprechend dem Bedarf des Arbeitsmarkts zu ändern und Mitarbeitern die Weiterbildung zu erleichtern. Und mein Eindruck war: Dem neuen Präsidenten liegt es am Herzen, hier nachzubessern und die US-Amerikaner fit für das digitale Zeitalter zu machen. Das wollen wir auch, denn nichts ist wichtiger als qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu haben. Dagegen kann und sollte man nichts haben, nur weil es von Trump kommt.

Sie haben rund 22.000 Mitarbeiter in den USA. Davon werden viele einen Migrationshintergrund haben. Wie sehr hat der Muslim Ban von Donald Trump die Arbeit in den vergangenen Tagen belastet?
Es ist ein Einreiseverbot für sieben Länder, kein Muslim-Ban. Auch das ist schwierig. Unsere Personalabteilung ist mit den Mitarbeitern, die aus diesen sieben muslimischen Ländern kommen, in Kontakt. Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Angestellter von uns außer Landes ist und betroffen sein könnte. Offenbar gibt es aber einzelne Familienangehörige von Mitarbeitern, die betroffen sind. Da kümmern wir uns mit Hochdruck darum, dass das geklärt wird.

Wie erleben Sie als Deutscher in den USA, der sich hier immer wohlgefühlt hat, dass plötzlich zwischen Menschen differenziert wird.
Ich habe die Offenheit der USA immer genossen und bewundert. Und ich glaube, beide Seiten haben davon profitiert. Die Vereinigten Staaten haben immer Talente aus aller Welt angezogen. Das ist ganz entscheidend, weil wir – wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen – die bestmöglichen Mitarbeiter brauchen. Die USA stehen wie kaum ein zweites Land auch für die Religionsfreiheit. Und die sollten wir verteidigen – auch in Zeiten einer erhöhten Terrorgefahr.

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