KMW fusioniert mit Nexter Das Ende der rein deutschen Waffenbranche

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Berlin hat sich mit der Fusion arrangiert

Das dürfte mit Kant jetzt anders werden. Dann könnte Airbus etwa sein Radargeschäft an die teilstaatliche Thales aus Frankreich verkaufen. Thyssen hätte beim Marinegeschäft gar die Wahl zwischen der französischen Staatswerft DCNS, BAE Systems aus Großbritannien oder dem US-Riesen Lockheed Martin. Und auch Rheinmetall könnte für sein Panzergeschäft zwischen mehreren Optionen wählen. Zum einen könnten die Düsseldorfer mit Patria aus Finnland und Oto Melara einen europäischen Verbund aufbauen oder mit dem weltgrößten Panzerbau General Dynamics aus den USA kooperieren: entweder mit deren spanischen Tochter Santa Bárbara Sistema, die an vier Orten unter anderem die Leopardo 2E genannte Version des deutschen Leopard baut, oder gleich mit der Muttergesellschaft aus Falls Church bei Washington. "Wenn wir bei der Kriegswaffe Panzer Franzosen akzeptieren, können wir bei weniger kritischen Dingen wie Schiffen oder Elektronik kein Unternehmen aus einem Nato-Land ablehnen", sagt ein Branchenkenner. "Alles andere wäre ein Affront mit diplomatischen Verwicklungen."

Wer an den Rüstungsdeals verdient
Rang 10 - Iris-T (Diehl) Quelle: Handelsblatt Online
Rang 9 – Korvette 130 (Thyssen-Krupp) Quelle: dpa/dpaweb
Rang 8 – Transportfahrzeug Boxer (KMW, Rheinmetall, MAN) Quelle: dpa
Rang 7 – Fregatte 125 (Thyssen-Krupp, Lürssen, Tognum/ Rolls Royce) Quelle: Handelsblatt Online
Rang 6 – PUMA Schützenpanzer (Rheinmetall, KMW, Diehl, Togum/Rolls Royce) Quelle: dapd
Rang 5 - Mehrzweckhubschrauber Tiger (Airbus/ MTU) Quelle: dpa
Rang 4 – NH90 (Airbus, Finmeccanica, Storck) Quelle: dpa

Offiziell will die Bundesregierung von diesem Wandel durch unternehmerische Annäherung nichts wissen. "Ich gehe davon aus, dass bei Kant kein Unterlaufen deutscher Exportgrundsätze möglich wird", sagt Matthias Machnig, Staatssekretär im für Waffenausfuhren zuständigen Bundeswirtschaftsministerium. Immerhin verkündete er gerade stolz, der Wert der Rüstungsausfuhren läge dank der restriktiven Regeln seines Hauses 2014 ein Drittel unter Vorjahr.

Kompromiss bei den Exportregeln

Doch tatsächlich hat sich die Bundesregierung längst mit Kant und den Folgen arrangiert. "Wenn wir dem Deal hätten widersprechen wollen, wäre das längst passiert", heißt es in Berliner Regierungskreisen.

Darum sagt der Leiter der für den Einkauf der französischen Armee zuständigen Agentur DGA, Laurent Collet-Billon: "Uns ist bei Nexter KMW ein Kompromiss über die Exportregeln gelungen." Basis ist eine deutsch-französische Einigung der damaligen Verteidigungsminister Helmut Schmidt und Michel Debré aus dem Jahr 1972. "Keine der beiden Regierungen wird die andere hindern, Rüstungsgüter aus gemeinsamer Entwicklung oder Fertigung auszuführen", zitieren Insider das aus politischen Gründen nie veröffentlichte Papier. "Das ist für Frankreich zentral", sagt die Vorsitzende des französischen Verteidigungsausschusses, Patricia Adam.

Um Deutschland nicht zu sehr in Verlegenheit zu bringen, erwarten Insider Kompromisse aus Paris, wie den Verzicht auf allzu kritische Aufträge. "Die starten sicher nicht mit Panzerlieferungen an Saudi-Arabien, weil Deutschland da widersprechen müsste", sagt Jean-Pierre Maulny, stellvertretender Direktor des Pariser Instituts für internationale und strategische Beziehungen. Zudem könne Frankreich damit leben, dass in bestimmte deutsche Technologien nur deutsche Manager Einblick haben.

Doch das dürfte sich mit der Zeit abschleifen. "Wenn sich die Öffentlichkeit an Kant gewöhnt hat und vielleicht am Ende gar die Familie Bode aussteigt, werden die Unterschiede zu anderen französischen Rüstungsunternehmen verschwinden", erwartet ein Branchen-Insider aus Frankreich.

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