Krauss-Maffei Wegmann Airbus des Bodens

Die Fusion des deutschen Panzerbauers mit Frankreichs Nexter gelingt nur, wenn Berlin die Ausfuhr nicht behindert – eine Nagelprobe für Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und das Verhältnis zum westlichen Nachbarn.

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Partner gesucht. Parade mit Nexter-Panzern in Paris Quelle: AP

Erst verhandelten sie viele Jahre. Dann einigten sich die Regierungschefs und Bosse, ihre Rüstungskonzerne schrittweise zu einem europäischen Champion in dieser Waffengattung zu fusionieren. Und um keine nationalen Gefühle zu verletzen, gaben sie dem neuen Konzern einen neutralen Namen mit vier Buchstaben: EADS.

Das Unternehmen, 2000 von Deutschen und Franzosen gegründet, heißt seit Januar Airbus Group. Dem Vorbild des Luft- und Raumfahrtriesen will seit Anfang der Woche „Kant“ folgen. So heißt der geplante Zusammenschluss des Panzerbauers Krauss-Maffei Wegmann (KMW) aus München und des staatlichen französischen Wettbewerbers Nexter.

Europas größte Rüstungsfirmen und ihre möglichen Fusionen (zum Vergrößern bitte anklicken).

Für ihr Projekt warben die Partner damit, sie würden mit einer Art Airbus des Bodens den europäischen Panzerbau retten. Am Ende, so KMW-Chef Frank Haun laut einer Erklärung, sei Kant „entscheidend für die Konsolidierung der wehrtechnischen Industrie Europas“. Kurt Lauk, Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, sieht in Kant gar „nur den ersten Schritt von einer ganzen Reihe anderer Schritte in der gleichen Industrie“. Kein Wunder, dass Frankreichs Minister für Wirtschaft, Finanzen und Verteidigung den frisch Verlobten sogleich ihre Glückwünsche aussprachen.

Auf unsicherem Fundament

Die kommen etwas verfrüht. Denn sowohl politisch als auch betriebswirtschaftlich steht die geplante Hochzeit auf unsicherem Fundament. „Die Fusion verschafft KMW und Nexter bestenfalls mehr Zeit, sich besser für die Zukunft aufzustellen“, sagt Heinz Schulte, Chef des Informationsdienstes Griephan und intimer Kenner der Rüstungsbranche. Im Klartext: Wenn es gut läuft, reicht die Zeit mit Ach und Krach, um die Kosten zu senken und gemeinsam neue konkurrenzfähige Waffen zu entwickeln.

Politisch ist der Deal längst noch nicht durch, weil ein Zusammengehen mit Nexter für KMW nur dann einen wirklich großen Charme hat, wenn die Deutschen auf diese Weise die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) angekündigte restriktivere Rüstungsexportpolitik parieren könnten. „Die Hoffnung ist die Verbindung aus deutschem High Tech und dank des französischen Staats lockerer Ausfuhrbedingungen“, so der Hamburger Rüstungsexperte Heinrich Großbongardt. „Dreh- und Angelpunkt des Deals ist deshalb die Möglichkeit für KMW, künftig vermehrt ins Ausland verkaufen“ zu können. „Alles andere“, so ein Insider, „wäre den ganzen Zirkus nicht wert.“

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Sollbruchstelle Export

In der Richtung äußerte sich Frankreichs Verteidigungsministerium unzweideutig. „Es muss eine für alle zufriedenstellende Lösung gefunden werden“, sagte ein Sprecher auf Anfrage der WirtschaftsWoche und stellte klar: „Das ist zugleich die Bedingung für den Zusammenschluss.“ Damit liegt eine mögliche Sollbruchstelle der geplanten Fusion fest: Zwingt Wirtschaftsminister Gabriel dem Gemeinschaftsunternehmen seine restriktive deutsche Exportpolitik über die deutsch-französische Grenze hinweg auf, könnte der Deal sogar noch scheitern.

Das würde vermutlich eine europäische Krise auslösen. „Damit hätte Angela Merkel dann die sonst von Deutschland immer beschworene Konsolidierung der europäischen Rüstungsbranche schon zum zweiten Mal behindert“, sagt Großbongardt. Denn 2012 verhinderte die Kanzlerin den Zusammenschluss der Airbus Group mit der britischen BAE Systems, die Konzernchef Tom Enders vorangetrieben hatte.

Die Gefahr ist real. Denn in keiner Firmenfusion der vergangenen Jahre ist der Gegensatz zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und weltanschaulich geprägter Politik derart hart wie beim deutsch-französischen Panzerdeal.

Auf der einen Seite steht Gabriel, der sein politisches Profil bevorzugt über strengere Exportkontrollen gerade bei Schusswaffen und Panzerfahrzeugen schärfen will. Auf der anderen Seite braucht die Rüstungsindustrie dringend Exporte, weil angesichts der rückläufigen Waffenbestellungen ihrer Heimatländer die Umsätze sinken.

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