Krauss-Maffei Wegmann Airbus des Bodens

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Den Fortschritt verschlafen

KMW und Nexter haben die Verhandlungen laut Insidern bereits vor gut zwei Jahren aufgenommen – lange vor Gabriels Amtsantritt. Denn beide Unternehmen leiden deutlich mehr als andere Rüstungsschmieden unter fehlenden Aufträgen. Zum einen zählen beide zu den wenigen Unternehmen der Branche, die noch ausschließlich vom rückläufigen Waffengeschäft leben. Zum anderen haben sie den Strukturwandel im Geschäft mit Schießwaren verschlafen. Beide fertigen statt moderner Waffentechnologie vor allem klassisches schweres Gerät und haben kaum den Schritt ins Ausland gewagt.

Der Düsseldorfer Wettbewerber Rheinmetall etwa verkauft auch intelligente Munition und arbeitet an Zukunftstechnik wie Drohnen. Dazu erwirtschaftet er gut die Hälfte seines Umsatzes mit Kriegsgerät aus Fabriken außerhalb Deutschlands.

Panzerpartner haben einen Plan B

KMW und Nexter hingegen tun sich gerade beim Export schwer. Die Franzosen können zwar als Staatsbetrieb uneingeschränkt auf Vermarktungshilfen ihrer Regierung bauen. Doch die Kampfwagen aus dem Pariser Vorort Versailles gelten technisch als zweite Wahl. Das Manko könnten die Deutschen etwa durch ihre Elektronik, Getriebe der MAN-Tochter Renk oder die Kanone für ihren Leopard 2 von Rheinmetall ausgleichen. Immerhin haben diese Glanzstücke hiesiger Waffenkunst schon früher Nexters Leclerc-Panzer aufgemöbelt.

Bei KMW ist es genau anders herum. Die Münchner bauen mit dem Puma oder der Haubitze 2000 die technisch besten Panzer. Doch wegen der traditionell strengen deutschen Ausfuhrregeln dürfen sie die noch nicht mal uneingeschränkt in Partnerstaaten aus der Nato liefern.

China holt im weltweiten Waffenhandel auf
Ein Panzer bei einer Militär-Parade in Venezuela Quelle: dapd
Menschen hängen eine algerische Flagge auf Quelle: REUTERS
Die deutsche Fregatte "Hessen" Quelle: dpa/dpaweb
 Die griechische Fregatte Salamis und zwei kleinere Marine-Schnellboote Quelle: dpa/dpaweb
Drei F/A-18 Kampfflugzeuge Quelle: REUTERS
Ein Soldat schaut durch das Zielkreuz eines Maschinengwehrs Quelle: dpa/dpaweb
Ein chinesisches U-Boot taucht ab Quelle: dapd

Zum Schwur könnte es bald kommen. Laut Insidern verhandeln beide Partner bereits über neue Aufträge. Nachdem die Fusion Airbus-BAE vor zwei Jahren an unversöhnlichen persönlichen Animositäten zwischen Airbus-Chef Tom Enders und Merkels Beauftragtem für Luft und Raumfahrt Peter Hintze scheiterte, haben die Panzerpartner offenbar einen Plan B im Köcher. In französischen Rüstungskreisen kursieren bereits Vorschläge, wie der neue Verbund mehr exportieren und Deutschland trotzdem das Gesicht wahren könnte.

Der Bund wird französisch

So könnte die Bundesregierung eine nicht zu lange Ausschlussliste mit Ländern erstellen, in die sie absolut keinen Export deutscher Technologie wünscht. In den Produkten für diese Länder würde der Verbund Nexter-KMW dann die nötige Technik mithilfe deutscher Ingenieure in seinen französischen Labors verbessern und anschließend auch in Frankreich produzieren.

Die Fachbeamten im Wirtschaftsministerium rechnen sogar damit, dass Neuentwicklungen komplett in Frankreich entstehen könnten. Mittelfristig sei also der Abbau von Arbeitsplätzen an deutschen Standorten nicht auszuschließen.

„Das würde wohl die Beziehungen zwischen KMW und der Bundesregierung verschlechtern und auch die Beziehungen Deutschland/Frankreich belasten“, meint Jean-Pierre Maulny, Verteidigungsexperte der Forschungseinrichtung Institut de Relations Internationales et Stratégiques. Doch der Krach wäre deutlich geringer und für Gabriel leichter seinen Parteigenossen zu vermitteln, denn der neue Verbund wird wohl ohnehin über kurz oder lang französisch, weil Frankreich im Gegensatz zu Deutschland seine Rechte über eine goldene Aktie mit Sonderrechten wahren will.

Klar ist: Der Panzer-Hickhack rückt die von vielen erträumte dritte franko-allemannische Partnerschaft zwischen den Schiffbauern von ThyssenKrupp und der staatlichen französischen Werft DCNS als „Airbus der Meere“ weiter in die Ferne. Dazu müsste Deutschland seine Überlegenheit beim U-Boot-Bau oder Frankreich seine führende Rolle bei Flugzeugträgern und Fregatten teilen. „Dafür gibt es derzeit keine Anzeichen“, sagt Experte Schulte.

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