K+S Norbert Steiner und die drei Fragezeichen

Seinen Gewinn konnte der Kasseler Rohstoffkonzern K+S im vergangenen Jahr kräftig steigern. Ansonsten durchläuft das Unternehmen gerade heftigste Turbulenzen.

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K+S-Chef Steiner muss Fragen beantworten. Quelle: dpa

Es ist eine der wenigen guten Nachrichten für die Aktionäre: Seinen operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern konnte K+S im vergangenen Jahr von rund 640 Millionen Euro (2014) auf rund 800 Millionen Euro steigern. Wie hoch das Ergebnis genau ausgefallen ist, wird Vorstandschef Norbert Steiner bei der Bilanzvorlage am 10. März bekanntgeben. Bei einem Umsatz von rund vier Milliarden Euro ergibt dies eine hübsche Marge von etwa zwanzig Prozent.

Ansonsten schlittert der Kali- und Salzproduzent, der die oberste Börsenliga Dax-30 bald verlassen muss, gerade durch heftigste Turbulenzen. Aktionäre meutern, Umweltschützer klagen, Analysten sorgen sich um die gesunkenen Kalipreise. Aber der Reihe nach. Es sind vor allem drei Fragen, die sich jetzt stellen und die Steiner bald beantworten muss.

Was wird aus der Aktie?

Eigentlich hatte der 61-Jährige Jurist Steiner seinen Anlegern  rosige Zeiten versprochen. Im Sommer vergangenen Jahres hatte Steiner noch ein Übernahmeangebot des kanadischen Konkurrenten Potash abgelehnt, da der vorgeschlagene Kaufpreis von 41 Euro je Aktie, so Steiner seinerzeit, „den fundamentalen Wert von K+S nicht angemessen reflektiert.“ Nur: Seitdem die Kanadier ihr Angebot schließlich im Oktober zurückzogen, fällt die K+S-Aktie immer weiter und notiert derzeit bei etwa 20 Euro. Der Frustpegel bei den Aktionären steigt.

„Wir haben schon etliche Anfragen erboster Aktionäre, die über die Vernichtung ihres Aktienwertes klagen“, sagt Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, die etliche Privatanleger vertritt; die stellvertretende DSW-Hauptgeschäftsführerin Jella Benner-Heinacher sitzt zudem im Aufsichtsrat von K+S. Bis zur Hauptversammlung am 11. Mai dürfte der Widerstand der Aktionäre gegen das Top-Management noch zunehmen, erwartet Hechtfischer. Steiner ist es bislang nicht gelungen, die Aktionäre von den Vorteilen einer eigenständigen K+S-Strategie zu überzeugen. Gerne verweist Steiner auf eine geplante Großmine in Kanada, die ab 2018 positive Beiträge zum Ergebnis liefern soll.

Eine Konsequenz hatte der gesunkene Aktienkurs bereits: K+S muss nun den Börsen-Eliteindex Dax verlassen – zugunsten des Medienunternehmens ProSiebenSat1.

Hat K+S seine Umweltprobleme  im Griff?

Bei der Produktion von Salz fallen Abfälle an. Die Frage ist, wie sauber K+S dabei gearbeitet hat. Die Staatsanwaltschaft im thüringischen Meiningen erhebt schwere Vorwürfe: K+S-Manager und Behördenmitarbeiter hätten gemeinschaftlich Gewässer verunreinigt, indem sie 9,5 Millionen Kubikmeter Kalisalzlauge von 1999 bis 2007 in der Region rund um Gerstungen illegal entsorgt hätten. Die WirtschaftsWoche berichtete zuerst darüber. K+S hält die Vorwürfe für unbegründet und verweist auf eine rechtmäßige Genehmigung. K+S will sich nicht zur Anklageschrift äußern, solange sie nicht in öffentlicher Verhandlung erörtert worden oder das Verfahren abgeschlossen sei.

Steiner und Bethke drohen bis zu zehn Jahre Haft

Laut der Anklageschrift stehen  K+S-Chef Steiner, sein Aufsichtsratsvorsitzender Ralf Bethke, ein ehemaliges K+S-Vorstandsmitglied und fünf weitere teils ehemalige K+S-Mitarbeiter im Zentrum der Anklage. Ihnen wirft der Staatsanwalt vor, aus Gewinnsucht gehandelt zu haben. So sollen Steiner und Bethke alternative Entsorgungsmöglichkeiten bewusst ausgeschlagen haben, weil die Verpressung der Kalisalzlauge unter die Erde wohl der billigste Weg war. Um die Genehmigung zur Versenkung der Salzlauge zu erlangen, sollen sie etwa Druck auf Behördenvertreter ausgeübt haben.

Im Fall einer Verurteilung drohen Steiner und Bethke bis zu zehn Jahre Haft.

Gleichzeitig verlangt die Staatsanwaltschaft, die Einnahmen abzuschöpfen, die K+S erzielt haben soll, weil das Unternehmen durch die Versenkung der Lauge offenbar mehr Kalidünger produzieren konnte. Den Marktwert des Düngers beziffert die Anklage auf 325 Millionen Euro. Das entspräche fast dem Gewinn von K+S 2014 von 366 Millionen Euro.

K+S verweist darauf, dass eine  fortlaufende Prüfung durch eine externe Kanzlei im Auftrag des Unternehmens ergeben hat, dass keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten vorliegen. Das Unternehmen sieht vor diesem Hintergrund keine Notwendigkeit, finanzielle Vorsorge – beispielsweise in Form von Rückstellungen – zu treffen.

Wie weit sinkt der Kalipreis noch?

Zuletzt notierte der Preis für das K+S-Hauptprodukt Kali bei unter 300 Dollar je Tonne. Im dritten Quartal 2015 waren es immerhin noch 337 Dollar je Tonne. Und in ganz fernen Zeiten, so vor sieben, acht Jahren notierte der Kalipreis auch schon mal bei knapp 1000 Dollar.

Weil die Bauern aktuell weniger Geld etwa für Weizen bekommen, halten sie sich nun mit der Nachfrage nach Kali-Düngemitteln zurück. Zudem steckt mit Brasilien eines der wichtigsten Abnehmerländer in der Krise.

Angesichts des Preisverfalls gibt sich K+S-Chef Steiner gelassen: „Wir haben stets unter Beweis gestellt, dass wir auch mit vorübergehenden Phasen sinkender Preise umgehen können“, sagte er im Februar in einem Interview mit der Agentur Dow Jones. Steiner verweist auf die Situation im Jahr 2007. Damals lagen die Kalipreise auch niedrig, K+S hat damals knapp 300 Millionen Euro verdient. Heute liegt der operative Gewinn bei etwa 800 Millionen Euro.

Zudem will K+S das weniger konjunkturabhängige Salzgeschäft ausbauen. Eine solche Gelassenheit teilen nicht alle.  „Da jedoch der Kalipreis fällt, stellt sich die Frage, ob sich die geplante kanadische Großmine Legacy überhaupt noch rechnet“, sagt DSW-Geschäftsführer Hechtfischer. K+S hält freilich unverändert an der Mine fest.

Nachtrag:

Das Oberlandesgericht Jena hat im Februar 2018 festgestellt, dass die von der Staatsanwaltschaft Meiningen im September 2015 durchgeführten Untersuchungen und Beschlagnahmungen in Geschäfts- und Privaträumen im Zusammenhang mit der Versenkung in der Gerstunger Mulde rechtswidrig waren. Damit sind das Unternehmen sowie die beschuldigten Personen, darunter der ehemalige Aufsichtsratschef Dr. Ralf Bethke sowie der frühere Vorstandsvorsitzende Norbert Steiner vollständig rehabilitiert worden. Der Beschluss bestätigt erneut, dass sämtliche Vorwürfe von Anfang an unbegründet und die erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse rechtmäßig waren. Das Verfahren ist damit endgültig abgeschlossen. 

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