K+S Weihnachtsfrieden im Kampf ums Trinkwasser

Logo von K+S. Quelle: dpa

Der Düngemittelkonzern legt einen jahrelangen Rechtsstreit mit einer Gemeinde in Thüringen bei. Damit räumt CEO Burkhard Lohr ein Problem aus dem Weg, das seinen Vorgänger fast vor den Richter gebracht hätte.

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Das gallische Dorf hat Frieden geschlossen. Die thüringische Gemeinde Gerstungen hat sich mit dem Kasseler Salz- und Düngemittelkonzern K+S auf eine gemeinsame Vorgehensweise zur Sicherung des Trinkwassers geeinigt. Damit endet ein jahrelanger Rechtsstreit um die Salzabfälle des Konzerns, der den früheren K+S-Chef Norbert Steiner um ein Haar vor Gericht gebracht hätte, und der sich für den Konzern zum PR-Desaster auswuchs.

Burkhard Lohr, der seit Mai den M-Dax-Konzern führt, hat die Umweltprobleme von K+S endlich ernst genommen. Wo sein Vorgänger noch sämtliche Umweltschützer entlang des Flusses Werra, in den K+S seine Salzabfälle einleitet, gegen sich aufbrachte, setzt Lohr neue Akzente. Statt seine Rechtsabteilung vorzuschicken, griff Lohr selbst zum Telefon und nahm die Verhandlungen mit Gerstungen und anderen Kritikern auf. Den Dax-Absteiger K+S hat Lohr damit zwar noch nicht auf Wachstumskurs gebracht. Allerdings hat er ein Problem aus dem Weg geräumt, das der Konzern viel zu lange unterschätzt hat.

Es ist eine Binse, dass der Abbau von Rohstoffen nicht ohne massive Eingriffe in die Natur zu haben ist. Wer sich beim Kalisalzbergwerk von K+S im hessisch-thüringischen Grenzgebiet  umsieht, merkt das deutlich: Die Salzabfälle türmen sich dort so hoch, dass das lokale Tourismusbüro sogar Bergtouren auf die Salzberge anbietet. Die idyllische Werra ist von den Salzabfällen des Konzerns so getränkt, dass sie an manchen Abschnitten einer Lauge gleichkommt. Und unter der Erde schlummern Millionen von Kubikmetern Salzabfall, die K+S und seine Vorgänger dort jahrzehntelang entsorgt haben. Wenig verwunderlich, dass die zwischen diesen Abfällen liegende Gemeinde Gerstungen um ihr Trinkwasser bangt.

Dass es auch Alternativen und technische Lösungen gibt, mit denen sich die Salzabfälle weniger schädlich reduzieren lassen, ignorierte K+S die längste Zeit. Nur zögerlich entschied sich der Kasseler Konzern für eine aufwendige technische Anlage, die den Salzgehalt der Abfälle verringert. Anstatt Alternativen für die sogenannte Verpressung der Salzabfälle in tiefe Gesteinsschichten zu suchen, lieferte sich die damalige Konzernspitze erbitterte Rechtsstreitigkeiten mit den betroffenen Gebieten.

Was die früheren K+S-Manager dabei übersehen hatten, war der Bewusstseinswandel, der Deutschland in Zeiten der Energiewende längst erfasst hatte. In einem Land, in dem jeder Rotmilan protokolliert wird, der in ein Windrad gerät, werden auch Hunderte Meter hohe Berge aus Salzabfall und Salzabfälle unter der Erde nicht mehr so einfach hingenommen. Und das ist auch gut so. Denn eine mögliche Verunreinigung des Trinkwassers ist eben kein Kavaliersdelikt, sondern eine schwere Straftat. Alleine die Möglichkeit, dass eine solche bestehen könnte, muss in einem Konzern sämtliche Alarmglocken schrillen lassen.

Lohr hat dieses Schrillen nun endlich vernommen.  Den 6000 Bürgern von Gerstungen sicherte er zu, ihre Trinkwasserversorgung zu sichern. Wie viele Millionen Euro das Projekt kosten wird, wollten weder Gemeinde noch Konzern verraten. Das Geld dürfte jedoch doppelt gut investiert sein: Mit dem Umweltschutz stärkt K+S auch seine Reputation.

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