Künftiger Covestro-Chef Steilemann „Wir sitzen mit der Waffe auf dem Hochsitz“

Covestro verdient weiter prächtig. Der künftige Vorstandschef Markus Steilemann will den Kunststoffhersteller mit Zukäufen stärken und das Portfolio umbauen. Wenn er antritt, könnte Covestro in den Dax aufrücken.

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Der Manager rückt spätestens im kommenden Jahr auf den Chefsessel bei Covestro. Quelle: Bert Bostelmann für Handelsblatt

Düsseldorf Wenn die Bayer AG am Donnerstag ihre Zahlen fürs zweite Quartal vorlegt, ist Licht und Schatten gewiss. Wegen Problemen im Brasiliengeschäft der Agrarchemiesparte Crop Science musste der Konzern bereits die Gewinnprognose für 2017 senken. Da ist es für Bayer umso wichtiger, dass die anderen Geschäfte gut laufen – selbst wenn sie gar nicht mehr zum Kern gehören.

Dazu zählt vor allem die ausgegliederte Kunststofftochter Covestro. An der hält Bayer nach mehrmaligen Anteilsverkäufen zwar nur noch 41 Prozent, sie wird aber von dem Leverkusenern Dax-Konzern weiterhin voll konsolidiert. Und das macht sich bezahlt: Schon jetzt ist klar, dass Covestro auch im zweiten Quartal Stütze und Treiber des Bayer-Gewinns sein wird.

Die Kunststofftochter hat ein erfolgreiches Quartal hinter sich. Von April bis Ende Juni stieg der Betriebsgewinn (Ebitda) um 57 Prozent auf 848 Millionen Euro, der Umsatz legte um 17 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro zu. Die Ergebnisse lagen deutlich über den Erwartungen der Analysten, dennoch gab die Aktie leicht nach. Die Investoren fragen sich, wie lange Covestro die nun seit der Ausgliederung im September 2015 andauende Erfolgsphase weiterführen kann.

Markus Steilemann gibt sich da optimistisch. „Wir spüren einen weiterhin starken Bedarf in all unseren Kundenindustrien“, sagt er im Gespräch mit dem Handelsblatt und verweist auf die gute Lage in der Automobil- , Elektronik- und Bauindustrie. Der 1970 geborene Chemiker ist im Covestro-Vorstand für Innovation, Marketing und Vertrieb zuständig. Seine Position ist herausgehoben: Steilemann ist als Nachfolger des langjährigen Vorstandschefs Patrick Thomas nominiert. Spätestens im Herbst 2018 rückt er auf den Spitzenposten. In der Branche wird spekuliert, dass dieser Schritt schon früher vollzogen wird.

Covestro hat zwei große Kunststoff-Kerngeschäfte, in denen der Konzern Weltmarkführer ist: Polyurethan, das etwa für Schäume in Matratzen, Autositzen und im Bau verwendet wird, sowie Polycarbonat, ein transparenter Kunststoff, der in der Medizin, Sportausrüstung oder für Autoscheinwerfer verwendet wird.

In beiden Segmenten sind die Produktions-Kapazitäten von Covestro derzeit annähernd voll ausgelastet – wie auch bei den Konkurrenten. Deswegen konnte der Hersteller die Preise kräftig erhöhen. In der Polyurethan-Sparte führte die Marktlage zu einem ungewöhnlichen Effekt: Die Absatzmengen sanken, weil Vorprodukte fehlten. Der Gewinn hingegen kletterte um 144 Prozent auf 556 Millionen Euro.


Portfolio soll weiter umgebaut werden

Die Produktionsengpässe will Covestro nun mit weiteren Investitionen lösen. Laut Steilemann geht es dabei nicht um die große, neue Anlagen, sondern um Erweiterungen. Dies sei zeitlich schneller umzusetzen. Zugleich hält sich Covestro damit flexibel. Denn es ist offen, wie lange die hohe Auslastung der Anlagen bestehen bleibt.

Wettbewerber wie BASF, Wanhua aus China oder Sabics am Persischen Golf kommen nach und nach mit neuen Kapazitäten an den Markt, was für Preisdruck sorgen könnte. Das macht Steilemann nicht bange. Man berechne die Marktentwicklung sehr konservativ, erläutert er, und fühle sich deshalb mit den Prognosen sehr wohl. Ziel ist es, das Ebitda in diesem Jahr deutlich zu steigern.

Die Zukunft von Covestro sieht Steilemann in einem weiteren Umbau des Portfolios. Der Konzern hat sein Geschäft in den vergangenen Jahren nach und nach auf Produkte umgestellt, die stabiler nachgefragt werden und eine höhere Marge abwerfen. So wurde Polycarbonat vor Jahren noch hauptsächlich für die Herstellung von CD-Hüllen verkauft, was heute nur noch ein Randgeschäft ist. Der transparente Kunststoff kommt dagegen heute verstärkt in der Medizintechnik zum Einsatz.

Auf solche lukrative und widerstandsfähige Anwendungen werde sich Covestro weiter umstellen, sagte Steilemann. Auch Übernahmen stünden weiterhin auf der Agenda des Vorstands, unterstrich er. In den beiden großen Segmenten kann Covestro wegen der starken Marktposition kaum zukaufen. Im dritten Segment hingegen schon, also in der so genannten CAS-Sparte, die Inhaltsstoffe für Lacke und Kleber herstellt. Steilemann umschreibt die derzeitige Suche nach Akquisitionsmöglichkeiten so: „Wir sitzen mit geladenem Gewehr auf dem Hochsitz. Aber es hat sich noch kein Wild gezeigt.“

Covestro suche nicht allein nach neuen Materialien, sondern halte nach innovativen Technologien und Patenten Ausschau, erläutert Steilemann. Übernahmen bis zu einer Größenordnung von einer Milliarde Euro seien für den Konzern durchaus machbar.

Wenn Steilemann im kommenden Jahr an die Covestro-Spitze rückt, könnte ihm dazu ein besonderes Geschenk gemacht werden. Der Kunststoffhersteller gilt als aussichtsreicher Kandidat für den Aufstieg in den Dax. Weil sich Bayer mittelfristig von seinen Anteilen an Covestro trennen wird, würde der Aktien-Streubesitz steigen – eine der wesentlichen Voraussetzung für die Aufnahme in Deutschlands höchster Börsenliga.

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