Landmaschinenhersteller Agco "Euroschwäche tut uns schon weh"

Der Chef des weltweit drittgrößten Landmaschinenbauers Agco will mehr Teile außerhalb der Euro-Zone fertigen. Damit droht dem Kölner Motorenhersteller Deutz der Verlust eines Großauftrags.

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Die stärksten Traktoren der Welt
John Deere 8R Quelle: Pressebild
Automobili Lamborghini R8 Quelle: Pressebild
Deutz-Fahr Agrotron X 720 Quelle: Pressebild
Fendt 900 Vario Quelle: Pressebild
Case Steiger 535 Quelle: Pressebild
Claas Xerion 5000 Quelle: Pressebild
John Deere 9630 Quelle: Pressebild

WirtschaftsWoche: Herr Richenhagen, neben Klaus Kleinfeld vom Rohstoffkonzern Alcoa sind Sie der einzige Deutsche unter den Chefs der 500 größten US-Unternehmen. Was denken die Amerikaner über uns?

Richenhagen: Deutschland genießt in den USA einen hervorragenden Ruf. Es gelten die bekannten Vorurteile: pünktlich, zuverlässig, präzise. Die deutsche Ingenieurkunst gilt als Maß aller Dinge.

Bei der Energiewende geht Deutschland voran. Ist sie aus Ihrer Sicht richtig?

Es gibt eine Entscheidung, aber leider bis heute kein Konzept. Die Politik hat vorher nicht gründlich analysiert. Jetzt traut sich keiner zu sagen, was das für Bürger und Unternehmen bedeutet.

Was bedeutet es für Ihre deutsche Konzerntochter Fendt? Fürchten Sie einen Blackout?

Nein. Strom bekommen wir im Notfall auch aus Österreich oder Polen. Kurze Stromausfälle machen bei uns auch nichts kaputt. Die Bänder würden kurz stillstehen; für die IT haben wir Notstromaggregate. Das wäre alles kein Drama.

Nicht nur Energie wird teurer, auch die Preise für Nahrungsmittel sind gestiegen. Sind Spekulanten schuld?

Nur zu einem ganz geringen Teil. Die Verknappung durch die erhöhte Nachfrage ist der Haupttreiber: Die Weltbevölkerung wächst pro Minute um 156 Menschen – bald sind zehn Milliarden auf diesem Planeten. Und Chinesen und Inder essen mehr Fleisch – für die Zucht von Hühnern, Schweinen und Rindern aber braucht es riesige Mengen Getreide. Hinzu kommt: Die Erzeugung von Biosprit verschlingt zusätzliche Anbauflächen.

Wie sehr belastet die Euro-Schwäche Ihr Ergebnis?

Wir machen fast die Hälfte unseres Umsatzes in der Euro-Zone und haben mit einem Euro-Kurs von 1,28 Dollar kalkuliert. Jetzt liegt er niedriger. Das tut schon weh, denn wir bilanzieren in Dollar.

Wie wichtig die deutsche Marke Fendt für Agco ist

Die größten Unternehmen Europas
GDF SUEZ Quelle: AP
Platz 9: DaimlerDer deutsche Automobilkonzern hat 2011 mit 1,26 Millionen Pkw zwar so viele Autos verkauft wie nie zuvor in einem Jahr. Dennoch sind die Schwaben ohne Berücksichtigung ihrer Kleinstwagenmarke Smart erstmals von der Volkswagen-Tochter Audi überholt worden. Umsatz 2011: 106,5 Milliarden Euro Veränderung zum Vorjahr: +9,0 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 8: EniDer Öl- und Gasriese aus Italien ist in 70 Ländern tätig und beschäftigt rund 75.000 Menschen. Die Tankstellenmarke Agip gehört zu Ente Nazionale Idrocarburi, kurz Eni. Umsatz 2011: 109,1 Milliarden Euro Veränderung zum Vorjahr: +10,4 Prozent Quelle: AP
Platz 7: EonEon ist der größte deutsche Energiekonzern. Zurzeit steht das Düsseldorfer Unternehmen vor den enormen Herausforderungen der Energiewende. Aktionäre verfolgen kritisch die Strategie von Konzernchef Teyssen, neue Kraftwerke und Anlagen in Brasilien zu bauen. Bis 2013 soll die neue Strategie ihre volle Wirkung entfalten. Umsatz 2011: 113,0 Milliarden Euro Veränderung zum Vorjahr: +21,6 Prozent Quelle: dpa
Platz 6: GazpromDer russische Energiekonzern Gazprom ist in Deutschland spätestens seit dem Engagement des Ex-Kanzlers Gerhard Schröder im Aufsichtsrat des Unternehmens bekannt. Die Gaswirtschaft Russlands ist fast vollständig unter der Kontrolle von Gazprom. Umsatz 2011: 113,5 Milliarden Euro Veränderung zum Vorjahr: +29,2 Prozent Quelle: dpa
Platz 5: GlencoreDer Schweizer Rohstoff-Gigant machte zuletzt im März 2012 Schlagzeilen, als er mit zwei Partnern für knapp fünf Milliarden Euro den Kauf von Kanadas größtem Getreidekonzern Viterra vereinbarte. Erst kurz zuvor war ein weiterer Milliardendeal bekannt geworden: Für umgerechnet 27 Milliarden Euro schluckt Glencore den ebenfalls in der Schweiz ansässigen Bergbaukonzern Xstrata. Die Fusion mit Xstrata ist der größte Zusammenschluss in der Rohstoffbranche seit 2007, als der australische Bergbauriese Rio Tinto den Aluminiumkonzern Alcan für 38 Milliarden Dollar übernahm und damit zugleich einen Rekord setzte. Umsatz 2011: 138,5 Milliarden Euro Veränderung zum Vorjahr: +26,5 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 4: VWDer Wolfsburger Konzern ist das größte deutsche Unternehmen Europas. Volkswagen hatte 2011 mit 15,8 Milliarden Euro Nettogewinn ein Rekordergebnis eingefahren. Der Gewinn hat sich auch für Konzernchef Martin Winterkorn ausgezahlt: Er strich 17,4 Millionen Euro ein. Auch 2012 und 2013 will der Konzern seinen Umsatz weiter steigern. Umsatz 2011: 159,3 Milliarden Euro Veränderung zum Vorjahr: +25,6 Prozent Quelle: dpa

Ziehen Sie sich aus Europa zurück?

Das nicht. Aber wir werden den Anteil der Fertigung außerhalb der Euro-Zone vergrößern. Wir investieren derzeit in China, Russland und Argentinien.

Wie wichtig ist Ihre deutsche Marke Fendt für den Agco-Konzern?

Fendt ist Technologiemarktführer mit dem höchsten Entwicklungsbudget im Konzern. Das bleibt auch so. Wir weihen demnächst unser neues Werk in Marktoberdorf im Allgäu ein, in das wir 175 Millionen Euro investiert haben.

Welche Strategie verordnen Sie Agco?

Wir wollen sämtliche Motoren in spätestens fünf Jahren selber herstellen. Das erhöht unsere Marge. Zudem differenzieren wir uns so besser von Wettbewerbern. Derzeit kaufen wir noch rund 50 Prozent unserer Motoren von Zulieferern ein. Fendt erhält zum Beispiel pro Jahr rund 10 000 Motoren vom Kölner Hersteller Deutz.

Deutz geht in Zukunft leer aus?

Nicht unbedingt. Deutz tritt künftig in Konkurrenz mit unseren Motorenwerken in Finnland, Russland, China und Brasilien. Wir werden sehen, wer am Ende die Nase vorne hat. Wenn uns Deutz ein gutes Angebot macht, ist innerhalb des Konzerns auch eine individuelle Fendt-Lösung mit Deutz-Motoren denkbar. Das Insourcing ist aber eine strategische Entscheidung.

Afrika leidet immer noch Hunger. Kann moderne Landwirtschaft da helfen?

Absolut. Derzeit werden in Afrika nur 20 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche genutzt. Das Potenzial ist also gigantisch. Vor dem Hintergrund haben wir uns entschlossen, in Afrika eine eigene Produktion zu starten.

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