Linde AG Ein Zusammenschluss wäre extrem schwierig gewesen

Der Münchner Gasekonzern und der US-Konkurrent Praxair brechen ihre Fusionsgespräche ab. Schlimm ist das nicht.

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Linde Quelle: REUTERS

Klar, dass die Anleger jetzt jammern: Bis zum Mittag verlor die Linde-Aktie fast acht Prozent. Grund für den heftigen Kursrutsch ist die Ankündigung des Münchner Unternehmens, die Verhandlungen über einen Zusammenschluss mit dem US-Konzern Praxair nicht fortsetzen zu wollen.

Unstimmigkeiten soll es zwischen den beiden Unternehmen gegeben haben: Zum einen über den Sitz des neuen Konzerns, zum anderen über die Struktur des Unternehmens. Im Gespräch über den Ort für die neue Konzernzentrale war unter anderem London gewesen. Die bayerische Staatsregierung hatte sich über solche Überlegungen empört gezeigt. Hätte die Fusion geklappt, wäre der mit Abstand weltweit größte Anbieter für Industriegase entstanden – mit einer enormen Marktmacht.

Genau darum wäre ein Zusammengehen der beiden Unternehmen äußerst schwierig gewesen. Denn der weltweite Markt für Industriegase wie Sauerstoff, Acetylen und Stickstoff ist bereits stark konsolidiert. Neben Linde, Praxair und Air Liquide aus Frankreich spielt nur noch der US-Konzern Air Products eine signifikante Rolle auf dem globalen Gasemarkt. Zusammen kontrollieren die Unternehmen diesen zu 75 Prozent. Den Rest teilen sich viele zum größten Teil sehr kleine Anbieter. Auch der europäische Markt für Industriegase ist bereits hochgradig konsolidiert. Allein Air Liquide und Linde kontrollieren 70 Prozent des Geschäfts.

Der Gasehersteller Linde und der US-Konzern Praxair haben ihre Fusionsgespräche beendet. Der Grund sollen Differenzen bei Detailfragen gewesen sein. Laut einem Bericht soll es dabei auch um den Hauptsitz gegangen sein.

Wäre der Linde-Praxair-Deal zustande gekommen, wäre der neue Konzern auf einen weltweiten Marktanteil von 40 Prozent gekommen, in Deutschland auf 50 Prozent, in Brasilien gar auf 80 Prozent. Das hätte ihm noch mehr Macht bei der Preisgestaltung verschafft. Teuer bezahlt hätten am Ende die Kunden. 

Die Kartellwächter hätten die Fusion nur unter extrem strengen Auflagen genehmigt. Schon seit Jahren pochen die US-Behörden darauf, dass es mindestens vier global agierende Anbieter geben soll. Schon Lindes Übernahme der britischen BOC vor zehn Jahren hatten die Behörden nur unter Auflagen durchgewinkt.

Nach eine Fusion der Gasehersteller Linde und Praxair würde der Wettbewerb auf dem Weltmarkt abnehmen. Experten glauben deshalb, dass die Kartellbehörden eine Fusion nur unter Auflagen genehmigen.

Seitdem hat sich der Markt durch die vor allem vom ehemaligen Linde-Chef und jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Reitzle und Air-Liquide-Chef Benoît Potier vorangetriebenen Übernahmen deutlich stärker konzentriert. Und die Kartellwächter sind kritischer geworden.

Für Reitzle, der im Mai nach zweijähriger Abkühlphase als Chef des Kontrollgremiums zu Linde zurückkehrte, ist das Ende der Fusionsgespräche ein Tiefschlag. Mit dem deutsch-amerikanischen Megadeal wollte der frühere Vorstandschef des Münchner Konzerns ein Ausrufezeichen setzen, ganz so, wie es der erfolgsverwöhnte Manager 2006 mit der Übernahme des britischen BOC-Konzerns getan hatte. Skeptiker wie Nord-LB-Analyst Thorsten Strauß sich schon früh gefragt, ob hier wohl jemand ausschließlich nach Größe strebt. 

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