Linde Gasekonzern zeigt sich robust – aber anfällig

In den vergangenen Wochen sorgte Linde mit Spekulationen um den Vertrag von Konzernchef Büchele für Aufsehen. Nun bekommt der Konzern trotz robustem Kerngeschäft Gegenwind zu spüren.

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Quartalszahlen zeigen keine negativen Überraschungen. Quelle: dpa

München Hinter den Kulissen hat es beim Gasekonzern Linde in den vergangenen Wochen kräftig gekracht. Ein Machtkampf, ein anonymer Brief, Spekulationen. Und nun wächst auch im operativen Geschäft der Gegenwind. Das zeigen die Zahlen des zweiten Quartals. Der Umsatz sank wegen der schwachen Industriekonjunktur und Währungseffekten um gut sieben Prozent auf 4,3 Milliarden Euro. Bereinigt zum Beispiel um Währungseffekte betrug das Minus 2,9 Prozent. Im ersten Halbjahr sanken die Erlöse bereinigt um Wechselkurse um 1,6 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro.

In den vergangenen beiden Jahren hat Linde-Chef Wolfgang Büchele zweimal Gewinnwarnungen herausgeben müssen. Als er Ende 2015 die Mittelfristziele kassierte, brach der Aktienkurs am nächsten Tag zeitweise um 14 Prozent ein und erholte sich seither nicht mehr von dem Schock.

Die Quartalszahlen boten nun zumindest keine negativen Überraschungen. „Wir haben ein solides erstes Halbjahr hinter uns und liegen damit voll im Rahmen unserer Prognose“, sagte Vorstandschef Wolfgang Büchele.

Angesichts des schwierigen Umfelds müsse Linde „aktiv Effizienzmaßnahmen vorantreiben“. Der operative Gewinn sank im zweiten Quartal um sechs Prozent auf knapp eine Milliarde Euro. Bereinigt um Währungseffekte betrug das Minus 1,5 Prozent. Im ersten Halbjahr sank das operative Ergebnis vor allem wegen der Währungseffekte um gut vier Prozent auf zwei Milliarden Euro.

Der große Rivale Air Liquide legt seine Zahlen erst am 1. August vor. Doch klar ist, dass sich die Franzosen wieder an die Weltspitze gesetzt haben. Im vergangenen Herbst kündigte Air Liquide an, für mehr als zwölf Milliarden Euro den US-Rivalen Airgas zu übernehmen. Die Fusion wurde im Mai dieses Jahres vollzogen. Die Franzosen dürften nun gut ein Viertel des Weltmarkts beherrschen. Linde, das zwischenzeitlich die Weltmarktführung erobert hatte, dürfte zuletzt bei etwa 22 Prozent gelegen haben.


Kerngeschäft wächst

Um wieder Boden gutzumachen muss sich Linde auf das operative Geschäft konzentrieren. Zuletzt gab es allerdings viel Unruhe. Es kursierten Spekulationen, dass der Vertrag mit Konzernchef Büchele nicht verlängert wird und ein anonymer Brief, in dem – wohl unzutreffende – Untreue-Vorwürfe gegen ihn erhoben wurden. In der Linde-Zentrale vermuten einige den ehrgeizigen Finanzvorstand Georg Denoke hinter der Unruhe. Sie werfen ihm Illoyalität vor. Wie erwartet wurde nun aber noch keine Entscheidung getroffen. Im Umfeld des Aufsichtsrats geht man nach Informationen des Handelsblatts aber davon aus, dass sich der Konzern in den kommenden Monaten von Denoke trennt.

Der Vertrag mit Büchele soll nach derzeitigem Stand dagegen bei der nächsten regulären Aufsichtsratssitzung im September verlängert werden. Spätestens dann muss der Aufsichtsrat auch entscheiden, wie es mit Denoke weitergeht. Er gilt als guter, aber womöglich zu ehrgeiziger Zahlenfachmann. Das Tischtuch zwischen ihm und Büchele sei wohl endgültig zerschnitten, sagte ein Insider dem Handelsblatt.

Operativ gab es auch ein paar positive Nachrichten. So wuchs das Kerngeschäft mit Industriegasen im zweiten Quartal bereinigt um die Währungseffekte immerhin noch um ein Prozent auf 3,9 Milliarden Euro. Vor allem in Amerika konnte Linde bei Gasen zulegen. Das Geschäft ist also trotz aller Querelen robust. Dagegen leidet die Anlagenbausparte unter der schwachen Konjunktur und der Investitionszurückhaltung wegen des niedrigen Ölpreises. Im zweiten Quartal brach der Umsatz im Engineering um fast ein Viertel auf 517 Millionen Euro ein. Das operative Ergebnis ging ähnlich stark auf 43 Millionen Euro zurück.

Die Prognose für das Gesamtjahr bestätigte Linde. Kein Wunder, der Konzern hat viel Spielraum. Linde erwartet weiter einen umsatz- und währungsbereinigen Umsatz- und Ergebnisanstieg von vier Prozent, „wenngleich das herausfordernde Marktumfeld auch zu einem Rückgang von bis zu drei Prozent führen kann“. Diese Einschränkung gab es schon bislang.

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