Linde Hydraulics Gibt China den Befehl zum Geldausgeben, gibt es kein Zurück

Eröffnunf Linde Hydraulics in Aschaffenburg Quelle: Presse

Vor gut fünf Jahren übernahm der Staatskonzern Weichai Power das Unternehmen Linde Hydraulics aus Aschaffenburg. Dort wundert man sich über so manche Entscheidung der Chinesen.

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Eine Nummer kleiner hätte es auch getan. Doch der neue Eigentümer aus China wollte den ganz großen, den ganz schicken Neubau. Rund 60 Millionen Euro steckte Weichai Power in die neue Firmenzentrale von Linde Hydraulics in Aschaffenburg. 2012 hatte das Unternehmen aus Nordostchina den deutschen Hersteller von hydraulischen Antriebssystemen für Gabelstapler, Landmaschinen und Lkw übernommen, kurz darauf begannen die Bauarbeiten.

„Eigentlich konnten wir uns das als Firma nicht leisten“, sagt Jörg Ulrich, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Linde Hydraulics, das haben wir immer wieder deutlich gemacht.“ Ulrich hätte das Geld lieber in neue Maschinen investiert, denn die bringen Effizienzgewinne. Doch der neue Eigentümer aus China wollte partout den teuren Neubau. „So ist das häufig in China“, hat Ulrich inzwischen gelernt, „der Mantel muss stimmen.“ Was drinsteckt, ist zweitrangig.

Vor fünf Jahren kaufte der Staatskonzern Weichai Power, beheimatet in der Provinz Shandong und Chinas größter Hersteller von Dieselmotoren, das Unternehmen Linde Hydraulics. Im Herbst 2017 sitzt Ulrich in seinem Büro in der schicken Firmenzentrale in Aschaffenburg und zieht Bilanz. „Die Partnerschaft mit China ist nicht kontroverslos und war immer eine Herausforderung, aber am Ende funktioniert sie“, erklärt Ulrich. Geschäftlich auf jeden Fall, wächst doch der Umsatz bei Linde Hydraulics mit mittleren zweistelligen Raten. Über manche Entscheidungen des chinesischen Eigentümers wundert sich der Deutsche allerdings auch nach all den Jahren noch.

Linde Hydraulics war einst Teil der Gabelstaplersparte des Münchner Gasekonzerns Linde. Im Jahr 2006 gliederte der damalige Chef Wolfgang Reitzle das Geschäft aus, und es ging in der Kion-Gruppe auf. 2012 schließlich schnappten sich die Chinesen Linde Hydraulics. Heute hat das 1904 gegründete Unternehmen 1300 Mitarbeiter und kommt auf einen Umsatz von fast 300 Millionen Euro.

Der große Steuermann an der Spitze von Weichai Power ist Herr Tan, genannt: Chairman Tan. Er ist eine zentrale Figur in der staatlich gelenkten Wirtschaft des kommunistischen Chinas und die unangefochtene Autorität bei Linde Hydraulics. Wenn er etwa Geld für Investitionen bei Linde Hydraulics freigibt, müssen die Deutschen es ausgeben – egal ob es geschäftlich sinnvoll ist. Manchmal, sagt Ulrich, sei es doch vernünftiger, nur drei Maschinen statt gleich 20 Maschinen zu kaufen. Doch wenn Chairman Tan den Befehl zum Geldausgeben gibt, gibt es meist kein Zurück.

„Die Pläne der Chinesen stimmen manchmal nicht mit unseren Projektionen überein“, sagt Ulrich. Will heißen: Manche Entscheidungen der Chinesen sind eher politisch statt betriebswirtschaftlich motiviert. Die längerfristige Analyse und die fundierte Marktforschung mögen die Chinesen nicht – vieles passiert von jetzt auf gleich.

Nervosität bricht oft aus, wenn die Deutschen bei Tan Präsentationen halten müssen. Statthalter des Chairman in Aschaffenburg ist Herr Sun, der die heiklen Treffen meist koordiniert und akribisch vorbereitet. Denn nichts ist gefährlicher als ein unzufriedener Chairman. „Da werden in letzter Minute noch mal kurz Zahlen angepasst“, sagt Ulrich, „und im Zweifelsfall wird eine Kommastelle versetzt.“ Er werde zwar eingebunden, aber nicht mehr gefragt, erzählt der Deutsche. Oder die Übersetzung der Präsentation wird etwas abgemildert. Ulrich: „In beiden Fällen ist es eine Glättung des Dialogs.“ Die Chinesen seien sehr gut in der Lage, kritische Themen im Vorfeld abzufedern, so dass sie bei Herrn Tan entsprechend sauber landen.

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