Linde und Praxair So geht's weiter mit dem 60-Milliarden-Euro-Deal

Die Fusion von Linde und Praxair ist perfekt. Es fehlen nur noch die Zustimmung der Praxair-Aktionäre und der Kartellbehörden. Doch ein Selbstläufer wird der 60-Milliarden-Euro-Deal dennoch nicht.

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Zusammen mit Praxair wird Linde der weltgrößte Gasekonzern. Doch Kartellbehörden und US-Aktionäre müssen dem Deal noch zustimmen. Quelle: dpa

München Die Unternehmen sind sich einig: Linde und Praxair wollen zum weltgrößten Industriegasekonzern fusionieren. Nach stundenlanger Diskussion stimmte am Donnerstagabend der Linde-Aufsichtsrat dem 60-Milliarden-Euro-Deal zu. Nun dürfen noch die Aktionäre darüber abstimmen – aber nur in den USA.

Denn eine außerordentliche Hauptversammlung wird es nur bei Praxair geben. Der US-Konzern wird auf die neue Holding verschmolzen. Dagegen müssen die Linde-Aktionäre ihre Aktien selbst in Anteilsscheine der neuen Holding tauschen. Die Linde-Führung sieht das als eine Art Abstimmung mit den Füßen. Ein Hauptversammlungsbeschluss sei nicht notwendig.

Aktionärsschützer sehen das anders. „Wir fordern den Linde-Vorstand auf, eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen“, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz dem Handelsblatt. Die Aktionäre müssten das letzte Wort haben. Sollte die Linde-Führung der Forderung nicht nachkommen, wolle die DSW eine Feststellungsklage einreichen. Die Aktionärsschützer halten die Fusion für einen schwerwiegenden Eingriff in die Struktur der Linde AG. Dagegen argumentiert Linde-Chef Aldo Belloni, dass es die AG ja weiterhin geben werde.

Den Aktionärsschützern geht es nicht darum, die Fusion zu verhindern. „Uns geht es nicht um das Ob, sondern um das Wie“, sagt Bergdolt. Die strategische Entscheidung für die Fusion könne sie nachvollziehen. Allerdings habe Aufsichtsratschef Wolfgang Reitle das Projekt zu sehr durchgepeitscht. „Es geht nicht, dass man sich gegen alle stellt.“

Auch sonst gibt es noch Hürden. Die Kartellbehörden müssen dem Deal zustimmen. „Ein Selbstläufer ist das nicht“, sagt ein Insider. Den beiden Unternehmen ist klar, dass sie sich von Teilen ihres Geschäfts trennen müssen. Zudem müssen 75 Prozent der Linde-Aktionäre ihre Anteile in Aktien der neuen Holding tauschen. Das ist dann die indirekte Abstimmung. Doch Reitzle ist zuversichtlich, dass der Weg nun frei ist. Nach der Aufsichtsratssitzung war er laut Beobachtern locker und gelöst.

Nach der Sitzung stieß er mit anderen Kontrolleuren auf die Entscheidung an – und auf das Ende der monatelangen Auseinandersetzungen. Er hatte das Projekt energisch vorangetrieben. Er ist überzeugt, dass Linde und Praxair ein Weltklasse-Unternehmen formen können, das besser für die erwartet unruhigen Zeiten gerüstet ist. Die Arbeitnehmer fürchten dagegen eine heimliche Übernahme durch die Amerikaner und den Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen in Europa. Denn irgendwo müssen die Synergien ja herkommen.

Linde und Praxair bezifferten die erhofften Synergien und Kosteneinsparungen nun auf jährlich 1,2 Milliarden Dollar. Das ist etwas mehr als ursprünglich angekündigt. Die Linde-Aktie gehörte am Donnerstag zu den Tagessiegern.

Der neue Konzern kommt, so die Fusion klappt, auf einen Pro-Forma-Umsatz von etwa 27 Milliarden Euro. Die aus Kartellgründen notwendigen Abspaltungen sind dabei noch nicht berücksichtigt. Am Ende wird es also etwas weniger sein. Der Börsenwert der beiden Konzerne betrug zuletzt etwa 66 Milliarden Dollar.

Der neue Konzern soll Linde heißen und seinen Sitz in Irland haben. Praxair-Chef Steve Angel soll ihn aus den USA heraus operativ führen. „Dieser Zusammenschluss ist eine überzeugende und zukunftsweisende Chance, einen Weltmarktführer für Industriegase zu schaffen“, sagte er. Linde-Chef Aldo Belloni sprach von einer „einmaligen Chance“. Nach dem Abgang von Ex-Vorstandschef Wolfgang Büchele war er aus dem Ruhestand zu Linde zurückgekehrt. Seine Hauptaufgabe ist es nun, die Fusion über die Bühne zu bringen. Am Freitagvormittag wollten er und Angel in München ihre Pläne vorstellen.

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