Lkw-Platooning Schön der Reihe nach

Sechs Lkw-Hersteller schicken ihre Trucks auf große Tour: In vernetzten Kolonnen sollen die Brummis selbstständig nach Rotterdam rollen. Ein Vorbild für die Zukunft, sagen die Hersteller. Doch stimmt das?

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Beim Platooning gibt der erste Lkw das Tempo vor, alle anderen folgen. Quelle: Scania

Vorsicht, Elefantenherden: Auf deutschen Autobahnen dürften in diesen Tagen mehrere Lkw-Kolonnen gesichtet werden, die bedenklich nah auffahren. Grund zur Panik besteht aber nicht. Hier wird nämlich die Zukunft des Transportwesens getestet, zumindest wenn man den teilnehmenden Herstellern glauben kann.

„European Truck Platooning Challenge“ heißt das Vorhaben. Initiiert hat es die niederländische Regierung, die derzeit auch die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Insgesamt sechs Hersteller nehmen am Experiment teil. Neben Daimler sind das MAN, Scania, Volvo, DAF und Iveco. Sie lassen ihre Trucks in vernetzten Kolonnen zum Hafen von Rotterdam rollen.

Die Trucks von MAN starten am Montag in München, die von Daimler in Stuttgart und fahren über Frankfurt nach Rotterdam. Aber auch aus Skandinavien rollen die Kolonnen über Deutschland. Scania lässt seine vernetzten Trucks im schwedischen Södertälje starten, Volvo in Göteborg. Ihr Weg führt über Bremen in die Niederlande.

Der grenzüberschreitende Großversuch soll Erkenntnisse liefern, wie alltagstauglich die voll vernetzten Lkw-Kolonnen heute schon sind. Gelingt der Feldversuch, könnte die Technologie schon in den kommenden Jahren marktreif werden – und eventuell auch bei selbstfahrenden Autos eingesetzt werden.

„Platooning“ nennen Fachleute die Technologie. Der Begriff entstammt der Militärsprache. Und tatsächlich funktioniert das System wie die Elefantenkompanie aus dem Dschungelbuch. Der erste Lkw gibt dann das Tempo vor, alle anderen folgen. Das funktioniert, weil sich die Lkws untereinander vernetzen. Durch automatische Bremssysteme reagieren die Trucks schneller – und können daher weniger Abstand halten. Bis zu zehn Fahrzeuge können eine gemeinsame Kolonne bilden.


Einsatz rund um die Uhr wäre möglich

Und auch andere Wartezeiten sollen verringert werden. „Die vernetzten Lkw kommunizieren sowohl untereinander als auch mit dem Kunden, dem Zoll oder der Spedition“, sagt Martin Zeilinger, Leiter der Lkw-Vorentwicklung bei Daimler.

Bisher ist das Transportgeschäft noch längst nicht so effizient organsiert, wie man annehmen könnte. Denn der durchschnittliche Laster fährt nur ein Drittel seiner Zeit. Oft steht er still und wartet, um be- oder entladen zu werden, Zugang zum Firmengelände zu bekommen, auf eine Reparatur oder im Stau. Einer von vier Lkws ist mit darüber hinaus nur mit wenig oder völlig ohne Ladung unterwegs.

Gelingt das Platooning, könnte sich das autonome Fahren beim Lkw deutlich schneller durchsetzen als beim Auto. Auch ein Einsatz rund um die Uhr wäre bei selbstfahrenden Lastwagen keine Utopie mehr. In Deutschland, wo die Infrastruktur schon heute massiv unter der Belastung der schweren Lkw leidet, ist das keine gute Nachricht.

Trotzdem könnte der Einsatz rund um die Uhr notwendig sein, damit es nicht zum Verkehrskollaps kommt: Bis zum Jahr 2050 – so wird es vorausgesagt – soll sich der weltweite Güterverkehr auf der Straße verdreifachen.

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