Luftfahrt Warum Boeing am meisten unter Trump leidet

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Chinesische Kunden drohen abzuwandern

Das gilt selbst für ein vermeintlich simples Produkt wie die Kabel. Das in jedem Dreamliner rund 32 Kilometer lange System baut fast komplett eine Tochter des französischen Zulieferers Safran in der nordmexikanischen Stadt Chihuahua. Bis zu 1000 Mitarbeiter wickeln hier bei Labinal Power Systems an bis zu 20 Meter langen weißen Brettern nach einem für Außenseiter verwirrenden Muster kleine Kabel in verschiedenen Farben und Größen um eine schier endlose Zahl von kleinen Plastikzylinder –bis sich daraus der Kabelbaum in der Form eines überdimensionierten Zopfs ergibt. Eine kleine Abweichung, dann passt das Kabel nicht mehr oder einer der vielen Stränge könnte gebrochen sein. „Dann ruht die Arbeit am Flugzeug“, so der Hamburger Flugexperte Heinrich Großbongardt.

Muilenburg zweites Problem ist das von Trumps Administration geplante Ende der staatlichen US-Exportförderbank ExIm. Es beraubt Boeing des wichtigsten Mittels um Jets für Fluglinien zu finanzieren.

Die günstigen ExIm-Kredite nutzen nicht nur Unternehmen mit schwächeren Finanzen oder aus Ländern mit wenig Devisen. Auch solvente Linie wie die British-Airways-Mutter IAG, der Lufthansa-Konzern oder der Billigflieger Norwegian nutzen die Hilfen. Es drückt nicht nur die kurzfristig Kapitalbedarf und Zinsausgaben, sondern bringt auch beim Verkauf Leasingfirmen einen höheren Überschuss um die eigenen Finanzen  zu stärken. „Ohne die ExIm-Bank müsste Boeing viele Jet-Käufe finanzieren“, so Experte Aboulafia.

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Das würde nicht nur Boeings Finanzen strapazieren und wegen der schlechteren Bewertung bei Ratingagenturen Boeings Kapitalkosten erhöhen. „Die Zinsen und damit die Flugzeugkosten dürften weit über denen liegen, die Airbus-Kunden dank der europäischen Ausfuhrbanken genießen“, so Aboulafia.

Das alles verblasst jedoch angesichts der dritten und noch am wenigsten greifbaren Gefahr. Die Einreiseverbote wie der wieder gestoppte Bann für islamische Staaten verärgern die Golfstaaten, Säbelgerassel über einen Handelskrieg vergrätzt China – und damit die derzeit wichtigsten Boeing-Kunden. Sie könnten die Aufträge entweder aus Ärger oder auf Druck ihrer Regierungen stornieren oder auf Strafzölle mit eigenen Aufschlägen kontern. Dadurch würden die Boeing-Jets gegenüber den heute in etwa gleich teuren Airbus vom Preis her chancenlos.

Marktforscher Hamilton sieht die Zahl der bedrohten Bestellungen bei mehr als 1200 Jets oder 21 Prozent des Auftragsbestands mit einem Wert von mehr als 200 Milliarden Dollar. „Internationale Spannungen besonders mit China und dem Mittleren Osten haben das Potenzial zum größten Risiko werden, sowohl beim Auftragsbestand als auch für das erwartete langfristige Wachstum.“, schrieb die Investmentbank Morgan Stanley in der vergangenen Woche in einer Studie über Boeing.

Das bietet der Jumbokiller
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa
Lufthansa Airbus A350 Quelle: Lufthansa

Das ist keine leere Drohung. Wenn Trump Importe aus der Volksrepublik China tatsächlich wie angedroht mit bis zu 45 Prozent Steuer belegt, könnte das Land zurückschlagen. „Die Regierung China fuchtelt nicht lange, wenn sie bedroht wird“, so Marktforscher Hamiliton.

Wie schnell das geht, erlebt bereits einer der wichtigsten Boeing-Kunden: American Airlines. Die weltgrößte Fluglinie hat zwar das Recht aus Los Angeles die chinesische Hauptstadt Peking anzufliegen. Doch die Behörden im Reich der Mitte verzögern seit Trumps Brandreden offenbar die Zuteilung der passenden Start und Landezeiten. „Das riecht nach einer Nachricht an Trump“, so Hamilton.

Die größten Zulieferer der Luftfahrt
Platz 10: Spirit Aerosystems Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 9: Precision Castparts Quelle: dpa
Platz 8: Mitsubishi Quelle: REUTERS
Platz 7: Textron Quelle: dpa
Platz 6: L3 Technologies (ehemals L-3 Communications) Quelle: Presse
Platz 5: Honeywell Quelle: REUTERS
Platz 4: Rolls-Royce Quelle: REUTERS

„All das müsste eigentlich Boeings Erzrivalen Airbus helfen“, so Experte Aboulafia. Doch beim europäischen Luftfahrtriesen kommt dennoch kaum Freude auf. „Macht Trump so weiter, würden wir sicher in Zukunft mehr Jets verkaufen“, sagt ein Airbus-Manager. „Doch hätten wir angesichts unseres eigenen gewaltigen  Auftragsbestands gar nicht die Kapazität, sie alle zu bauen.“

Dazu befürchtet Airbus auch die Nebenwirkungen der Handelshemmnisse. „Jede Einschränkung des Welthandels ist schlecht für die internationale Arbeitsteilung sowie den weltweiten Wohlstand - und damit auch für unser Geschäft“, so Konzernchef Tom Enders. 

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