Luftfahrtmesse Farnborough Alles NEO bei Airbus

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Markt lechzt nach A330NEO

Der je nach Ausstattung von gut 250 Reisenden (mit einer First und Business Class) bis zu 350 Reisenden (nur mit Economy-Class) ausgelegte kleinere Langstreckenflieger A330NEO dürfte bereits innerhalb von zwei Jahren nach Verkaufsstart Geld bringen. „Der Markt wartet förmlich auf die Maschine“, weiß Shakeel Adam, Inhaber der Beratung Aviado Partners. Die ersten 25 Bestellungen gab es bereits am Montagmorgen von der US-Leasing-Gesellschaft Air Lease Corporation.

Airbus setzt Boeing unter Druck

Würde Airbus - wie von seinem Verkaufschef John Leahy prophezeit - mehrere Hundert Exemplare in den ersten beiden Jahren verkaufen und gut 1000 bezahlte Flieger bis 2030 erreichen, wäre die Summe der Anzahlungen von 10 Prozent bei Bestellung zusammen mit dem Eintrittsgeld für die Triebwerkshersteller bereits vor dem Erstflug höher als die Entwicklungskosten von wahrscheinlich rund 1,5 Milliarden Euro.

Und der A330NEO hat für Airbus noch einen anderen Nebeneffekt: er würde den Erzrivalen Boeing ärgern, weil er dessen Hoffnungsträger Dreamliner unter Druck setzt. Weil der A330 seinen Baupreis bereits zum größten Teil verdient hat, kann ihn Airbus deutlich billiger anbieten als den Dreamliner, bei dem Boeing erst noch auf seine Kosten kommen muss.

Dazu ist der Unterschied bei der Spritersparnis zwischen Dreamliner und NEO relativ klein. Zum einen sind die Triebwerke bei Dreamliner und NEO sehr ähnlich und verbrennen rund 20 Prozent weniger Sprit als heutige Motoren. Die NEO-Motoren sind vielleicht noch etwas besser, weil sie ein paar Jahre jünger sind. Im Schnitt holen die Ingenieure durch kleinere Verbesserungen alle zwei, drei Jahre noch ein weiteres Prozent Ersparnis raus.

Zwar hat der Dreamliner Vorteile durch den Leichtbau und bei der Aerodynamik. Doch diese sind besonders auf kürzeren Flügen, auf denen die heutigen A330 vorwiegend eingesetzt werden, nicht sehr groß. Airbus verpasst dem NEO windschnittigere Flügel mit neuen Spitzen wie beim größeren A350. Das macht einen großen Prozentsatz des Nachteils wett: der A330NEO wiegt wegen der Bauweise aus Metall mit der Technik des A330-Geburtsjahres im Vergleich zum Leichtbau-Flieger Dreamliner aus Verbundwerkstoff des Jahres 2008 nämlich deutlich mehr. Doch am Ende schrumpft auch dieser Nachteil, weil der Dreamliner auch extrem lange Strecken fliegen soll und deshalb etwas Mehrgewicht etwa für große Tanks mit sich schleppt.

Mehr Passagiere an Bord machen Flieger nicht günstiger

Diese Fortschritte kann sich Brégier beim A380 nur wünschen. Sein Flaggschiff hat ähnliche Absatzprobleme wie der A330. Etwa weil sowohl sein A350 als auch Boeings Langstreckenflieger Dreamliner sowie ab 2019 die 777X in vielen Fällen pro Passagier ähnlich günstig fliegen wie der europäische Superjumbo. „Das ist eine Herausforderung, auf die wir antworten müssen”, so Brégier.

Doch das zu lösen, wird schwierig. Zwar könnte Airbus auch den „Waljet“ (Boeing-Spott) neu motorisieren und ein paar Änderungen in der Kabine machen. Doch dafür fehlen im Gegensatz zu den kleineren Jets die Aufträge. Und das wird sich kaum ändern. „Auch mit den von Airbus angepriesenen Verbesserungen, etwa durch mehr Sitze an Bord, verschwinden die Nachteile nicht“ glaubt Großbongardt.

So lohnt sich die Neumotorisierung nicht, sagt David Joyce, Chef des weltgrößten Flugturbinen-Herstellers GE Aviation, der einen der beiden aktuell für den A380 angebotenen Motoren baut. „Damit sich die Entwicklungskosten auch nur für eine grundlegende Überarbeitung für uns rechnet, müssen wir eine größere Nachfrage erkennen als bisher“, so Joyce.

Keiner will die Jumbos haben

Damit sich das ändert, müsste Airbus wohl mindestens weitere 200 Flieger verkaufen, zusätzlich zu den gerade mal 324 Abschlüssen, die Airbus heute, 15 Jahren nach Verkaufsstart, hat. Doch danach sieht es nicht aus. Außer dem Großabnehmer Emirates aus Dubai hat keine Fluglinie eine größere Zahl an Maschinen bestellt. Ja, von den derzeit 189 offenen Orders gelten einige als wackelig wie die der britischen Virgin oder von Malaysia Airlines. Denn statt auf die Riesenvögel setzen die Airlines mehr und mehr auf kleine Flugzeuge.

Dafür sorgt ein Umdenken in der Planung. Bislang schätzten fast alle Airlines möglichst große Jets, weil das im Vergleich zu kleineren Jets im Schnitt die Kosten pro Passagier um ein paar Prozent drückt. Doch die Jumbos mit ihren 400 Plätzen und mehr sorgen wegen ihrer höheren Betriebskosten nur dann für mehr Gewinn, wenn eine Linie diese zusätzlichen Plätze auch tatsächlich teuer verkaufen kann.

Das gelingt den meisten Airlines aber offensichtlich nur begrenzt, wie die wachsende Zahl an Sonderangeboten und Schnäppchen in den Vielfliegerprogrammen zeigt. „Kleinere Maschinen mit gut 300 Plätzen kann die Lufthansa dagegen zu einem großen Teil mit besser zahlenden Geschäftsreisenden oder Urlaubern füllen“, sagt Berater Adam. „Am Ende bleibt pro Flug mehr übrig als bei einer großen Maschine, wo die 80 zusätzlichen Reisenden mit ihren Tickets die Mehrkosten nicht decken.“

Somit ist absehbar, dass der Trend zu NEO und MAX zwar noch eine Weile die Branche prägen wird. Doch über kurz oder lang müssen die Hersteller dann doch wieder neue Maschinen anbieten.

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