Luxuszigarren Die letzten Raucheroasen

Sie wirken wie aus der Zeit gefallen: In Zigarrenclubs und Lounges treffen sich die letzten Gentlemen, um in Ruhe eine teure Zigarre nebst korrespondierendem Whiskey oder Cognac zu genießen. Vom Luxus, der in Rauch aufgeht.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Versteckte Lounges werden zum Refugium für Zigarrenraucher. Quelle: dpa

Winston Churchill hat es getan, Alfred Hitchcock genauso wie Konrad Adenauer und Ludwig Erhard, Che Guevara, Fidel Castro und Al Capone sowieso: Sie rauchten Zigarre. Die Liste berühmter Aficionados, wie sich Zigarrenfreunde nennen, ist lang. Auch Oscar Wilde, Marlene Dietrich und Franz Josef Strauß gehörten zu ihnen. Heute wirkt es altmodisch, eine Zigarre zu rauchen. Wer von Genuss spricht, meint einen Tag mit Hot Stone Massage im Wellness-Tempel oder ein veganes acht-Gang-Menü, aber keine kubanische Havanna für ein kleines Vermögen.

Aber es gibt sie noch, die Liebhaber dieser höchsten Instanz der Tabakwelt: In einem unscheinbaren Hinterhof in Düsseldorf versteckt sich einer der letzten Rückzugsorte für Liebhaber kubanischer Zigarren. Im "La Casa del Habano" treffen sich die letzten Genießer, die das Nichtraucherschutzgesetz sonst aus dem Stadtbild vertrieben hat. Über die Terrasse an der Rückseite des Gebäudes führt eine Treppe hinein in eine Raucheroase - natürlich nicht ohne das obligatorische Hinweisschild: "Zutritt nur für erwachsene Raucher".

Anlegen in Zigarren

Im Inneren stehen moderne dunkle Ledersessel an niedrigen Glastischen, der erdige, würzige Duft der Zigarren liegt in der Luft, im Hintergrund läuft kubanische Musik. In den Sesseln sitzen Männer und paffen ihre Zigarre zum Kaffee. Hemingway könnte es hier gefallen. Bei einigen würde es nicht überraschen, wenn sie gleich Melone und Stock unter dem Tisch hervorholen und mit ihrer Kutsche wegfahren, andere passen mit Jeans und Pullunder auch ganz gut in die gemütliche Bierkneipe auf der Ecke. Sie könnten Ärzte, Anwälte oder Banker sein. Elegant gekleidet sind alle sieben, unter 30 ist keiner der Gäste. Das passt zur Zielgruppe der Zigarrenhändler, wie Bodo Mehrlein, Geschäftsführer des Bundesverbands der Zigarrenindustrie e.V. weiß. "Obwohl es schwierig ist über Zielgruppen zu sprechen – Zigarrenkonsum entspricht nur 0,8 Prozent vom gesamt Tabakkonsum - wäre ein typischer Zigarrenraucher ein Mann im reiferen Alter, der Wert legt auf Genuss und Luxus. Es ist ihm etwas wert, damit er sein Hobby und Leidenschaft ausüben kann."

Und das muss er auch: Während die Schachtel Zigaretten um die fünf Euro kostet, fangen die Zigarren im "La Casa del Habano" erst bei gut sechs Euro an. Die teuerste Zigarre, die Tabakfreunde dort erwerben können, kostet 210 Euro: Eine Romeo y Julieta Limited Short Churchill A/T.

"Der Preis einer Zigarre wird hauptsächlich bestimmt von den eingesetzten Rohstoffen – die übrigens immer teurer werden - Herstellungsland und Herstellungsart", erklärt Mehrlein. Ob eine Zigarre maschinell gefertigt oder handgerollt ist, macht sich beim Preis bemerkbar. "Es gibt Zigarren, die ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis haben. Billige Zigarren gibt es aber nicht", sagt der Experte. Genauso wenig, wie es schlechte Zigarren gebe. "Alle Zigarren, die man im gut sortierten Fachhandel finden kann, sind mit viel Aufwand und großer Sorgfalt hergestellt worden." Ob eine Zigarre gut oder schlecht sei, entscheide der persönlichen Geschmack. "Manche glauben, dass nur handgerollte Zigarren gut sind, anderen schwören bei Zigarren auf deutsche Herstellung", sagt Mehrlein.

14,40 Euro für Genuss und Entspannung

Ein so genanntes Umblatt wird zum Handrollen einer Zigarre im Torpedo-Format von einer Mitarbeiterin der Zigarrenmanufaktur

Alle Zigarrenlounges haben eines gemein: Hier kommt der Raucher nicht nur in der Mittagspause vorbei, um gemütlich eine Zigarre zu schmauchen, hier treffen sich abends Zigarrenclubs zu Seminaren und Tastings: wie wird eine Zigarre gerollt, welcher Brandy passt zu welchem Kraut und wie schmecken die neuen Stars aus Kuba? Die Lounges vermitteln in regelmäßigen Abständen Wissen und Lifestyle rund um das Hauptprodukt.

Die Zigarrenlounges funktionieren nach dem Franchise-Prinzip: Acht Stück gibt es in Deutschland, weltweit existieren 146 Casas in mehr als 50 Ländern. "Die Casas garantieren dem Connaisseur nicht nur die Originalität der Produkte, gelagert unter perfekten Bedingungen, sondern bieten außerdem ein vollständiges Sortiment an Habanos-Marken und -formaten, sie führen außerdem bestimmte Habanos-Spezialitäten und -raritäten, die sonst nicht im Fachhandel erhältlich sind", bewirbt sich die Lounge auf ihrer Homepage. So meldete beispielsweise die Intertabak AG die Markteinführung der Zigarre "Montecristo Petit No.2" in der Schweiz. Im regulären Handel gibt es das gute Stück aber vorerst nicht. Wer diese Montecristo kaufen und rauchen möchte, muss dafür in eine Casa del Habano oder zu einem der Habanos Specialists gehen.

Deshalb können solche Lounges auch für den Handel nützlich sein. So kann der Aficionado eine Zigarre kaufen und sie gleich vor Ort rauchen. Auch einer der Gäste der Casa de Habano in Düsseldorf bezahlt für "Tisch vier, Zigarre und Kaffee." Die Raucherpause kostet ihn 14,40 Euro. So viel hätte er wahrscheinlich auch für den Besuch beim Italiener auf der Hauptstraße bezahlt. Für die Zigarre, die er nicht ganz aufgeraucht hat, gibt es noch eine Transporthülle aus Pappe und dann geht es wieder raus in den Alltag.

Solche Rückzugsorte für Raucher sind selten, weiß Mehrlein. In Zeiten von Rauchverboten und Werbeverboten könnten die vereinzelten Clubs noch das richtige Ambiente bieten um Zigarren außer zuhause zu genießen. "Ich kann mir auch vorstellen, dass Zigarrenliebhaber in Clubs, untereinander, sich über Zigarren unterhalten können und somit Neugierde nach bestimmte Produkten erwecken, die man dann wieder im Fachhandel kaufen kann", sagt er.

Die Tabakriesen und ihre Marken
380 Aussteller aus 45 Ländern treffen sich in Dortmund zur diesjährigen Inter-tabac. Viel zu Lachen gab es in der Branche zuletzt nicht. Die Deutschen rauchen immer weniger. Eine Folge der gestiegenen Preise und der harten Nichtrauchergesetze. Preistreiber ist unter anderem die Tabaksteuer. Seit Mai 2011 ist sie um 11,1 Prozent gestiegen. Besonders hart griff der Fiskus bei Feinschnitt-Tabak mit einem Plus von 16,3 Prozent zu. Weitere jährliche Erhöhungen bis 2016 sind bereits beschlossen. Großkonzernen wie Philip Morris konnte das bisher wenig anhaben. Zu dem Unternehmen gehört unter anderem die Marke... Quelle: dapd
Philip Morris Konzern Quelle: dapd
Reemtsma-Konzern Quelle: REUTERS
L&M gehört zu Philipp Morris Quelle: dpa
Pall Mall Quelle: dpa/dpaweb
West Quelle: AP
British American Tabacco Quelle: obs

In einer anderen Düsseldorfer Zigarrenlounge, die wie auch das "La Casa del Habano" von den Geschwistern Patricia und Marc Benden betrieben wird, warten mehr als 100 Sitzplätzen auf knapp 1000 Quadratmetern auf die Tabakfreunde. Hinzu kommen separate Besprechungsräume, W-LAN, eine Sommerterrasse und ein Raucherkino - dagegen sieht der Zigarettenraucher an der Bushaltestelle ganz schön alt aus. "Zigarrenraucher rauchen auch nicht aus Gewohnheit, sondern zu speziellen Momenten", weiß Mehrlein vom Verband der Zigarrenindustrie. In den Zigarrenlounges und Clubs dieser Welt geht es nicht um Sucht - es geht um Genuss. Auch wenn dieser unbestritten gesundheitsschädlich sein kann.

"Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich der Genuss von Zigarren vom Konsum anderer Tabakprodukte unterscheidet", heißt es beim Bundesverbands der Zigarrenindustrie. Und weiter: "Zigarren liegen als hochwertiges Genussprodukt fast immer in einem anderen Preissegment als Zigaretten. Das Genießen einer Zigarre kann bis zu einer Stunde in Anspruch nehmen. Diese Produktcharakteristika setzen in aller Regel einen bewussten und maßvollen Konsum voraus."

Zigarrenraucher werden selten

Die beliebtesten Luxuswaren der Deutschen
Platz 7: ChampagnerFranzösischer Schaumwein bildet laut der Studie der Unternehmensberatung Roland Berger das kleinste Segment im deutschen Luxusmarkt. 400 Millionen Euro setzte die Champagner-Branche vergangenes Jahr in Deutschland um. Das sich acht Prozent mehr als noch 2010. Laut Roland Berger soll der Umsatz künftig weiterhin leicht ansteigen, größere Sprünge prognostiziert die Unternehmensberatung bei den Gewinnen. Quelle: dpa
Platz 6: MöbelOb Armani Casa, Ralph Lauren Home oder Fendi Casa - Luxusmodefirmen expandieren in den letzten Jahren auch ins Möbelsegment. Die Deutschen gaben 2011 rund 700 Millionen Euro für exquisite Einrichtungsgegenstände aus. das sind zehn Prozent mehr als 2010. Laut Roland Berger soll der Luxusmöbelmarkt weiter wachsen - ob bei Umsatz, Ergebnis, Investitionen oder Beschäftigten. Quelle: ZB
Platz 5: UhrenDen größten Umsatzsprung verzeichnete der Uhrenmarkt in Deutschland: Um 28 Prozent legte der Umsatz für Chronografen auf 900 Millionen Euro zu. Roland Berger prognostiziert, dass der Umsatz weiter derart in die Höhe schnellen wird, selbes gilt für Investitionen und Neueinstellungen. Quelle: dpa
Platz 6: Mode und AccessoiresEbenfalls beachtlich ist der Umsatzsprung bei Luxusmode: Ein Plus von 22 Prozent konnten Ballkleider, Designerbrillen und Maßanzüge verbuchen. Der Umsatz betrug vergangenes Jahr somit 1,2 Milliarden Euro. Mit derartigen Wachstumsraten soll es laut Roland Berger auch weiter gehen. Quelle: dpa
Platz 3: Schmuck1,7 Millionen Euro betrug der Schmuckanteil des deutschen Luxusmarkts. Damit erwirtschaftete die Branche 2011 in Deutschland 24 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Aufwärtstrend soll anhalten. Quelle: dpa
Platz 2: Parfüm und KosmetikFür einen guten Duft lassen die Deutschen gerne etwas mehr springen. Parfümerie und Kosmetika machen mit 2,8 Millionen Euro den zweitgrößten Anteil am deutschen Luxusmarkt aus. Verglichen mit den anderen kleineren Segmenten ist das Wachstum jedoch recht klein: Drei Prozent betrug es 2011. Zukünftig soll es für die Branche jedoch laut Roland Berger stärker aufwärts gehen. Quelle: dpa
Platz 1: AutomobileSein Auto ist des Deutschen liebstes Kind - dementsprechend ist die Automobilbranche auch im Luxusmarkt das stärkste Segment. 5,1 Milliarden Euro groß nach einem Umsatzanstieg von 19 Prozent. So soll es nach Roland Berger mit der Branche auch weiter gehen, vor allem bei Investitionen und Beschäftigten soll sie demnächst besonders zulegen. Quelle: REUTERS

Allerdings nimmt die Nachfrage nach Zigarren in Deutschland ab. Nur dank starker Zuwachsraten im Export können die Unternehmen der deutschen Zigarrenindustrie die Einbußen auf dem deutschen Markt kompensieren. "Obwohl in Deutschland auch viele importierte Zigarren verkauft werden, werden die meisten Zigarren in Deutschland hergestellt", weiß Mehrlein. Es gebe alte, renommierte Hersteller wie Dannemann, Wörmann, Schuster, Don Stefano, Arnold und André, die sich der Produktion dieses Kulturguts verschrieben haben. Grundsätzlich setze sich der Zigarrenmarkt aus einer Vielzahl mehr als 1500 verschiedenen Produkten und Formaten zusammen, so Mehrlein.

Laut Zahlen des Bundesverbands der Zigarrenindustrie ist der Absatz von Zigarren allerdings seit den 1950er Jahren rückläufig. Dieser Trend setze sich zwar langsam aber stetig bis heute fort. "Aktuell führen insbesondere die wachsenden rechtlichen Restriktionen dazu, dass immer weniger Zigarren nachgefragt werden", heißt es beim Verband. Weder mit einer Tabakpfeife noch einer Zigarre stelle man sich "mal so eben" vor die Tür einer Kneipe oder eines Restaurants. Dafür dauert das Rauchen einfach zu lange. "Die kleinste Zigarre, einen Zigarillo, kann man innerhalb von 15 Minuten genießen, es gibt aber auch Formate, wo man mehr als eine Stunde an Zeit reservieren muss", erklärt Mehrlein. Er sagt: "Zigarren raucht man nicht so eben vor der Tür, insbesondere nicht, wenn die Wetterverhältnisse nicht gut sind." Um eine Zigarre genießen zu können, brauche es Zeit. So beschreibt der Verband auch seine Zielgruppe: "Von der Zigarre geht eine charismatische Ausstrahlung aus. Eine hohe Wertschätzung für Ruhe, Muße und die gemeinschaftliche Freude am Genuss kennzeichnet ihre Liebhaber", heißt es auf der Website.

Zigarrenlounges wie die in Düsseldorf füllen deshalb eine Marktlücke: Was Sie eigentlich verkaufen ist Zeit und Raum für den Tabakgenuss - Zigarren und die Accessoires wie Aschenbecher, Humidore, also die Behälter für Zigarren mit speziellen Befeuchtungssystemen, und Zigarrenbohrer sind nur schmückendes Beiwerk. Pro Jahr werden in Deutschland rund 1,1 Milliarde Zigarren verkauft - und die müssen schließlich irgendwo geraucht werden.

So beschreibt sich die Casa auch selbst weniger als Geschäft mit angeschlossener Rauchmöglichkeit, sondern als Wohlfühloase: "Hier findet der habanophile Zigarrenliebhaber in einem separaten 30 Quadratmeter großen begehbaren Humidor exklusive Spezialitäten, reifegelagerte Habanos und Sonderhumidore aller Art", heißt es. Man will einen "entspannenden Rahmen zum Genießen" bieten. Dazu gehört die perfekt gelagerte Habano,die vorher im Klimaraum ausgewählt werden kann. Für Stammkunden gibt es 18 mit Zedernholz ausgekleidete Schließfächer, in denen der eigene Zigarrenvorrat reifen kann.

Das Problem ist, dass dieses Image des Gentleman-Clubs und der Herrenrunde mit Zigarre und Cognac einfach nicht mehr in die Zeit passt. Auch Franz Peter Marx vom Verband deutscher Rauchtabakindustrie sagt: "Pfeifentabak und Zigarren sind nicht cool." Das waren Zigarrenliebhaber wie Albert Einstein oder Charles Chaplin allerdings auch nicht.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%