Gibt es vergleichbare Übernahmen und wie lange dauern solche Übernahmeverhandlungen in der Regel?
Diese Übernahme ist einzigartig, da Monsanto ein – aus deutscher Sicht – sehr negatives Image hat und aus der Politik keine Hilfe zu erwarten ist.
Die Dauer einer Verhandlung hängt stark von den Prioritäten der Parteien ab. Wenn es schnell gehen muss, leidet meist auch die Genauigkeit in der Vorbereitung und die Überraschungen kommen erst später ans Licht.
Wären Sie als Berater engagiert worden, was würden Sie Bayer-Chef Werner Baumann jetzt raten?
Baumann muss jetzt die breite Öffentlichkeit ansprechen und ihr deutlich machen, dass Monsanto nicht nur kritische Stoffe einsetzt wie Glyphosat, sondern ein sehr erfolgreiches Unternehmen ist mit einem sehr großen Potenzial weltweit, das Bayer weiter ausbauen kann. Bisher richten sich die Botschaften an ein Fachpublikum, die breite Öffentlichkeit muss anders angesprochen werden.
Nun hat Baumann öffentlich angedeutet, im Falle einer Übernahme bei Monsanto einiges an den Geschäftspraktiken verändern zu wollen.
Das war ein richtiger Schritt, der sich aber an die Aktionäre richtete. Für die braucht Baumann eine Story. Sagt er, er lässt keinen Stein auf den anderen, hat er die Möglichkeit, die Aktionäre zu überzeugen. Hätte er gesagt, er lässt alles, wie es ist, würde niemand glauben, dass die Übernahme etwas bringt – schon wegen des negativen Images von Monsanto.
Die ersten Reaktionen am Aktienmarkt waren heftig. Glauben Sie, Baumann war überrascht davon?
Die Reaktionen der Märkte bei solchen Deals kann niemand beeinflussen – das ist das Schwierigste. Ich glaube nicht, dass ihn das überrascht hat. Baumann wird von denen, die ihn kennen als sehr sachlich und zahlenorientiert beschrieben, er dürfte sich im Klaren darüber sein, welche Gefahren der Übernahmeversuch von Monsanto birgt.
Welche sind das aus Ihrer Sicht?
Zum einen ist der Verkaufspreis unglaublich hoch – selbst wenn alles erfolgreich verläuft, das Geld muss Bayer erst einmal wieder verdienen. Dann hat Bayer die Öffentlichkeit gegen sich – auch die Medien werden Bayer wegen des Deals attackieren.
Ursprünglich hatte Monsanto einmal angekündigt, das Agrargeschäft von Bayer übernehmen zu wollen. Nun haben die Leverkusener den Spieß umgedreht. Ist so etwas üblich?
Das ist schon üblich – vor allem in der Chemie- und Pharmabranche gibt es aktuell eine sehr starke Konsolidierung. Es gibt immer weniger Kandidaten für einen Zukauf. Bei Monsanto kommt eine einzigartige Gelegenheit hinzu, nämlich dass es kartellrechtlich wahrscheinlich keine Bedenken gibt. Bei den meisten Deals in annährend ähnlicher Größenordnung ist das Kartellrecht die größte Hürde. Denken Sie an die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka.
Baumann hat bereits viele Erfahrungen mit Übernahmen. So war er 2004 an der Übernahme des Consumer Health-Geschäfts von Roche beteiligt, ein Jahr später beim Kauf von Schering. Auch dutzende kleinere und mittlere Akquisitionen sind sein Verdienst. Hilft ihm das?
Natürlich ist Erfahrung hilfreich. Diese Verhandlungen allerdings sind mit denen aus der Vergangenheit nicht vergleichbar. Das wird auch Baumann bald merken. Ich bleibe dabei: Wenn Baumann den Deal in den nächsten Wochen nicht zuschnürt, scheitert er.