Midea macht Kuka ein Angebot Die Fakten zum Roboter-Deal

Chinas Firmenbosse gehen in Deutschland auf Einkaufstour. Jetzt hat der Midea-Konzern ein Übernahmeangebot für den Augsburger Roboterbauer Kuka vorgelegt. Fragen und Antworten zu einem spektakulären Deal.

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Ein Roboter schüttet Bier in ein Glas: Kuka steht für deutsche Hochtechnologie. Quelle: AFP

München/Peking Anleger des deutschen Roboterherstellers Kuka können ihre Aktien nun an den chinesischen Midea-Konzern verkaufen. Das Unternehmen aus der südchinesischen Provinz Guangdong veröffentlichte am Donnerstag offiziell sein Übernahmeangebot, das bis zum 15. Juli läuft. Fragen und Antworten zu einem spektakulären Übernahmeangebot.

Warum gibt es soviel Aufregung um Kuka?
Deutschland sieht sich bei der Digitalisierung der Industrie in einer Führungsrolle. Der Roboterhersteller Kuka hat in dieser Industrie 4.0 eine Schlüsselposition. Das Unternehmen stellt zum Beispiel die neuen kleinen, kollaborativen Roboter her, die direkt neben dem Menschen arbeiten können. Manche Politiker und Unternehmer fürchten einen Ausverkauf deutscher Hochtechnologie. Nahezu im Wochenrhythmus werden derzeit neue Übernahmen europäischer Firmen durch Käufer aus der Volksrepublik bekanntgegeben. Doch im Fall Kuka hat sich die Politik eingeschaltet.

Was bieten die Chinesen?
Der Hausgerätehersteller Midea bietet 115 Euro je Aktie. Das Unternehmen mit zuletzt rund drei Milliarden Euro Umsatz wird mit stolzen 4,5 Milliarden Euro bewertet. Solch eine Offerte können auch Großaktionäre wie Voith nur schwer ablehnen.

Welche Sorgen haben die Politiker?
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel schaltete sich in die Debatte mit dem Argument ein, deutsche Arbeitsplätze dürften nicht auf dem „Altar der Marktwirtschaft“ geopfert werden, wenn es nicht gleiche Spielregeln gebe. „Es geht nicht um Protektionismus“, sagte Gabriel. „Es geht darum, Fairness einzufordern.“ EU-Digitalkommissar Günther Oettinger hatte davor gewarnt, dass deutsche Spitzentechnologie nicht in chinesische Hände gelangen sollte.

Was sagt Midea in China dazu?
Das Unternehmen steht zu seinem Angebot. Die Firma sieht Roboter als einen Zukunftsmarkt. „Unser Engagement bei Kuka ist für uns kein politisches Thema, sondern ein wirtschaftliches“, sagte Midea-Vizechef Andy Gu dem Handelsblatt. Auf die Kritik von Gabriel und Oettinger entgegnete Gu: „China ist kein monolithischer Block aus Staatskapitalismus.“

Das Vorgehen von chinesischen Staatsfirmen im Ausland dürfe nicht mit dem Auftreten von Privatunternehmen wie Midea gleichgesetzt werden. Sein Unternehmen sehe großes Wachstumspotenzial für Kuka in China. Mit der Übernahme wolle Midea der deutschen Firma beim Durchstarten auf dem Milliardenmarkt in der Volksrepublik helfen. Kuka behalte seine volle Unabhängigkeit, versprach Gu.

Wie hat China reagiert?
Chinas Unternehmen in Deutschland sind alarmiert. Der Geschäftsführer der chinesischen Handelskammer in Deutschland, Duan Wei, kritisierte „protektionistische Tendenzen“. Chinas Firmen verfolgten keinen Technologieklau. Vorurteile gegenüber der Volksrepublik schadeten dem Standort Deutschland, sagte Duan dem Handelsblatt. Auch Premier Li mahnte diese Woche gegenüber Merkel, chinesische Unternehmen müssten in Deutschland fair behandelt werden.

Was für Garantien bietet Midea?
Die Chinesen wollen Kuka nicht von der Börse nehmen und dem Unternehmen viel Eigenständigkeit lassen. Arbeitsplätze, Standorte und Patente sollen langfristig garantiert werden. Allerdings dürften solche Garantien nach Einschätzung von Beobachtern je nach Ausgang der Verhandlungen nur für drei bis zehn Jahre gelten.


„Es gibt garantiert kein Kuka-Gesetz“

Ist Kuka für die deutsche Wirtschaft tatsächlich so wichtig?
Darüber gehen die Meinungen auseinander. „Die Firma ist ein Flaggschiff der Industrie 4.0-Technologie und Weltmarktführer etwa bei der Technologie, Roboter zunehmend mit Menschen kommunizieren zu lassen“, sagt der Wirtschaftsexperte des China-Instituts Merics, Jost Wübbecke.

In Industriekreisen heißt es hingegen, Kuka sei überbewertet. Sei die Firma tatsächlich so wichtig, hätte die deutsche Autoindustrie selbst zugeschlagen. „Industrievertreter sagten mir, dass Kuka nicht so gewichtig ist, dass dies ein Einschreiten rechtfertigen würde“, hebt Kai Lucks, Vorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions, hervor.

Könnten deutsche Politiker die Übernahme überhaupt stoppen?
Kaum. In Regierungskreisen ist man sich weitgehend einig, dass es keine rechtliche Grundlage für ein Einschreiten gibt. Daher hatten mehrere Experten eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes ins Spiel gebracht, um künftig Übernahmen notfalls verhindern zu können. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat das jedoch schon abgelehnt: „Es gibt garantiert kein Kuka-Gesetz. Das ist Quatsch.“

Wie geht es jetzt weiter?
Der Kuka-Vorstand muss nun das Angebot prüfen und eine Stellungnahme abgeben. Für die Aktionäre beginnt nun die vierwöchige Annahmefrist.

Wer könnte noch ein Gegenangebot abgeben?
Wichtige deutsche Autohersteller und Siemens haben bereits abgewunken. Auch gilt es als unwahrscheinlich, dass Voith zu diesen hohen Preisen aufstockt.

Bleibt vor allem ABB: Die Schweizer haben grundsätzliches Interesse und die Produktpaletten ergänzen sich gut. Allerdings ist ABB das Thema derzeit politisch zu heikel, um selber ein Angebot abzugeben. Man will gerufen werden. Ob die Arbeitsplätze bei einer Übernahme durch ABB sicherer wären, darf bezweifelt werden. ABB könnte Synergien zum Beispiel in Vertrieb und Entwicklung bergen.

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