Model 3 wird enthüllt Der Traum vom Tesla für alle

Tesla-Chef Elon Musk wird kommende Woche das neue Model 3 präsentieren – ein Elektroauto für die Mittelklasse. Damit will der Elektropionier in den Massenmarkt entsteigen. Ob das gelingt, ist mehr als unklar.

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Nach dem Model S und dem Model X will Tesla ab 2018 das Model 3 verkaufen. Es soll der Einstieg in den Massenmarkt werden. Quelle: PR

Düsseldorf/New York Das Versprechen ist schon zehn Jahre alt: Im Juli 2006, als Tesla den ersten Roadster präsentierte, erklärte der damalige Tesla-Investor Elon Musk bereits, man wolle in drei Jahren ein Modell für weniger als 50.000 Dollar auf den Markt bringen. Es kamen die Oberklasselimousine Model S und das Oberklasse-SUV Model X. Doch auf ein Modell für den Massenmarkt warten die Tesla-Anhänger bis heute.

Kommende Woche soll das Warten ein Ende haben. Dann wird der heutige Tesla-Chef Musk das Model 3 präsentieren. Es ist das Auto, auf das Tesla seit der Gründung hinarbeitet: ein Elektroauto für die Mittelklasse, dessen Einstiegspreis bei rund 35.000 Dollar (etwa 31.000 Euro) liegen soll: ein Tesla für jedermann. Das Model 3 ist der erste Schritt hin zu einem lang gehegten Traum von Elon Musk. Die elektrische Mobilität soll massentauglich werden – und ein neues Zeitalter auf der Straße einläuten. Ein Zeitalter, in dem die jahrelange Abhängigkeit der Menschheit von fossilen Energieträgern enden soll.

Wann immer Musk in den vergangenen Jahren mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, Tesla sei nichts weiter als ein Spielzeug für Millionäre, kontert er mit dem gleichen Argument: Alle Technologien, vom Farbfernseher bis zum Handy, seien hochpreisig gestartet – und erst dann im Massenmarkt durchgestartet. Das Model 3 soll Tesla in neue Absatzhöhen katapultieren. Im Jahr 2020, so sehen es die Pläne von Tesla vor, wollen die Kalifornier weltweit 500.000 Autos verkaufen und ihren Absatz damit verzehnfachen.

Doch bisher werden diese hochtrabenden Pläne vor allem vom Vertrauen der Investoren getragen. Denn seit der Firmengründung schreibt Tesla Verluste. Trotzdem hat sich der Wert der Aktie in nur drei Jahren verachtfacht. An der Börse ist Tesla mittlerweile dreimal so viel wert wie Fiat-Chrysler. Die Anleger teilen den Traum von Musk, im elektrischen Massenmarkt eine Führungsrolle zu übernehmen.

Dabei ist der Erfolg des Model 3 noch längst nicht ausgemacht. Denn Elektroautos bleiben bisher eine wenig lukrative Angelegenheit, vor allem wegen der teuren Batterie. Teslas Lösung: eine Gigafactory in Nevada, die mit hohen Stückzahlen auch die Produktionskosten der Batterien senken – und das Elektroauto damit massentauglich machen soll. Doch bis die neue Riesenfabrik tatsächlich produziert, dürfte noch Zeit ins Land gehen. Gerade einmal 14 Prozent sind nach Angaben von Tesla fertiggestellt. Statt Ende 2017 – wie ursprünglich geplant – soll die Fabrik erst 2020 komplett fertiggestellt werden. Das Model 3 soll allerdings schon ab 2018 verkauft werden. Darum wird die Fabrik zunächst nur teilweise eröffnet und dann modular erweitert.


Warum der Einstiegspreis eine Utopie ist

Auf einen großen Preisvorteil zum Start kann Tesla sich darum aber nicht verlassen. Wahrscheinlicher ist, dass die Kalifornier auch mit dem Model 3 erst einmal Lehrgeld zahlen müssen. Egal ob Roadster, Model S und Model X – bei all seinen Modellen hatte der Pionier stets mit den Feinheiten der Produktion und etlichen Rückschlägen zu kämpfen. Beim Model X waren es die Flügeltüren, die für monatelange Verzögerungen sorgten.

Auch aus Kreisen der Zulieferer ist immer wieder zu hören, dass die Kalifornier noch „Welpenstatus“ genießen. Doch verschieben kann man die Premiere diesmal kaum: Mit dem Bolt von GM und dem überarbeiteten i3 von BMW stehen bereits Konkurrenten bereit, um Tesla den Pionierstatus im Mittelklassesegment streitig zu machen.

Anders als beim Model S und beim Model X kann der Elektropionier es sich diesmal auch nicht leisten, eventuelle Rückschläge über den Einstiegspreis zu kompensieren, wenn man am Versprechen, ein Modell für den Massenmarkt zu bauen, festhalten will.  Trotzdem dürfte der kolportierte Preis von 35.000 Dollar am Ende kaum mehr als ein Symbol sein. „Der Einstiegspreis ist so mythisch wie ein Einhorn“, sagt Alexander Edwards, Chef der Marktforschung Strategic Vision. Mehr Leistung und Sonderausstattung lassen die Kalifornier sich in der Regel gut bezahlen. Denn einen hohen Verlust pro Fahrzeug kann Tesla sich nicht leisten - insbesondere im Massensegment.

Doch selbst der Absatz von Model S und Model X reichen noch nicht, um die Kosten für Produktion, Entwicklung und Expansion zu finanzieren – und das bei Preisen im Oberklasseniveau. Schon heute würden die Kalifornier noch höhere Verluste schreiben, wären da nicht die Null-Emissionskredite. Die gewähren einige amerikanische Bundesstaaten besonders sauberen Autoherstellern. Weil Elektroautos kein CO2 und andere Gase ausstoßen, kann Tesla seine Verschmutzungsrechte an andere Firmen verkaufen.

Noch wichtiger wird es sein, die Kosten in den Griff zu bekommen. Alleine in den kommenden Jahren wird Tesla nach Schätzungen der britischen Bank Barclays 11 Milliarden Dollar aufbrauchen – ohne Gewinne zu machen. Am Ende könnte der Pionier gezwungen sein, sich an die Regeln der Branche anzupassen, die er eigentlich umkrempeln will. Denn Teslas Ansatz der permanenten Verbesserungen abseits der Modellzyklen dürfte bei einer größeren Modellpalette deutlich schwerer zu bewältigen sein.


Höchstgrenzen der Förderung

Und auch die langen Wartezeiten kann Tesla sich im Massenmarkt nicht leisten: Käufer des Model X müssen heute schon ein Jahr warten, bis ihr Auto geliefert wird. Geduld, die im Volumensegment nur wenige Käufer mitbringen. Auch das Servicenetz von Tesla ist noch deutlich kleiner als bei der angestammten Konkurrenz. Bisher konzentriert sich Tesla auf den Direktvertrieb und wenige Niederlassungen. 

Selbst wenn die Anpassung gelingt: Jenseits des Silicon Valley kämpfen Elektroautos selbst in den USA mit großen Imageproblemen. BMW, Nissan oder General Motors werden ihre Fahrzeugen kaum los. Einer der größten Hemmnisse ist die Reichweite. Selbst das vielgelobte Supercharger-Netz, das Tesla seinen Kunden gebaut hat, dürfte bei einem Einstieg von Tesla in den Massenmarkt stärker beansprucht werden. In den USA – dem Land der unbegrenzten Highways – haben die Kunden Angst, mit einer leeren Batterie mitten auf der Strecke stehen zu bleiben.

Und ausgerechnet auf dem wichtigen Heimatmarkt könnte die Lage für das Model 3 noch komplizierter werden. Zwar kann jeder Amerikaner beim Elektroautokauf 7500 Dollar von der Bundesteuer abschreiben. Doch der Gesetzgeber deckelt für jeden Hersteller die Anzahl der Fahrzeuge auf 200.000 Stück. Verkauft Tesla weiterhin so viele Model S und X wie bisher, ist die Höchstgrenze Mitte 2018 erreicht. Da das Model 3 erst 2018 auf den Markt kommt, würde der Steueranreiz für die meisten Limousinen nicht mehr gelten. Damit würde sich das Model 3 im zweitgrößten Automarkt der Welt auf einen Schlag um 20 Prozent verteuern.

Der lange gehegte Traum, mit dem Model 3 den Massenmarkt zu erobern, dürfte darum zur größten Herausforderung in der kurzen Firmengeschichte von Tesla werden.

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