Monsanto-Übernahme Mit welchen Hürden Bayer noch zu kämpfen hat

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Deal verstößt eindeutig gegen das US-Kartellrecht

In den USA gedeihen die Sorgen im Wahlkampf prächtig. Die Übernahme sei „eine Gefahr für alle Amerikaner“, warnt der demokratische Expräsidentschaftskandidat Bernie Sanders. Der aus dem ländlichen Iowa stammende Abgeordnete Chuck Grassley bestellte Manager von Bayer bereits zu einer Anhörung im Senat in Washington ein. „Mir scheint es, als sei diese Konsolidierungswelle zu einem Tsunami geworden“, sagt er. Ein von Verbraucherschützern finanziertes Gutachten kommt bereits zu dem Ergebnis, dass der Deal eindeutig gegen das US-Kartellrecht verstößt. „Dass Dritte bei solchen Fusionen intervenieren wollen, ist normal“, sagt ein in der Szene gut vernetzter Anwalt. „Dass solche Gutachten so früh auftauchen, ist aber ungewöhnlich.“

Bayer / Monsanto dominiert bei Unkrautvernichtern

Skepsis scheint durchaus angebracht. „Hier schließen sich Unternehmen zusammen, die zum Teil denselben Leuten gehören“, sagt der Chef der deutschen Monopolkommission Achim Wambach. Damit meint er etwa den US-Vermögensverwalter Blackrock, der an beiden Unternehmen Anteile von mehr als sechs Prozent hält. „Es wäre naiv, zu glauben, dass die politische Stimmung bei diesem Verfahren keine Rolle spielt“, sagt der Wettbewerbsökonom Justus Haucap. „Das ist ein sehr schwieriger Fall.“

EU-Kommissarin Margrethe Vestager hat angekündigt, die Fusion „sehr sorgfältig“ zu prüfen. Die Komplexität dürfte tatsächlich beispiellos sein. Zusätzlich erhöht wird sie dadurch, dass sich neben Bayer und Monsanto auch die US-Konkurrenten Dow und DuPont zusammenschließen; die chinesische ChemChina kauft den Konkurrenten Syngenta. Damit bleiben von den sechs großen Agrarkonzernen nach der Fusionswelle nur noch drei übrig, vier, wenn man die deutsche BASF mitzählt.

Es geht um 20.000 einzelne Märkte

Die Behörden müssen nun entscheiden, ob so viel Konzentration gesund ist. Dazu können die Kartellwächter nicht einfach die globalen Anteile beim Pflanzenschutz addieren. Jedes Mittel gegen Insekten oder Pilze gilt in jedem Land als eigener Markt. Bei Unkrautvernichtern müssen die Prüfer zudem danach differenzieren, ob sie im Boden oder an der Erdoberfläche eingesetzt werden. Insgesamt geht es bei der Übernahme deshalb um 20.000 einzelne Märkte, ein gefundenes Fressen für alle Kartellanwälte dieser Welt.

Bayer / Monsanto dominiert bei Baumwollsaatgut (Für eine vergrößerte Ansicht bitte auf die Grafik klicken.)

Besonders kritisch hat die EU-Kommission in den vergangenen Jahren darauf geachtet, dass Fusionen nicht zulasten der Innovation gehen. So musste der Pharmakonzern Novartis bei der Übernahme der Krebsmedizinsparte des Konkurrenten GlaxoSmithKline 2015 die Rechte an zwei Medikamenten im Entwicklungsstadium verkaufen. „Auch Bayer könnte Lizenzen für Forschungsprojekte abtreten müssen“, sagt Wettbewerbsökonom Haucap.

Schon jetzt können sich nur die größten Konzerne aufwendige Forschungsprojekte zum Pflanzenschutz leisten. Diese konzentrieren sich im Wesentlichen auf große Umsatzbringer wie Weizen, Mais und Soja. „Was fehlt, sind etwa Lösungen mit echtem Mehrwert, zum Beispiel bessere Inhaltsstoffe für bessere Nahrungssorten“, sagt Bauernvertreter Krüsken. Kleinere Kulturen wie etwa Himbeeren würden von den Agrarkonzernen vernachlässigt.

In der EU liegt die Prüfung in den Händen von Thomas Deisenhofer. Dem deutschen Abteilungsleiter der Generaldirektion Wettbewerb stehen nur sieben Mitarbeiter zur Seite, die alle drei Agrarfusionen detailliert durchdringen müssen. Schon vor Wochen reisten Vertreter von Bayer und Monsanto für ein informelles Treffen nach Brüssel. Offiziell zur Prüfung anmelden dürften sie die Fusion erst Anfang kommenden Jahres.

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