Münchener Biotech-Firma Morphosys schafft Durchbruch bei Schuppenflechte-Mittel

Die Münchner Biotechfirma Morphosys feiert mit einem Medikament gegen die Hautkrankheit Schuppenflechte ihre ersten Zulassungserfolg in den USA. Die Börsianer jubeln – und weitere Neuentwicklungen könnten folgen.

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Forscherin ein einem Biotech-Unternehmen. Quelle: dpa

25 Jahre nach ihrer Gründung feiert die Biotech-Firma Morphosys aus München ihren ersten Markt-Erfolg: Der US-Pharma-Riese Johnson & Johnson erhielt von der US-Arzneimittelbehörde FDA am Donnerstagabend die Zulassung für das in Kooperation mit Morphosys entwickelte Medikament Tremfya. Tremfya wird für die Behandlung von Schuppenflechte eingesetzt – eine Hautkrankheit, unter der weltweit mehr als 100 Millionen Menschen leiden.

Damit wird in Kürze erstmals ein Medikament auf den Markt kommen, das aus der Antikörper-Bibliothek des Münchner Biotechunternehmens hervorgegangen ist. Johnson & Johnson will in den nächsten Wochen mit dem Vertrieb des Produkts beginnen. Auch in Europa hat der US-Konzern die Zulassung beantragt. Sie wird möglicherweise aber erst 2018 kommen.

J&J-Pharmachef  Joaquin Duato bezeichnete das Mittel im Interview mit dem Handelsblatt vor wenigen Wochen als eine der wichtigsten Neuentwicklungen. Experten der Analyse-Firma Evaluate Pharma zählen das Produkt zu den zehn wertvollsten Entwicklungsprojekten der Pharmabranche. Bankanalysten rechnen  für das Medikament danach im Schnitt mit einem Umsatz von knapp 1,6 Milliarden Dollar im Jahr 2022. In klinischen Studien zeigte Tremfya bessere Wirkung als Humira, der aktuelle Bestseller des US-Konzerns Abbvie.

Dass man trotz harter Konkurrenz vom klinischen Potenzial des Wirkstoffs überzeugt ist, demonstriert der US-Konzern auch mit seiner Preis-Strategie: Das neue Schuppenflechte-Mittel kommt zu einem Listenpreis auf den Markt, der auf Jahrestherapiekosten von etwa 58.000 Dollar hinausläuft. Über Schuppenflechte hinaus testet J&J den Wirkstoff zudem in weiteren Einsatzgebieten.

Morphosys wird an den Erlösen mit Lizenzerträgen in mittlerer einstelliger Höhe beteiligt sein. Das Münchner Unternehmen kann daher mittelfristig mit Einnahmen von deutlich mehr als 50 Millionen Euro pro Jahr aus der Allianz mit J&J rechnen. Außerdem wird mit der Zulassung wohl eine kleinere Erfolgszahlung im niedrigen Millionenbereich fällig. Da die Zulassung schneller als ursprünglich erwartet kam, wird Morphosys wohl auch seine Prognose für 2017 nach oben anpassen. Denn ursprünglich hatte man erst mit einer Zulassung gegen Ende des Jahres gerechnet. Bisher geht das Unternehmen von 46 bis 51 Millionen Euro Umsatz und, als Folge hoher Forschungsausgaben, einem Verlust von 75 bis 85 Millionen Euro aus.

Der kräftige Kursanstieg hievte die Börsenbewertung von Morphosys auf rund zwei Milliarden Euro. Das Unternehmen ist damit, zusammen mit der  ähnlich hoch bewerteten Hamburger Evotec, wieder zweitschwerster Wert unter den deutschen Biotechfirmen. Nur die Hildener Qiagen bringt mit rund 6,7 Milliarden Euro ein größeres Gewicht auf die Waage.

Über die unmittelbaren finanziellen Aspekte hinaus ist der Erfolg eine wichtige Bestätigung für die Strategie und das Geschäftsmodell der Münchner. Morphosys ist Spezialist für so genannte Antikörper. Dabei handelt es sich um komplizierte Eiweiß-Substanzen, die besonders zielgenau an Oberflächenstrukturen von Zellen binden können. Die Substanzklasse erlebte in den letzten Jahren eine starke Karriere im Pharmabereich und ist Grundlage für zahlreiche Medikamente.

Morphosys agiert dabei primär als Technologiepartner für Pharmafirmen, die den Antikörper-Pool und die Technologien von Morphosys für die Wirkstoffsuche nutzen. Zu den wichtigen Partnern neben J&J gehören vor allem Novartis, Roche, Bayer und Pfizer. Zum anderen betreibt Morphosys aber auch eine Reihe von Entwicklungsprojekten in eigener Regie.

Insgesamt befinden sich inzwischen mehr als 100 Substanzen aus der Antikörperforschung des Münchner Unternehmens in der klinischen Entwicklung, darunter sechs Projekte, die Morphosys in eigener Regie betreibt. Das Münchner Biotechunternehmen hat damit Aussicht, dass im Laufe der nächsten Jahre eine ganze Reihe weiterer Medikamente auf den Markt kommen könnten, an denen man mit Lizenzerträgen beteiligt ist.

Der nächste Kandidat in dieser Reihe könnte der Wirkstoff Anetumab sein, den Bayer gegen verschiedene Krebsarten testet und der nach Hoffnung des Leverkusener Konzerns 2019 eine erste Zulassung erhalten könnte. Bayer traut diesem Produkt mindestens zwei Milliarden Euro Spitzenumsatz zu.

Große Hoffnungen setzt Morphosys auch auf den in Eigenregie entwickelten Antikörper MOR208, für den man inzwischen eine zulassungsrelevante Studie in der Behandlung  des B-Zell-Lymphoms, einer gefährlichen Art von Blutkrebs, gestartet hat. Er wird darüber hinaus auch gegen verschiedene Leukämien getestet.

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