Nach ARD-Reportage Strafanzeige gegen Daimler-Chef

Nach der ARD-Reportage über Leiharbeiter bei Daimler liegt der Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Strafanzeige gegen Konzernchef Dieter Zetsche und andere Beteiligte vor. Der Vorwurf: illegale Arbeitnehmerüberlassung.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Brandherde des Dieter Zetsche
Citan versagt beim Crash-TestDie Zusammenarbeit zwischen Mercedes und Renault kratzt schwer am Image der deutschen Premiummarke. Das erste gemeinsame Produkt, der Kastenwagen Citan offenbart beim Euro-NCAP-Crashtest schwere Sicherheitsmängel. Statt wie üblich fünf gab es für den Mercedes nur drei Sterne. Der Kopfairbag verfing sich beim simulierten Frontalzusammenstoß. Und das harte Armaturenbrett hätte im Ernstfall den Insassen ernste Verletzungen zugefügt. Der Citan schnitt hier sogar noch schlechter ab als der Kangoo. Quelle: Screenshot
Ein Audi auf einer Rennstrecke Quelle: Audi
Ein schöner alter Mercedes Quelle: dpa/dpaweb
Dieter Zetsche und Carlos Ghosn Quelle: REUTERS
Kein starker GroßaktionärWährend bei BMW Johanna Quandt und ihren Kindern Stefan Quandt und Susanne Klatten gut 48 Prozent der Stimmrechte halten, fehlt Daimler ein solch starker Großaktionär. Kuwait ist mit einem Anteil von 7,6 Prozent Daimler größter Einzelaktionär. Erst im vergangenen Oktober trennte sich der bis dahin bedeutendste Aktionär, das Scheichtum Abu Dhabi, von seinen Anteilen. Der Staatsfonds Aabar besitzt nun keine direkten Stimmrechte mehr an dem Dax-Konzern. Dafür ist der chinesische Staatsfond CIC bei den Schwaben eingestiegen, allerdings ebenfalls nur mit knapp drei Prozent. Eine starke Schutzmacht im Rücken fehlt Zetsche damit nach wie vor. Quelle: dpa
Qualm kommt aus einem Auspuff Quelle: AP
Schwaches KleinwagensegmentBMW setzte 2012 mehr als 528.000 BMW 1er und Minis ab - das Kleinwagensegment der Bayern läuft wie geschnitten Brot. In Stuttgart sind es deutlich magerer aus - 2012 verkaufte Daimler 337.000 Smarts. Und BMW schafft es für die Mini-Flitzer stattliche Preise zu verlangen. Mehr als 20.000 Euro sind Kunden bereit für einen Mini zu bezahlen. Daimlers Smart kann da nicht mithalten. Ob seine Elektroversion den Durchbruch auf dem Kleinwagenmarkt oder Carsharingmarkt bringt, steht noch in den Sternen. Quelle: dpa

Die Spitze des Daimler-Konzerns ist heute zur Präsentation des neuen Spitzenmodells Mercedes S-Klasse in Hamburg versammelt. Doch aus der schwäbischen Heimat gibt es weniger glamouröse Nachrichten. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte Handelsblatt Online, dass eine Strafanzeige gegen Daimler-Chef Dieter Zetsche vorliegt. Der Vorwurf: gemeinschaftliche Arbeitnehmerüberlassung. Die Strafanzeige, die Handelsblatt Online ebenfalls vorliegt, richtet sich auch gegen den Chef einer von Daimler beauftragten Logistikfirma, Michael Preymesser, sowie gegen Daimler-Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm.

Die Anzeige bezieht sich auf die ARD-Reportage „Hungerlohn am Fließband“, für die ein Reporter zwei Wochen lang undercover an einem Band im Daimler-Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim gearbeitet hatte. Dort werden unter anderem Bauteile für die S-Klasse gefertigt. In dem 45-minütigen Film wird dokumentiert, wie Mitarbeiter per Werkvertrag im Unternehmen arbeiten und dabei – so der Vorwurf – unzulässig in die Arbeitsläufe integriert und angeleitet werden. Außerdem sei der Stundenlohn in Höhe von 8,19 Euro so niedrig, dass damit eine Hartz-IV-Aufstockung möglich sei und die Produktion von Mercedes-Fahrzeugen so indirekt vom Steuerzahler finanziert werde.

Daimler hat den Film bereits scharf kritisiert, weil unter anderem Stellen „fingiert“ seien und der Journalist nicht mit offenen Karten gegenüber dem Unternehmen gespielt habe. „Wir haben keine Kenntnis von dieser Anzeige“, teilte das Unternehmen heute mit. „Wir halten die Vorwürfe für völlig unbegründet. Wir haben bereits gestern ausführlich erklärt, dass die Sachverhalte in dem Beitrag falsch dargestellt wurden.“

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte bereits wegen des Fernsehbeitrags – unabhängig von der Strafanzeige – einen Beobachtungsvorgang eingeleitet. Dabei dürften öffentlich zugängliche Quellen genutzt werden, um nach einem Anfangsverdacht zu suchen. „Wir prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird“, sagte eine Sprecherin Handelsblatt Online. Die Strafanzeige sei noch keinem Staatsanwalt zugeordnet worden.

Anzeigeerstatter ist Benjamin Frick, Initiator von „Leak Leiharbeit“, einem privaten Zusammenschluss ehemaliger Leiharbeiter. „Es war bereits nach fünf Minuten des TV-Berichts klar, dass es sich um illegale Arbeitnehmerüberlassung handelt“, so Benjamin Frick zu Handelsblatt Online. Er habe selbst mehr als zehn Jahre als Leiharbeiter gearbeitet und gemeinsam mit Bekannten beschlossen, aktiv gegen das wachsende Phänomen der Leiharbeit vorzugehen. „Entweder wir gehen unter, weil wir nichts unternehmen – oder wir gehen unter, weil wir etwas unternehmen“, beschreibt der 31-Jährige seine Motivation. Er selbst habe bereits zehn Jahre als Leiharbeiter gearbeitet, unter anderem bei Siemens.

Die Resonanz auf die Klageeinreichung sei enorm gewesen. Bereits mehr als 200 unterstützende E-Mails und Dutzende Facebook-Kommentare habe er erhalten.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%