Neuer BDI-Präsident Dieter Kempf will Wirtschaft anders erklären

Der künftige Industrie-Präsident Dieter Kempf will versuchen, die Kluft zwischen Wirtschaftseliten und Bürgern zu verringern. Was kann der neue BDI-Chef? Und wie sieht er sich selbst?

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Dieter Kempf hat den Chefposten beim Bundesverband der Deutschen Industrie übernommen. Quelle: dpa

Die deutsche Industrie wird künftig von einem erfahrenen Profi aus der Informationstechnik repräsentiert. Dieter Kempf, den die Mitglieder des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) am Montag zu ihrem neuen Präsidenten kürten, ist ein "dynamischer 63-Jähriger", der nach 20 Jahren auf dem Chefposten des fränkischen IT-Dienstleisters Datev eigentlich schon auf dem Weg in den Ruhestand war. Das muss nun warten: Die Aufgabe, den Brückenbau von der "alten" Industrie in die neue Welt der Vernetzung voranbringen und zu vermitteln, sei zu reizvoll, sagt er selbst. Eine seiner wichtigsten Gesprächspartnerinnen, Kanzlerin Angela Merkel, kennt der gebürtige Münchner schon, auch wenn ihre Handynummer noch fehlt.

Was kann der neue BDI-Chef? Wie sieht er sich selbst? "Ich glaube, ich kann besonders gut zuhören", fällt ihm selbst dazu ein. Er habe eine passable Auffassungsgabe. Und als Vermittler sei er schon an der Spitze des IT-Branchenverbandes Bitkom nicht schlecht gewesen.

Er will aber nicht als Softie ohne Ecken und Kanten gelten. "Ich kann auch bedarfsorientiert cholerisch werden." Kompromiss und Konsens seien zwar wichtig, aber in Grenzen. "Wenn die Wattebällchen die einzige Munition sind, die man ziehen kann, funktioniert das halt nicht mit manchen Gesprächspartnern." Den "Lautsprecher" will er als BDI-Präsident aber nicht abgeben. Kempf orientiert sich lieber am Stil seines Vorgängers Ulrich Grillo: dosierte, aber akzentuierte Stellungnahmen, wenn es geboten erscheint.

Mammutaufgabe: besser Erklären

Dass der revolutionäre Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft hin zur Vernetzung das große Thema seiner Amtszeit sein wird, liegt für den IT-Fachmann nahe. Aber ihn sorgen auch Populismus und wachsende Abschottungstendenzen. "Das tut einem Standort Deutschland nicht gut." Deshalb und auch angesichts der Ängste vor immer rascheren Veränderungen in der Welt will Kempf den Menschen die Dinge besser erklären. "Man muss auch Wirtschaft anders erklären", sagt er. Wie man sich das konkret vorzustellen hat, lässt Kempf aber weitgehend offen.

Der neue BDI-Chef kommt verbindlich und unaufgeregt daher. Wird er konkret auf Themen angesprochen, könnte er sich durchaus mit Kollegen reiben. Über den Mindestlohn kann er sich kaum aufregen - über den Verwaltungsaufwand dahinter schon. Auch über die Steuerlast in Deutschland mag er nicht groß lamentieren - es sei denn über Leute, die eine Vermögenssteuer fordern. Dass die Wirtschaft Menschen am Berufsanfang häufig nur Zeitverträge und Praktika bietet, hält er schlicht für falsch. Was mit der EU angesichts von Brexit und Griechenland-Krise geschieht, sieht er mit Sorge, spricht von Lösungsmodellen und erwähnt dabei auch die in Deutschland verpönten Euro-Bonds als Möglichkeit.

Kempf hat nach eigenen Worten Respekt vor seinem neuen Job. Das sei eine ganz "andere Nummer" als das Amt des Bitkom-Chefs. Er lässt aber keinen Zweifel: "Ich freue mich auf das Amt."

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