Neuer IC der Deutschen Bahn Wackel-Dackel auf der Schiene

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Bahn braucht den Dostock-Intercity dringend

Dennoch werfen die ungelösten Probleme am neuen Vorzeigezug der Deutschen Bahn ein schlechtes Bild auf den Hersteller. Bombardier kämpft seit Jahren mit Qualitätsproblemen. Es wirkt, als könnten selbst kleinere Fehler das Unternehmen überfordern. Das Unternehmen befindet sich derzeit in einem Restrukturierungsprozess. In der Branche gibt es Spekulationen, das Unternehmen könnte die Zahl der Arbeitsplätze in ganz Europa stark reduzieren - auch in Deutschland.

Dabei sah anfangs alles ganz gut aus. Bombardier bekam von der Deutschen Bahn 2011 den Zuschlag zum Bau von zunächst 27 Zügen mit je vier Doppelstockwagen. Das Auftragsvolumen liegt bei mehreren Hundert Millionen Euro.

Doppelstock-Züge sind im Nahverkehr seit Jahren erfolgreich im Einsatz, ihre technische Weiterentwicklung schien für Bombardier somit nur Formsache. Doch der deutsch-kanadische Konzern lieferte die ersten Garnituren trotzdem um zwei Jahre verspätet. Und jetzt belastet das Wackel-Problem das Image des einstigen Qualitätsführers.

"Die Bundesbahn ist ja gar nicht so schlecht." Wer der Bahn ab und zu eine Chance gibt, der merkt: Zugfahren in Deutschland ist echte Lebensqualität. Einfach mal ein fröhlicher Blick auf die Sonnenseiten der Bahnreise.
von Marcus Werner

Die Deutsche Bahn braucht die Züge dringend. Sie gelten als ideale Waffe im Kampf gegen die Fernbus-Konkurrenz. Der Doppelstock-Intercity drückt die Kosten pro gefahrenen Zug-Kilometer auf 18 Euro – eine Reduzierung um sieben Euro. Auf Bordrestaurants, die den Betrieb verteuern, verzichtet die Bahn. Außerdem passen in den zwei Etagen besonders viele Passagiere in einen Zug. Die Dostocks sollen den Fernverkehr vor allem in die Fläche bringen.

Das neue Konzept der Deutschen Bahn, das für den Zeitraum bis 2030 ausgelegt ist, funktioniert nur dann gut, wenn die Züge pünktlich sind. Intern hofft der Konzern, die Pünktlichkeit mittelfristig auf 85 Prozent zu heben. Der Wert gilt intern als magische Größe, um die Verlässlichkeit bei den Umsteigeverbindungen deutlich zu erhöhen.

Der Konzernumbau und Abfindungen für rund 7000 entlassene Mitarbeiter belasten das Ergebnis von Bombardier. Die Kanadier bleiben aber optimistisch. In Deutschland sind derzeit keine weiteren Stellenstreichungen geplant.

In den ersten sieben Monaten lag die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr im Schnitt bei 79 Prozent – zu wenig für die ausgerufene Pünktlichkeitsoffensive. Wenn die Bahn nun die Geschwindigkeit der Dostocks dauerhaft reduzieren müsste, um ein Wackeln zu verhindern, könnte das auch die Qualität im Fernverkehr negativ beeinflussen. Die Zeit drängt.

Wo Kunden zufrieden sind – und wo nicht
Pünktlichkeit: Jeder fünfte ICE kam 2015 mindestens sechs Minuten zu spät an. Die Leistungen entsprechen nicht annähernd den Zielen der Deutschen Bahn. Sie will in diesem Jahr eine Pünktlichkeitsquote von 80 Prozent erreichen, langfristig sogar auf 85 Prozent hoch kommen. Die Tendenz 2016 bleibt jedoch weiter schwach. Im Januar lag die Pünktlichkeitsquote bei 77 Prozent. Quelle: AP
Preise: Die Zeiten der jährlichen Preiserhöhung wegen „gestiegener Energie- und Personalkosten“ sind vorbei. Zumindest im Fernverkehr blieben die Preise seit zwei Jahren stabil - den Fernbussen sei Dank. 19-Euro-Sparpreise locken inzwischen selbst Schüler und Studenten. Die neue Devise des Vorstands: lieber volle Züge statt leerer Kassen. Preislich ist die Bahn inzwischen wettbewerbsfähig. Quelle: dpa
ICE-Restaurant: Leider ist die Küche zu oft kaputt. Mal bleiben die Getränke warm oder der Kaffee kalt. Mitunter fehlen die angepriesenen Snacks wegen schlechter Logistik. Dennoch: Wenn es läuft, dann ist ein Sitz im ICE-Restaurant der schönste Platz im Zug – gerne auch bei einem der guten Weine.Urheber: Volker Emersleben // Deutsche Bahn AG
WLAN: In der zweiten Klasse eines ICE ist WLAN noch immer nicht kostenlos und in der ersten Klasse funktioniert der Download alles andere als einwandfrei. Als 2010 zahlreiche ICE grundsaniert wurden, verzichtete das Unternehmen sogar auf den Einbau der WLAN-Technik. So viel Behäbigkeit wird nun bestraft. Die Fernbusse machen der Bahn in Sachen WLAN was vor. Erst Ende 2016 soll es auch im ICE besser werden. Viel zu spät. Quelle: dpa
Information: Schon mal in Bielefeld am Bahnhof gewesen? Seit Jahren fallen die Anzeigentafeln immer wieder aus. Bielefeld gibt es leider auch anderswo. Und wenn die Anzeigen am Bahnsteig funktionieren, dann korrespondieren sie oft nicht mit den Informationen der Bahn-Apps. In den Zügen sollte die Bahn mal ihre Durchsagen auf Relevanz überprüfen. Immerhin am Bahnsteig soll es bald Entwirrung geben. Die Bahn will Multi-Zug-Anzeigen einsetzen: mit drei Zügen auf dem Display. Das klingt gut. 40 von insgesamt 120 Fernbahnhöfen sind bereits umgerüstet. Quelle: dpa
Apps: Nicht jede Frage an @DB_Bahn beantwortet das Twitter-Team zwar zu voller Zufriedenheit. Dennoch zeigen die Twitterer der Deutschen Bahn, wie schnell und effektiv ein Konzern mit seinen Kunden kommunizieren kann. Eine starke Leistung. Auch der DB Navigator bietet echten Mehrwert. Die Deutsche Bahn beweist mit ihren Apps, dass auch traditionelle Konzerne digitale Maßstände setzen können.   Quelle: dpa
Lounges: Ein großzügiger Service für Vielfahrer: kostenloser Kaffee, Tee, Wasser und Softdrinks. In der ersten Klasse erhalten Fahrgäste auch Bier, Wein und Snacks. Leider ist die zweite Klasse oft zu voll. Die Deutsche Bahn prüft den Aufbau zusätzlicher Lounges in ein bis zwei Städten. Quelle: dpa

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