Neuer Rekord Gewürzhandel ist ein Milliardengeschäft

Pfeffer, Paprika, Zimt und Ingwer: In Deutschland wird immer stärker gewürzt. Die Produzenten in den Herkunftsländern freuen sich über „glänzende Geschäfte“ und teils kräftig steigende Preise.

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Die schärfsten Gewürze der Welt
Der Pharmakologe Wilbur L. Scoville hat 1912 eine Skala entwickelt, mit der sich Schärfegrade messen lassen - die Scoville-Skala. Heute messen Wissenschaftler den Schärfegrad nach dem Capasaicin-Gehalt in Gewürzen oder Speisen. Die Werte reichen von 0 bis über eine Million. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Diese mit einer Wurst-Käse-Mischungen gefüllten Jalapenos erreichen einen noch harmlosen Bereich von Scoville-Einheiten von 1000 bis 1500. In der selben Schärfe-Liga spielen Gemüsepaprika und italienische Peperoncini, die gerne für Pizza und Salate verwendet werden. Quelle: AP
Tabascosauce - ein weltweit beliebter Scharfmacher aus der mexikanischen Küche. Die Basis sind Tabasco-Chilis, dazu kommt Essig und Salz. Das Original stellt McIlhenny Co. seit 1868 her. Scoville-Einheiten: Rund 2.500. Quelle: PR
Sambal Oelek - die indonesische Paste steht in vielen asiatischen Restaurants auf dem Tisch. Doch Vorsicht! Eine Messerspitze genügt, um einen ganzen Teller in ein kulinarisches Inferno zu verwandeln. Bis zu 10.000 Scoville-Einheiten erreicht die Sauce. Quelle: Gemeinfrei
Die Chilisorte "Cayenne" hat es schon ordentlich in sich. Aus den getrockneten Schoten wird der Cayenne-Pfeffer gewonnen. Er bringt es auf 30.000 Skoville-Einheiten. Quelle: dpa
Nua-Pad-Prik heißt dieses thailändische Gericht. Eine Art Eintopf mit Fleisch, Thai-Basilikum, Zwiebeln, Knoblauch - und jeder Menge feurigster Chilis. Es gilt als eines der schärfsten Gerichte der Welt. Quelle: dpa
Ein Feuerwerk aus der chinesischen Provinz Sinchuan - der Hot Pot. Nur mit äußerster Vorsicht zu genießen und am besten Trinkjoghurt oder Milch bereit stellen. Wasser verteilt die Schärfe nur im Mund, effektive Milderung bringen dagegen milchhaltige Getränke, in deren Fett sich das Capsaicin löst. Quelle: dpa

Stolz steht Wijith Jayatilleke auf einer kleinen Anhöhe. Zu allen Seiten erstrecken sich seine Zimtsträucher, in saftigem Grün und eng gepflanzt - 19 Hektar des begehrten Ceylon-Zimtes in Kosgoda im Südwesten Sri Lankas. „Der Markt ist super für uns, die weltweite Nachfrage übersteigt das Angebot“, sagt der 55-Jährige Zimtbauer. Seine Sorge ist eher, dass er nicht genügend junge Menschen findet, die bei ihm auf der Plantage arbeiten wollen.

Sri Lanka, das frühere Ceylon, ist das Ursprungsland des Zimts, und auch heute noch Herkunftsland von mindestens 80 Prozent der weltweiten Produktion. „Wir können den Markt gut kontrollieren“, sagt Nanda B. Kohona, Vorsitzender des Industrieverbandes The Spice Council in Sri Lankas Hauptstadt Colombo.

Die Zimtproduktion sei eine florierende Industrie. „Wir könnten noch viel mehr verkaufen, weil der Konsum vor allem in Süd- und Mittelamerika ständig steigt.“ Viele Mexikaner dippten schon am Morgen eine Zimtstange in den Tee. Die Branche suche inzwischen händeringend nach Arbeitskräften: „Wir haben 30.000 Menschen, die Zimt schälen können, aber wir bräuchten 70.000 Schäler.“

Auch der Pfefferanbau auf der Insel im Indischen Ozean läuft wegen der hohen Großhandelspreise rund. Die Pflanzer steckten das zusätzliche Geld oft wieder in die Plantagen, um in den kommenden Jahren die Produktion zu erhöhen, erklärt Kohona. Pfeffer aus Sri Lanka, der auf rund 33.000 Hektar entweder als Monokultur oder in Kokosnuss- und Teeplantagen angebaut wird, hat einen besonders hohen Piperin-Gehalt, das ist der Träger des scharfen Pfeffer-Geschmacks. „Dadurch bekommen wir noch bessere Preise als andere Produzenten“, sagte Kohona.

Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Euro

Diese natürlichen Aromen und Farbstoffe sind mehr als eklig
Propylenglycol Sollten Sie heute im Laufe des Tages Backwaren, Desserts, fertige Salatdressings oder Limonade zu sich nehmen, tanken Sie Ihre tägliche Dosis Frostschutzmittel. Hinter dem Kürzel E405 verbirgt sich nämlich Propylenglycol, was in der Industrie zur Herstellung von Kunstharzen, Konservierungsstoffen und als Frostschutz- und Desinfektionsmittel eingesetzt wird. In Verbindung mit Alginsäure landet es als Zusatzstoff in Lebensmitteln. Quelle: dpa
AlginateRein natürlichen Ursprungs sind dagegen die aus Braunalgen hergestellten Alginate, die sich hinter den Nummern E400 bis E4004 verbergen. Je nach Nummer steckt dieser natürliche Stoff in Joghurt, Eis oder Waschmittel. Quelle: dpa
Tertiär-ButylhydrochinonTertiär-Butylhydrochinon (TBHQ) ist en sogenanntes Antioxidans und sorgt bei verschiedenen tierischen Fetten und fetthaltigen tierischen Lebensmitteln dafür, dass eben diese Fette nicht ranzig werden. So kommt TBHQ beispielsweise in Schmalz oder Chicken nuggets vor und verbirgt sich hinter der Kennzeichnung E319. Gewonnen wird der Stoff in chemischer Synthese - und zwar aus Erdöl. Quelle: Fotolia
Butylhydroxytoluol Auch Butylhydroxytoluol ist ein solches Antioxidant und sorgt sowohl in fetthaltigen Speisen als auch in Fertigwürzmitteln, Kartoffelpüreepulver oder Frühstücksflocken für längere Haltbarkeit. Der Zusatzstoff mit der Kennziffer E 321 darf nicht in Kindernahrung eingesetzt werden, weil er zu einer gefährlichen Sauerstoffunterversorgung führen kann. Chemisch ist der Stoff mit dem Desinfektions- und Holzschutzmittel Phenol verwandt. Quelle: dpa
CastoreumDer natürliche Aromastoff Castoreum, zu deutsch "Bibergeil", ist ein Drüsensekret mit dem Biber ihr Revier markieren. Die Drüse sitzt beim Biber zwischen After und Geschlechtsteil. In den USA ist Bibergeil als Nahrungszusatz zugelassen und landet überwiegend in Lebensmitteln mit natürlichem Vanillearoma, aber auch als Himbeer- und Erdbeeraroma. Was noch alles in unserem Essen steckt, lesen Sie hier. Quelle: Fotolia

Zimtbauer Jayatilleke schaut zuversichtlich in die Zukunft seiner Plantage, die sich rund um die 150 Jahre alte Residenz erstreckt. Das ausladende Haus in Kolonialarchitektur, voller Teakholz-Möbel und Schwarz-Weiß-Fotos der Vorfahren, habe er an schon an die fünfte Generation übergeben, sagt Jayatilleke. „Meine Tochter übernimmt ein glänzendes Geschäft.“

Mit rund 69.000 Tonnen erreichte der Verbrauch an Gewürzen in Deutschland im vergangenen Jahr einen Rekordwert. Noch 1995 hatte der Inlandsverbrauch bei rund 41.000 Tonnen gelegen. Es werde immer besser gewürzt, stellt der Geschäftsführer des Fachverbands der Gewürzindustrie, Gerhard Weber, fest.

„Wann die Obergrenze erreicht ist, weiß kein Mensch“, sagt er. Grund sei auch ein Trend zu den oft stärker gewürzten Fertiggerichten. Mit einem Anteil von über 60 Prozent sei die Nahrungsmittelindustrie Hauptabnehmer der Branche.

Für 2014 geht der Verband von einem Umsatz in Deutschland von rund 1,2 Milliarden Euro aus - mit weiter steigender Tendenz im laufenden Jahr. Lieblingsgewürz der Deutschen ist mit weitem Abstand Pfeffer vor Paprika und dem neuen Trendgewürz Ingwer. Die scharfe Knolle sei in deutschen Küchen derzeit auf dem Vormarsch und habe damit das Zitronengras als Trendsetter der vergangenen Jahre abgelöst.

Für ihr Lieblingsgewürz müssen Verbraucher künftig wohl tiefer in die Tasche greifen. „Die schlechte Prognose für die Pfefferernte in Indien und Sri Lanka treibt sofort die Preise nach oben“, heißt es in einer aktuellen Analyse des Gewürzverbands. Nahezu jedes Preisniveau werde akzeptiert.

Auch andere Gewürze wie Kümmel oder Knoblauch könnten teurer werden. Für den Endverbraucher im Laden werde sich der Preisanstieg allerdings wohl in Grenzen halten, meint Weber.

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