Nivea-Konzern Beiersdorf Heidenreichs große Bewährungsprobe

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Erfolgsfaktor Heidenreich

Dass Beiersdorf überhaupt zum Angreifer werden konnte, verdankt das Unternehmen zweifelsfrei seinem jetzigen Chef. Heidenreich war vor vier Jahren aus der Schweiz an die Alster gewechselt. In Lenzburg im Kanton Aargau hatte er den Marmeladenkocher und Müsliriegelhersteller Hero (Schwartau) geführt, der dem Industriellen Arend Oetker gehört. Als Heidenreich in Hamburg seinen neuen Job antrat, war Nivea gerade 100 Jahre alt geworden. Doch Grund zum Feiern gab es wenig. Die Traditionsmarke galt als pflegebedürftig und drohte den Anschluss an die Weltspitze zu verlieren. Heidenreichs Vorgänger Thomas-B. Quaas hatte versucht, den Namen Nivea auf möglichst viel Neues zu pappen, zum Beispiel auf dekorative Kosmetik wie Lippenstift, Nagellack und Make-up. Das aber ging schief, die Produktpalette uferte aus, der Umsatz kam nie auf Touren.

Quaas blieb nur noch die Kehrtwende. Er reduzierte die Zahl der Mitarbeiter weltweit um 1000 auf zuletzt 17 500 und durfte noch die neue Marschrichtung ausgeben: Weniger soll künftig mehr sein. Die Umsetzung des Konzepts übernahm dann Heidenreich. Er kassierte die aufwendig inszenierte Kosmetiklinie Nivea Beauté wieder und nahm jedes fünfte Nivea-Produkt weltweit vom Markt.

Zudem musste Heidenreich in China Feuerwehr spielen, wo sich sein Vorgänger 2007 mit der 270 Millionen Euro teuren Übernahme des Haarspezialisten C-Bons Hair Care verhoben hatte. Der Zukauf erwies sich als Sanierungsfall. Beiersdorf musste viel Geld nachschießen. Inzwischen verliert der Konzern in Asien zumindest kein Geld mehr. „Nivea steht glänzend da“, sagt Lampe-Analyst Steiner. „ Die Marke ist aus meiner Sicht stärker als je zuvor.“

So stieg die operative Umsatzrendite seit 2011 von 11,5 Prozent auf die Rekordmarke von 14,4 Prozent im vergangenen Jahr; fast auf das Niveau des großen deutschen Rivalen Henkel (Schwarzkopf). Der Wert des Unternehmens an der Börse verdoppelte sich unter seiner Ägide nahezu. Beiersdorf habe „einen hohen Grad an Stabilität und Widerstandskraft erreicht“, sagte Heidenreich vor wenigen Wochen bei der Aktionärsversammlung. „Dadurch sind wir in der Lage, auch unter schwierigen Rahmenbedingungen wirtschaftlich erfolgreich zu sein.“

Best Brand 2015 Jahresranking

Dass er das kann, muss Heidenreich erst noch beweisen – mit oder ohne Übernahme. Denn dass die „Rahmenbedingungen“ für Beiersdorf schwieriger werden, ist unübersehbar, geschuldet vor allem einer schwächeren Konjunktur und härterem Wettbewerb in wichtigen Märkten.

  • In Brasilien, dem weltgrößten Deo- und Sonnencreme-Markt, ist Beiersdorf zwar stark gewachsen. Das Tempo wird sich aufgrund der konjunkturellen Probleme des Landes aber verlangsamen.
  • In China wiederum bekommt die Klebstofftochter Tesa die Abkühlung der Industriekonjunktur und die schwächere Nachfrage zu spüren. Tesa stellt dort unter anderem Klebefolien für Handys her. Aufträge sind ausgelaufen und nicht erneuert worden.
  • In gesättigten Märkten wie Europa wird das Geschäft schwieriger. Beim Discounter Aldi etwa ist Beiersdorf mit Nivea nicht mehr der einzige Lieferant für Körperpflegemittel; als einer der letzten großen Markenhersteller wagte sich kürzlich auch Unilever ins Aldi-Sortiment, unter anderem mit Duschdas. Einbußen in Italien und in der Schweiz ließen den Umsatz von Beiersdorf in Westeuropa sogar um 0,3 Prozent sinken. Heidenreich muss die Umsatzabhängigkeit von gesättigten Märkten wie Westeuropa und den USA reduzieren, die in der Kosmetiksparte bei mehr als 70 Prozent liegt.
  • Im boomenden Geschäft mit Naturkosmetik tut sich Beiersdorf schwer. Zwar versuchen die Hamburger mit der ehemaligen DDR-Marke Florena, bekannt als Nivea des Ostens, auf diesem Feld mitzumischen. Heidenreich hatte die 2002 übernommene Marke vor rund zwei Jahren neu positioniert und setzt seitdem auf natürliche Inhaltsstoffe samt einer Auswahl an veganen Produkten. Positive Auswirkungen auf die Erlöse brachte das bisher nicht. Im Gegenteil: Auf dem wichtigen Markt für Gesichtspflege büßte Beiersdorf mit Florena laut Marktforschern 2015 fast 17 Prozent ein und machte nur noch knapp elf Millionen Euro Umsatz.
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