Öl- und Gaskonzerne unter Druck Russlands Krise trifft den deutschen Mittelstand

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Deutsche Mittelständler stehen vor schwierigen Zeiten

Folgerichtig streichen gerade Ölkonzerne, die in Russland viel höhere Steuerlasten tragen als die staatlich gepäppelten Gasförderer, ihre Investitionsprojekte zusammen.

Die Konsequenzen bekommt auch der deutsche Mittelstand zu spüren: „Viele hoch spezialisierte deutsche Zulieferer beliefern die russische Öl- und Gasindustrie mit Messtechnik oder Kompressoren“, sagt Bernd Hones von Germany Trade and Invest in Moskau, einer Gesellschaft für Außenwirtschaftsinformationen. „Sie stehen vor einer schwierigen Zeit, da viele russische Unternehmen für Investitionen kein Geld mehr haben.“

Insbesondere auf Rosneft sind die Zulieferer nicht besonders gut zu sprechen. „Die schicken uns Serienbriefe, in denen sie auf die guten Geschäfte verweisen, die wir mit Rosneft in der Vergangenheit gemacht haben“, erzählt ein Ölfeld-Ausrüster. „Danach bitten sie uns, bei der Abrechnung Abstriche von 15 Prozent aufwärts zu machen.“

So höflich es formuliert ist – für den deutschen Zulieferer ist das Erpressung: „Sie nutzen ihre Marktmacht aus und nehmen in Kauf, dass Lieferanten die Preise nicht mitgehen können und kaputt gehen.“

Panik unter den Unternehmen

Kein Wunder. Denn Panik greift um sich am Sofien-Ufer nahe der Kremlmauer, wo Rosneft in einem versteckten Altbau seinen Sitz hat. Russlands staatlicher Ölgigant, der pro Tag 4,2 Millionen Barrel fördert, das sind fünf Prozent der Weltproduktion, steckt in einer Existenzkrise.

Konzernchef Igor Setschin wollte schnell wachsen, hat sich aber mit teuren Zukäufen übernommen. Im naiven Vertrauen auf pure Größe kaufte der Putin-Buddy im Frühjahr 2013 den privaten russischen Ölkonzern TNK-BP – für 55 Milliarden Dollar, überwiegend auf Pump. Heute trägt der Konzern schwer an einem Schuldenberg von rund 60 Milliarden Dollar, der drei Vierteln des Jahresumsatzes von 2013 entspricht.

Mehr als die Hälfte der Verbindlichkeiten wird bis Ende 2015 fällig – und damit auch zu einem Problem für den britischen Konzern BP, der seit dem Verkauf seiner Beteiligung TNK-BP mit 18,5 Prozent an Rosneft beteiligt ist. Der schwache Rubel lässt deren Dividende von 700 Millionen Dollar im Jahr 2013 jetzt auf weniger als die Hälfte schrumpfen. Durch die Schuldentilgung könnte sie noch weiter sinken.

Dabei hatte Setschin noch hochfliegendere Pläne. Rosneft sollte mithilfe des US-Konzerns ExxonMobile in der Arktis offshore nach Öl bohren. Zudem gab es Pläne für Fracking-Versuche und eine Gasverflüssigungsanlage. Viel ist davon nicht übrig geblieben. Von zehn Projekten, die die Russen mit dem US-Partner geplant hatten, sind neun dem Sanktionsregime Washingtons zum Opfer gefallen.

Einzig auf der Insel Sachalin fördern die beiden Unternehmen weiter Gas, denn auf diese Branche hat der Westen die Sanktionen als Folge von Moskaus aggressiver Ukraine-Politik bislang nicht ausgedehnt. Doch selbst an einfacheren neuen Bohrprojekten auf dem Festland beißt sich der Ölriese mit staatlichem Mehrheitskapital die Zähne aus: „Setschin kriegt keine Kreditlinien mehr für neue Projekte“, sagt ein Geschäftspartner des Konzerns. Zu hoch ist der Schuldenberg, zu wackelig das expansive Geschäftsmodell.

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