Ölpreise und Sprit Ohne Steuern wäre Tanken in Deutschland am billigsten

Die deutschen Autofahrer freuen sich über die niedrigen Spritpreise. Doch gäbe es nicht die hohen Steuern, würde Benzin hierzulande sogar so weniger kosten, wie sonst nirgendwo in Europa.

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Ohne die hohe Steuerbelastung wäre Tanken in Deutschland europaweit am niedrigsten. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Benzinpreise in Deutschland sind die niedrigsten in der gesamten Europäischen Union, das hat der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) ermittelt. Allerdings macht der Staat den Autofahrern einen dicken Strich durch die Rechnung. Denn die Aussage des Berliner Verbands gilt nur ohne Berücksichtigung der fälligen Steuern.

Werden die Abgaben mit eingerechnet, rutschen die deutschen Benzinpreise im europäischen Vergleich auf Platz 17 ab. Ähnlich stark gebeutelt werden die Tankkunden beispielsweise in Belgien. Deutlich billiger tanken können dagegen die Autofahrer etwa in Polen, Bulgarien und Ungarn, aber auch in Österreich oder Spanien.

In Deutschland wird bei Superbenzin je Liter eine Energiesteuer von 65,4 Cent fällig; dazu kommen 19 Prozent Mehrwertsteuer. Bei Diesel liegt der entsprechende Anteil bei 47,04 Cent; auch hier kommt die Mehrwertsteuer dazu. Selbst wenn die großen Tankstellenbetreiber ihren Sprit verschenken würden, müssten die Autofahrer daher immer noch rund 55 Cent bei Diesel oder etwa 77 Cent bei Super an den Staat zahlen.

Die gesamte Energie- und Mehrwertsteuer auf Benzin, Diesel und Heizöl summiert sich nach Angaben des Verbands auf knapp 60 Milliarden Euro Steuereinnahmen im Jahr. „Damit sind sie eine enorm wichtige Säule für den Bundeshaushalt“, unterstreicht MWV-Hauptgeschäftsführer Christian Küchen.

Doch auch wenn die Freude durch die Steuern etwas getrübt wird, unterm Strich ist Tanken auch in Deutschland deutlich billiger geworden. In den vergangenen Monaten hatten laut ADAC vor allem die Fahrer von Diesel-Fahrzeugen von den deutlich gesunkenen Kraftstoffpreisen profitiert. Nun können sich nach Angaben des Automobilclubs vor allem die Fahrer von Benziner-Pkw freuen.

Zuletzt kostete ein Liter Super E10 im Tagesmittel 1,179 Euro und damit noch einmal 1,4 Cent weniger als in der Vorwoche. Nicht ganz so stark sind die Dieselpreise gefallen, sie pendeln seit einigen Wochen in einem Korridor zwischen 98 und 99 Cent. „Dennoch sollten Autofahrer kein Geld verschenken“, heißt es beim ADAC, denn je nach Tageszeit können die Preisunterschiede erheblich sein.


Höherer Ölpreis „eher schneller als langsamer“?

Nach Angaben des Internetportals „Clever-tanken.de“ sind die Benzin- und Dieselpreise 2015 das dritte Jahr in Folge gesunken. Noch Mitte vergangenen Jahres hat ein Liter Superbenzin fast 1,50 Euro gekostet. Seither ging es mit wachsendem Tempo kontinuierlich nach unten. Die Spritpreise haben sich dabei fast durchgängig parallel zu den Notierungen an den internationalen Rohölmärkten entwickelt. Für ein Barrel, das sind 159 Liter, des europäischen Brent-Öls musste Mitte vergangenen Jahres noch mehr als 60 Dollar bezahlt werden. Inzwischen liegt der Preis bei rund 32 Dollar. Zeitweise war Brent sogar schon für weniger als 28 US-Dollar zu haben. So billig war es zuletzt vor 13 Jahren.

Fraglich ist, wie schnell es an den Ölmärkten wieder nach oben gehen kann. Einig sind sich die Experten an den Ölmärkten nur in einem: Der Preis wird seine Höchststände erst einmal nicht wieder erreichen. Rainer Seele, Chef des österreichischen Ölkonzerns OMV, hat beispielsweise gegenüber dem Handelsblatt prognostiziert, dass sich der Preis bis 2020 auf 75 Dollar erholen wird. Zum Vergleich: Mitte 2014 hatte Brent-Öl noch rund 115 Dollar je Barrel gekostet.

Dann stürzten die Preise ab, da die Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) den Markt überschwemmte. Das Kartell hat damit auf die Verdrängung der Schieferölproduktion in den USA gezielt. Gleichzeitig schwächelt die Nachfrage, insbesondere beim Großverbraucher China.

Wegen des Preisverfalls lohnen in den USA viele Schieferölförderungen nicht mehr. Innerhalb von zwei Wochen ist die Produktion laut Commerzbank um 84.000 Barrel pro Tag und damit auf das niedrigste Niveau seit Oktober 2015 gesunken. Doch dies sei erst der Anfang. „Wir rechnen damit, dass sich dieser Trend in den nächsten Wochen und Monaten fortsetzt“, so die Analysten. Dennoch dürfte es einige Zeit dauern, bis der Markt wieder ausgeglichen ist. Denn die Lager sind voll.

In den USA sind die Rohöllagerbestände zuletzt um weitere 3,5 Millionen auf das Rekordniveau von 507,6 Millionen Barrel gestiegen. Das hält die Preise in Schach. Auch der amerikanische Vermögensverwalter ist nur begrenzt optimistisch und sieht den Ölpreis Mitte kommenden Jahres wieder bei 50 Dollar. „Im Moment halten wir es jedoch für möglich, dass die Erholung eher schneller als langsamer verlaufen könnte“, so die Experten.

Das wiederum wären dann weniger gute Nachrichten für die deutschen Autofahrer. Sie sollten aber darüber hinaus auch den Kurs des Euro im Blick halten: Da Öl in Dollar gehandelt wird, bremst auch ein festerer Euro den Preisanstieg.

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