Opel-Betriebsrat Rainer Einenkel zieht noch einmal in den Kampf

Über 40 Jahre war Rainer Einenkel bei Opel in Bochum. Ein letztes Mal noch will er eine Betriebsratswahl gewinnen und in Verhandlungen so viel wie möglich für das Werk rausholen. Danach geht der dann 60-Jährige in Rente.

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Opel Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel: Seine Triebfeder ist die Liebe zum Werk und ein tiefes Misstrauen gegen den amerikanischen Mutterkonzern General Motors. Quelle: dpa

Bochum Wenn er gewollt hätte, könnte Rainer Einenkel längst als Vorruheständler die Beine hochlegen. Doch der Bochumer Opel-Betriebsratschef hat ein entsprechendes Angebot der Opel-Geschäftsleitung schon Ende 2012 ausgeschlagen.

Stattdessen zieht der 59-Jährige noch ein letztes Mal in den Kampf: An diesem Mittwoch (9.4.) will er mit seiner Liste die Betriebsratswahl im Bochumer Werk gewinnen. Und danach möchte er bei den Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag für die geplante Werksschließung zum Jahresende so viel wie möglich für die Belegschaft rausholen. Die Mitarbeiter stehen bisher mit großer Mehrheit hinter ihm. Wenn das Werk zum Jahresende dicht macht und der Betriebsrat sich auflöst, ist Schluss. Dann wird Einenkel Rentner.

Der 59-Jährige hat praktisch sein ganzes Erwachsenenleben in dem Werk zugebracht, das als Fertigungsstätte des beliebten „Kadett“ einst glorreiche Zeiten mit bis zu 20 000 Beschäftigten kannte. 1972 fing er dort eine Elektrikerlehre an. Damals stand sein Vater schon am Band. Dass er das Werk nicht retten konnte, tut Einenkel sehr weh. Er hat Opel, die Firma, die sein Leben ist, deshalb sogar verklagt.

Von „Betrug an der Belegschaft und an der Marke Opel“ spricht Einenkel - obwohl das Unternehmen hohe, zum Teil sechsstellige Abfindungen für die rund 3300 betroffenen Mitarbeiter zahlt, sich um neue Jobs am Standort bemüht und immerhin 700 Stellen fest erhält. „Rein politisch“, nennt er die Entscheidung. Man habe eben den modern ausgestatteten Ost-Standort Eisenach nicht antasten wollen und die Produktion am Stammsitz Rüsselsheim zu schließen, sei für die meisten Opelaner undenkbar. Da aber ein deutsches Werk abgebaut werden sollte, habe es eben Bochum getroffen.

Einenkel findet das bis heute nicht gerechtfertigt: „Bochum ist nicht der schlechteste Standort.“ Da lässt der schmächtige Mann mit Brille und Halbglatze nicht locker - auch wenn Arbeitgeber und manche Arbeitnehmerkollegen in Rüsselsheim die Augen verdrehen. Mit dem Rüsselsheimer Opel-Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug steht Einenkel im gelegentlich auch öffentlich ausgetragenen Konflikt. Schäfer-Klug warf dem Bochumer vor einem Jahr „Verdrängung“ und „Verschwörungstheorien“ vor. „Er hat sich bis heute nicht in Bochum sehen lassen“, sagt Einenkel dazu nur.

Seine Gegner empfinden ihn als Nervensäge. Sogar bei „seiner“ IG Metall flog er schon einmal raus - und klagte bis zum Oberlandesgericht auf Wiederaufnahme. „Auch eine Gewerkschaft muss kritische Meinungen aushalten“, sagt er.

Der Mann ist ein unruhiger Geist, der morgens, mittags, abends drei Schichten hintereinander über die Zukunft des Werks informiert, danach Interviews gibt und nachts noch E-Mails an die Geschäftsleitung schreibt. Seine Triebfeder ist dabei die Liebe zum Werk und ein tiefes Misstrauen gegen den amerikanischen Mutterkonzern General Motors (GM). Zu oft hätten die Manager dort ihre Zusagen gebrochen. Demnächst sitzt er wieder am Verhandlungstisch zu den Abfindungen und Ersatzjobs für seine Bochumer.

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