Opel-Quartal Eine Ausrede namens Brexit

Nach nur einem Quartal ist Opel zurück in der Verlustzone. Schuld ist der Brexit und das schwache britische Pfund, sagt man in Rüsselsheim. Doch das ist nicht das einzige Problem. Eine Analyse.

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Der Mokka ist das Erfolgsmodell von Opel. Doch alleine darauf sollte sich Opel-Chef Karl-Thomas Neumann besser nicht verlassen. Quelle: picture alliance/dpa

Düsseldorf Opel ist zurück – in den roten Zahlen. Das erste Quartal haben die Rüsselsheimer mit einem Verlust von umgerechnet 130 Millionen Euro abgeschlossen. Das ist zwar besser als im Vorjahr, aber insgesamt eine Enttäuschung. Immerhin hatte man jüngst noch die Rückkehr in die Gewinnzone gefeiert.

Die Schuld dafür gibt man in Rüsselsheim dem Brexit. Seit die Briten beschlossen haben, sich aus der EU verabschieden zu wollen, wertet das britische Pfund immer weiter ab. Dementsprechend schwer haben es Importfahrzeuge oder Hersteller, die einen großen Teil ihrer Bauteile importieren müssen.

Tatsächlich ist Großbritannien für die Rüsselsheimer einer der wichtigsten Absatzmärkte. Und der Absatz der Opel-Fahrzeuge, die auf der Insel unter dem Logo der Schwestermarke Vauxhall verkauft werden, schwächelte zuletzt spürbar. Das macht sich in der Produktion bemerkbar. Im Werk in Eisenach, wo Corsa und Adam gebaut werden, hat Opel bereits bis zum Jahresende Kurzarbeit angemeldet.

Immerhin ist Opel einer der wenigen Hersteller, die diese Verluste zumindest teilweise mit einer Produktion auf der Insel ausgleichen können. In Luton läuft der Opel Vitara vom Band, in Ellesmore Port der neue Astra. So lange das Pfund schwach steht, wächst der Vorteil für den Hersteller, die in England produzieren und zu exportieren.

Den Verlust darum alleine auf den Brexit zu schieben, greift daher zu kurz. Tatsächlich steht Opel derzeit vor der nächsten großen Herausforderung, damit das Comeback nachhaltig gelingt. Nachdem man nun das Verliererimage abgelegt hat, müssen nach dem Astra weitere Gewinnerautos folgen. Bisher fällt die Marge bei den meisten Modellen noch zu gering aus.

Denn in vielen Wachstumssegmenten haben die Rüsselsheimer einfach nichts zu bieten. Die Geschäfte bei kleinen Nutzfahrzeugen machen vor allem die Franzosen. Und auch vom SUV-Boom profitiert Opel nur unterdurchschnittlich. Dem kompakten Erfolgs-SUV Mokka hat man zwar ein Facelift und ein X am Namen verpasst. Doch die Konkurrenz baut ihr Angebot in dem Segment deutlich aus. Im mittleren und großen SUV-Segment steht Opel sogar völlig blank.


Begrenzter Spielraum

Bislang existieren nur große Pläne: Der Zafira soll wohl mit der nächsten Generation vom Van zum Mittelklasse-SUV Activa mutieren, kommt allerdings erst 2018. Für das große SUV, den Nachfolger des Antara, hat Opel noch keinen konkreten Marktstart ausgegeben. Offiziell heißt es nach wie vor, das Modell werde „bis zum Ende der Dekade“ auf den Markt kommen. Bis dahin geht das Wachstum im SUV-Segment an Opel vorbei.

Das ist umso ärgerlicher, da Opel derzeit vor allem in Segmenten unterwegs ist, in denen die Marge relativ gering ausfällt. Adam, Corsa und Karl feiern zwar durchaus Achtungserfolge in der Kleinwagenklasse. Doch viel Rendite dürften sie damit kaum erwirtschaften.

Wie hart der Preiskampf ist, lässt sich auch an der Zulassungsstatistik ablesen. Fast jeder zweite verkaufte Opel ist mittlerweile eine Eigenzulassung, wird also entweder auf Hersteller, Händler oder Autovermieter zugelassen. Diese Eigenzulassungen werden in der Branche oft als „Junge Gebrauchte“ auf den Markt geworfen. Im Grunde ist der Absatztrick nichts anderes als ein versteckter Rabatt. Und wo Rabatte groß sind, bleibt wenig Gewinn. Auch deswegen schneidet Opel im Renditevergleich mit einst ebenfalls kriselnden Konkurrenten wie PSA und Ford schlecht ab. Dass man trotz der Rabattstrategie schwächer wächst als der Markt, sollte den Opel-Managern zu denken geben.

Weil der finanzielle Spielraum begrenzt ist, entscheiden bei Opel darum am Ende die Sondereffekte über schwarze oder rote Zahlen. Erst waren es die Kosten der Werksschließung in Bochum, die auf den Gewinn drückten. Dann zwang die Ukraine-Krise und der taumelnde Rubel die Rüsselsheimer zum Rückzug aus Russland - und warf damit alle Wachstumspläne über den Haufen. Und nun ist es also der Brexit, der Opel das Leben schwer macht.

Umso wichtiger ist es, die Produktpalette nachhaltig auszubauen. Hier wartet noch viel Arbeit auf Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. Insgesamt 29 Modelle bis 2020 hatte Opel beim letzten Strategieupdate im Jahr 2014 angekündigt. Eines der wichtigsten dürfte der neue Insignia werden. Opels Modell für die obere Mittelklasse ist ein beliebtes Dienstfahrzeug und dürfte einen größeren Anteil zum Gewinn beisteuern, wenn es gelingt, auch höhere Ausstattungslinien zu verkaufen.

Kurzfristig kann Opel allerdings nur hoffen, dass sich die Situation in Großbritannien wieder beruhigt. Andernfalls könnte auch Neumanns Versprechen, im Gesamtjahr wieder Gewinn zu machen, in Gefahr geraten.

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