Opel-Verkauf Totalschaden für den Imagewandel?

Mit frechen Werbespots kämpfte Opel erfolgreich gegen seinen Verlierer-Ruf. Nun droht dem Autobauer der Verkauf, Experten befürchten einen schweren Rückschlag für die Marke. Waren die Kampagnen für die Katz?

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Für seine Kampagnen hat der Autobauer Dutzende Werber-Preise eingeheimst. Quelle: Opel

Düsseldorf Ein Supermodel, eine genervte Katze, eine Fotografin – und jede Menge glänzende Opel-Neuwagen: Das sind die Zutaten, mit denen der Autobauer aus Rüsselsheim in einem Video wirbt. „Opel goes Grumpy“ heißt die Kampagne und zeigt die mürrische Kult-Katze aus dem Internet. „Grumpy Cat gibt sich für den neuen Opel Kalender 2017 die Ehre“, schreibt Opel unter dem Video, das das Fotoshooting für den Kalender zeigt. „Bock auf richtig schlechte Laune? Dann hier entlang.“

Es folgt ein Link auf die Kampagnenseite – der ins Leere führt. „Oops! Scheinbar gibt es ein Problem“, entschuldigt sich Opel in Großbuchstaben. „Es tut uns leid, aber die von Ihnen gesuchte Seite konnte nicht gefunden werden.“ Ein Witz. Eine weitere Anspielung, diesmal auf tote Links im Internet, die jeden Nutzer nerven. Nur einen Klick weiter folgt die Auflösung, dem Besucher leuchten die neusten Opel-Modelle entgegen. Feine Ironie – aus der in diesen Tagen allerdings Ernst zu werden droht.

Drei Jahre kämpft Opel nun schon gegen das Verlierer-Image, das an der Marke haftet wie ein altes Kaugummi. Zuerst räumte Opel-Chef Karl-Thomas Neumann das Problem offen ein. Dann holte er mit der Henkel-Managerin Tina Müller eine Werbechefin ins Unternehmen, die keine Erfahrung in der Autobranche hatte. Müller setzte gegen viele Widerstände die „Umparken im Kopf“-Kampagne durch, engagierte Jürgen Klopp als Werbefigur und dachte sich die Grumpy-Cat-Idee aus.

Viel Arbeit, viel Risiko, viel Stress – doch der Plan funktionierte zunächst. Für seine Kampagnen heimste Opel Dutzende Werber-Preise ein. In Umfragen schnitt das Unternehmen beim Kunden plötzlich deutlich besser ab. Der Marktanteil stabilisierte sich in Deutschland – in anderen Ländern stieg er sogar. „Wir haben das Comeback erfolgreich eingeleitet“, jubelte Werbechefin Müller noch vor einem Jahr.

Und nun das: Ein drohender Verkauf der Marke. Ein überrumpelter Chef. Empörung in der deutschen Politik. Tausende Arbeitsplätze in Gefahr.

Konrad Weßner arbeitet seit 25 Jahren in der Marktforschung, leitet als Geschäftsführer das Unternehmen Puls Marktforschung in der Nähe von Nürnberg. Seine Leute waren es, die vor drei Jahren in einer Studie analysierten, was Opels „Umparken“-Kampagne bewirkt hatte. „Das war ein Ruck und ein nachhaltiger Erfolg für die Marke“, erinnert sich Weßner.


Es droht der "Erinnerungseffekt"

Opel sei auf einem guten Weg gewesen, habe vor allem einen Teil der alten Stammkundschaft reaktiviert. Bei der anstehenden Automesse in Genf im März hätte Opel beweisen können, dass der Autobauer seine Werbeversprechen auch technisch einhalten kann. Der neue Insignia, sagt Weßner, habe dazu das Potenzial. Daraus wird wohl nichts: „Was jetzt in Rüsselsheim passiert, kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt“, sagt Weßner.

Während Opels Werbekampagnen Erfolg um Erfolg feierten, konnte Firmenchef Neumann das Ergebnis des Autobauers nie in die Gewinnzone treiben. Seit 17 Jahren macht die Traditionsmarke Verlust, im abgelaufenen Geschäftsjahr erneut rund 257 Millionen Dollar. Zu spät setzten sie in Rüsselsheim auf Geländewagen, zu lange hielten sie an alten Geschäftsmodellen fest. Erst ab 2018 rechne er mit schwarzen Zahlen, musste Neumann zuletzt eingestehen. Dem Mutterkonzern General Motors dauert das offenbar zu lange.

Christian Hoffmann, Professor für Kommunikationsmanagement an der Universität Leipzig, befürchtet, dass mit Opel nun das passiert, was er „Erinnerungseffekt“ nennt. All die negativen Assoziationen, all die fiesen Witze, all die schlechten Schlagzeilen – all das könnte in den Gedächtnissen der Kunden jetzt wieder hochkommen. „Das Verlierer-Image könnte schnell wieder da sein“, sagt Hoffmann.

Hinzu käme der Ausstrahlungseffekt des potenziellen Käufers. Die französische PSA Gruppe, die unter anderem die Marken Citroën und Peugeot führt, verhandelt über den Kauf. „Die Deutschen sind aber tendenziell skeptisch, wenn es um französische Autos geht“, sagt Hoffmann. „Der Verkauf Opels an den PSA-Konzern wäre sicherlich ein Rückschlag für Opels Ruf.“

Hoffmann kann sich nur wenige Szenarien vorstellen, in denen die Marke Opel unbeschadet aus dem derzeitigen Chaos heraus kommt. Eine wäre, dass der PSA-Konzern den möglichen Kauf Opels als absoluten Wunsch darstellt. „Man könnte als PSA-Gruppe sagen: Opel hat sich so toll entwickelt, das ist eine Marke, die wir unbedingt im Portfolio haben müssen“, erklärt er. „Das wäre auf jeden Fall besser als die Lesart: Opel wird wie eine heiße Kartoffel von einem Eigentümer zum nächsten geschoben.“

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