Peruaner klagt wegen Klimawandel Der Mann, der sich mit Energieriese RWE anlegt

RWE hat viele Probleme. Jetzt fordert auch noch ein Kleinbauer aus Peru Schadenersatz. Er macht die Kohlekraftwerke mit für den Klimawandel verantwortlich. Das rechtliche Risiko ist gering – der Imageschaden aber enorm.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der peruanische Bauer macht die Kohlekraftwerke von RWE mit für den Klimawandel verantwortlich. Quelle: dpa

Düsseldorf Zwischen Garzweiler im Rheinland und Huaraz in Peru liegen gut 10.400 Kilometer. In Garzweiler baut der Energiekonzern RWE Braunkohle ab und betreibt in der Nachbarschaft mehrere Kohlekraftwerke. In Huaraz fürchtet man sich wegen einer beschleunigten Gletscherschmelze vor gefährlichen Fluten. Und dafür soll letztlich RWE verantwortlich sein. Zumindest zu einem Teil – das meint der Kleinbauer und Bergführer Saul Luciano Lliuya. Er hat RWE auf Schadenersatz verklagt. Am Donnerstag beginnt vor dem Landgericht Essen die mündliche Verhandlung.

Luciano Lliuya macht die Kohlekraftwerke von RWE mit für den Klimawandel verantwortlich – und der sei wiederum schuld an der Gletscherschmelze. Nach seinen Worten steigt der Pegel des benachbarten Palcacocha-Bergsees stetig. Unterstützt wird der Kleinbauer, der persönlich zur Verhandlung kommen wollte, von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Die großen Verursacher des Klimawandels wie RWE müssen endlich Verantwortung für die Folgen ihrer Emissionen übernehmen“, fordert der 36-jährige Vater dreier Kinder , „wir in Peru haben kaum etwas zum Klimawandel beigetragen, leben aber mit den schlimmsten Konsequenzen“.

RWE sieht die Klage juristisch gelassen. Gegenüber dem Gericht haben der Konzern und seine Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer erklärt, die angebliche Flutgefahr sei nicht ausreichend dargelegt. Außerdem gebe es keine „lineare Ursachenkette“ vom Ausstoß von Kohlendioxid bis zur behaupteten Flutgefahr. Zudem habe RWE durch den europäischen Emissionshandel eine Genehmigung für den Ausstoß vorliegen.

Der Konzern verweist auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts aus den 90er Jahren. Damals sei die Haftung einzelner Anlagenbetreiber für allgemeine Luftverunreinigungen verneint worden. Der Klimawandel sei ein globales Problem. Dieses müsse auf staatlicher und internationaler Ebene gelöst werden. Einzelne Unternehmen könnten dafür nicht in die Verantwortung genommen werden.


Darum ist der mögliche Imageschaden enorm

Für die Einwohner der Andenstadt Huaraz geht es zwar um eine handfeste Entschädigung, für RWE ist das finanzielle Risiko aber äußert gering. Luciano Lliuya fordert für Schutzmaßnahmen in der Gemeinde 17.000 Euro. Zumindest will er die 6300 Euro ersetzt haben, die er nach eigenen Angaben selbst investiert hat, um sein Haus zu schützen. Er hatte das Gebäude aufgestockt, das in einem besonders gefährdeten Gebiet der 120.000-Einwohner-Gemeinde liegt.

Problematischer ist für RWE allerdings der mögliche Imageschaden. RWE ist Europas größter Emittent des klimaschädlichen Kohlendioxids. Der Konzern betreibt nicht nur viele Kohlekraftwerke, sondern baut eben auch im großen Stil Braunkohle ab. Die Anlagen sind dabei für den Konzern, der tief in der Krise steckt, noch die ertragreichsten.

Die Kohlekraftwerke, speziell die Braunkohle, steht aber massiv in der Kritik. Spätestens seit im vergangenen Jahr auf dem Weltklimagipfel in Paris ein verschärfter Klimaschutz beschlossen worden, ist der Druck auf einen beschleunigten Ausstieg aus der Kohle stark. Bei den Hauptversammlungen des Konzerns treten alljährlich viele Umweltschützer auf und fordern von RWE nach dem Ausstieg aus der Atomenergie jetzt auch den Ausstieg aus der Kohle.

„Dies ist ein Präzedenzfall, der bei einem Erfolg weltweit weitere Klagen gegen Mitverursacher des Klimawandels nach sich ziehen könnte“, sagt Luciano Lliuyas Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen. „Um den rechtlichen Anspruch zu belegen, müssen wir dem Gericht im Detail beweisen, dass RWE sehr wohl eine Mitverantwortung trägt für die Gefährdung des Eigentums meines Mandanten – und das werden wir auch tun.“

Das dürfte freilich schwierig sein. In der Vergangenheit sind schon mehrfach ähnliche Klage wegen des Klimawandels gescheitert, weil die Kläger den Unternehmen nicht ihren Beitrag für konkrete Schäden nachweisen konnten.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%