Pharmaindustrie Bei Boehringer Ingelheim knirscht es im Resonanzboden

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Beck unter Mauschelverdacht

Steinbrück heuert bei der ING-DiBa an
Peer Steinbrück Quelle: dpa
Katherina Reiche Quelle: dpa
Viviane Reding Quelle: dpa
Der Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr ist ab November Generalbevollmächtigter bei Allianz Private Krankenversicherung (APKV). Quelle: dapd
parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Ursula Heinen-Esser (l) Quelle: dpa
Stéphane Beemelmans Quelle: dpa
Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Jan Mücke Quelle: dpa

Diese Verve scheint nun wieder verflogen, die Fortune dahin, die Sorgfalt vermindert, das Image nicht nur durch den Fall Pradaxa beschädigt.

Für deutliche Irritationen im Management sorgte erst kürzlich die Entscheidung des Eigentümerclans um Familienoberhaupt Christian Boehringer im Sommer 2013, den früheren SPD-Chef und langjährigen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, in ihren Beraterkreis zu berufen. Beck, der nach fast 20 Jahren als Regierungschef in Mainz Anfang 2013 seinen Rücktritt erklärt hatte, geriet sofort unter Mauschelverdacht.

Zwar wehrte sich der inzwischen ausgeschiedene Ex-Deutschland-Chef Engelbert Günster gegen die Vorwürfe: Beck leiste keinerlei Lobbyarbeit, sondern stehe „den Gesellschafterfamilien als Sounding Board zur Verfügung“, also als eine Art Resonanzboden. Doch intern stießen die Gesellschafter damit so manche Manager vor den Kopf. Die bezweifeln, dass es klug sei, sich so sehr an die SPD zu binden. Vor allem gilt ihnen Becks wirtschaftliche Kompetenz nach dem Desaster am Nürburgring und am Flughafen Hahn als eher zweifelhaft.

Am schwersten wiegt der Eindruck, dass Boehringer an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren droht. Besonders anschaulich zeigt sich das beim Anti-Schlaganfall-Mittel Pradaxa, das im August in den USA vor Gericht kommt und das Boehringer 2008 zwei Jahre vor dem Konkurrenzpräparat Xarelto von Bayer auf den Markt brachte. Statt den zeitlichen Vorsprung zu nutzen, überließen die Rheinland-Pfälzer das Feld dem Erzrivalen Bayer. Nach Daten des Marktforschers IMS erreicht der Leverkusener Konzern in der entsprechenden Medikamenten-Klasse inzwischen einen deutlich höheren Marktanteil als Boehringer Ingelheim.

Bayer arbeitet aggressiver

Den Grund dafür sehen Experten im erfolgreicheren Vertrieb von Bayer, der schlichtweg fixer und aggressiver arbeitet. Während sich der Boehringer-Außendienst eher zurückhielt, setzt Bayer unter Konzernchef Marijn Dekkers auf eine Vermarktungsoffensive bei den Ärzten. Dabei ging der Leverkusener Konzern zuweilen auch bis an die Grenze des Erlaubten: So schickte Bayer etwa Ärzten unaufgefordert Probepäckchen mit Xarelto-Pillen in die Praxis. Boehringer-Leute blieben brav und hinter den Bayer-Kollegen zurück.

Auch bei der Anzahl der Zulassungen war der große Konkurrent erfolgreicher. Boehringer ließ sich den Einsatz von Pradaxa von den Behörden bislang nur für zwei Anwendungsgebiete genehmigen: für die Behandlung bestimmter Herzrhythmusstörungen und zur Vorbeugung gegen Thrombosen bei Operationen. Bayer dagegen sammelte für Xarelto fünf Zulassungen ein, darunter für die Behandlung tiefer Venenthrombosen. Ähnlich wie Pradaxa könnte allerdings auch das Bayer-Mittel potenziell tödliche Blutungen auslösen.

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